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41. Zusammendrückbarkeit der Luft. Mariottesches Gesetz.

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Die Mariottesche Röhre: Längs einer vertikalen Säule sind zwei Holzstücke verschiebbar angebracht, deren jedes eine vertikale Glasröhre trägt. Von diesen ist die eine oben offen, die andere durch Hahn verschließbar, und beide sind unten durch einen langen Gummischlauch verbunden. Dieser ist so mit Quecksilber gefüllt, daß es auch noch in den Glasröhren bis etwa zu deren Mitte reicht.


Fig. 62.

Man bringt die Röhren auf gleiche Höhe und öffnet den Hahn, worauf sich das Quecksilber gleich hoch stellt; darauf schließt man den Hahn, wodurch man in der Röhre ein bestimmtes Volumen Luft absperrt, welches unter dem Druck der äußeren Luft, also einer Atmosphäre steht.

Hebt man nun die offene Röhre, und damit das in ihr befindliche Quecksilber, so übt die überstehende Quecksilbersäule auf die Luft in der geschlossenen Röhre einen Druck aus, durch welchen die Luft auf ein kleineres Volumen zusammengepreßt wird. Die Messung ergibt, daß, wenn das Volumen der Luft zweimal kleiner geworden ist, die überstehende Quecksilbersäule eine Höhe von ca. 76 cm hat; genauer: die Höhe ist gleich der Höhe des jeweiligen Barometerstandes.

Da der Druck einer solchen Quecksilbersäule gleich dem einer Atmosphäre ist, und auf das Quecksilber im offenen Schenkel noch die äußere Luft mit einer Atmosphäre drückt, so drückt nun auf die Luft im geschlossenen Schenkel ein Druck von zwei Atmosphären, und sie ist dadurch auf ein zweimal kleineres Volumen zusammengedrückt.

Man hebt den offenen Schenkel, bis die Luft im geschlossenen Schenkel auf ein Drittel ihres ursprünglichen Volumens zusammengepreßt ist, findet, daß dann das Quecksilber im offenen Schenkel um 2 · 76 cm übersteht, und schließt, daß nun der Druck dreimal so groß ist als wie zuerst, und daß dadurch das Volumen der Luft dreimal so klein geworden ist.

Durch solche Versuche findet man, daß das Volumen der Luft stets ebensovielmal kleiner wird, als man den Druck größer macht.

Um zu zeigen, daß dies Gesetz auch bei Verdünnung der Gase gilt, stellt man die beiden Röhren gleich hoch und schließt den Hahnen. Dann senkt man den offenen Schenkel, so zeigt sich, daß auch im geschlossenen Schenkel das Quecksilber etwas sinkt, daß also die Luft sich ausdehnt. Ist hiebei das Volumen der Luft zweimal so groß geworden, so steht das Quecksilber im offenen Schenkel um 38 cm = 12 · 76 cm tiefer als im geschlossenen; dies macht 12 Atmosphäre. Auf die Luft im geschlossenen Schenkel drückt also nicht mehr eine ganze Atmosphäre (äußere Luft), sondern davon subtrahiert sich der Druck der Quecksilbersäule von 12 Atmosphäre, so daß nur ein Druck von 12 Atmosphäre übrig bleibt. Der Druck ist demnach zweimal kleiner, das Volumen der Luft zweimal größer geworden.

Senkt man den Schenkel so weit, daß das Volumen der Luft dreimal so groß wird, so steht das Quecksilber um 23 · 76 cm tiefer. Auf die Luft im geschlossenen Schenkel drückt also nur mehr 13 Atmosphäre. So fährt man weiter und findet: je kleiner der Druck, desto größer das Volumen des Gases. Man erhält so das Gesetz: je größer der Druck ist, den man auf ein Gas ausübt, desto kleiner ist sein Volumen und umgekehrt; oder: die Volumina eines Gases verhalten sich umgekehrt wie die Druckkräfte; bezeichnet man die Druckkräfte mit P und P´, die Volumina mit V und V´, so ist:

P : P′ = V′ : V. (I).

Dieses wichtige Gesetz lehrt, wie das Volumen eines Gases bloß von dem Drucke abhängt, und heißt das Mariottesche Gesetz. (Robert Boyle 1666, Mariotte 1684.)

Unter Expansivkraft oder Spannung der Luft versteht man den Druck, den eingeschlossene Luft auf die Wände des Gefäßes ausübt. Sie ist die Folge des Ausdehnungsbestrebens der Luft. Hat man etwa unter dem Rezipienten ein Aneroidbarometer stehen, und ist der Rezipient noch mit der äußeren Luft verbunden, so drückt sie nach dem Gesetze des Boden- und Seitendruckes auf das Barometer. Aber auch wenn man den Hahn absperrt, bleibt dieser Druck bestehen und ist nun anzusehen als Folge des Ausdehnungsbestrebens der Luft. Er hängt nicht ab vom Gewicht der im Rezipienten enthaltenen Luft, sondern nur von ihrer Dichte. Wenn man nämlich durch Auspumpen die Dichte der Luft geringer macht, so wird ihr Druck geringer, was man am Zurückgehen des Barometerzeigers sieht. Bei den Versuchen an der Mariotteschen Röhre übt die im geschlossenen Schenkel abgesperrte Luft auf die Oberfläche des Quecksilbers einen Druck aus, der offenbar so groß ist als der von außen wirkende Druck, da sich beide Drücke das Gleichgewicht halten; man sieht gerade an diesen Versuchen: wenn das Volumen der eingesperrten Luft 2, 3 . . . . mal kleiner wird, so wird auch ihre Expansivkraft 2, 3 . . . . mal größer und umgekehrt: die Expansivkräfte eines Gases verhalten sich umgekehrt wie seine Volumina. Bezeichnet man die Expansivkräfte mit E und E´, so ist

E : E′ = V′ : V. (Ia).

Unter Dichte eines Körpers versteht man die Anzahl der in einer Raumeinheit, etwa 1 ccm, enthaltenen Moleküle. Wenn man diese Zahl auch nicht berechnen, also die Dichte nicht wirklich finden kann, so kann man doch die Dichten mancher Körper miteinander vergleichen; insbesondere ist klar, daß, wenn man einen Körper auf einen kleineren Raum zusammenpreßt, seine Dichte größer wird, derart, daß die Dichten sich verhalten umgekehrt wie die Volumina; bezeichnet man also die Dichten dieses Körpers mit D und D′, so ist

D : D′ = V′ : V. (H = Hilfssatz, gültig für alle Körper.)

Verbindet man diesen Satz mit dem ersten Mariotteschen Satz, nach welchem die Druckkräfte sich verhalten wie umgekehrt die Volumina, so folgt: Die Dichten eines Gases verhalten sich wie die Druckkräfte:

P : P′ = D : D′ (II),

und in Verbindung mit dem Satz Ia folgt: die Expansivkräfte eines Gases verhalten sich wie seine Dichten:

E : E′ = D : D′ (IIa).

Ferner: je größer die Dichte eines Körpers ist, desto größer ist sein sp. G., also D : D′ = S : S′ (H). Dieser Satz gilt auch von allen Körpern; verbindet man ihn mit II, so folgt: Die spezifischen Gewichte eines Gases verhalten sich wie die äußeren Druckkräfte:

P : P′ = S : S′ (III),

und verbunden mit IIa folgt: Die Expansivkräfte eines Gases verhalten sich wie die spezifischen Gewichte:

E : E′ = S : S′ (IIIa).

Dies sind die wichtigsten Fassungen des Mariotteschen Gesetzes. Sie sind so aufgestellt, daß die Druckkräfte als die von außen wirkenden Ursachen erscheinen, welche die Zustände des Gases, nämlich sein Volumen und seine Dichte beeinflussen (I, II, III) und daß anderseits die Expansivkraft als abhängig erscheint von den Zuständen (Volumen und Dichte), in welchen das Gas sich befindet, oder in welche man es gebracht hat.

Sollen zwei Gasmassen in einen einzigen Raum vereinigt werden, so kann man zur Berechnung die Sätze verwenden: Bei gleichem Volumen addieren sich die Dichten also auch die Druckkräfte. Bei gleichem Druck addieren sich die Volumina.

Lehrbuch der Physik zum Schulgebrauche

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