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Frankfurt, des deutschen Wunders liebste Stadt: Wuchtige Geldpaläste liegen nebeneinander wie Zwingburgen, als beherrschten die Banken die Bürger, von deren Geld sie leben. Die Dächer der Hochhäuser ritzen das tiefliegende Gewölk. Nach einem plötzlichen Schlechtwettereinbruch zeigt sich der Himmel über der Rhein-Main-Ebene an diesem frühen Septembertag niedrig wie eine Affenstirn.

Das verspätet gemeldete Sturmtief zieht so schnell nach Osten weiter, als flüchte es vor Main-Babel. Die zwölf Jahre seit Kriegsende haben die einstmals Freie Reichsstadt bis zur Unkenntlichkeit verändert. Typisch für die Platznot in der Innenstadt ist die Misere, daß ein Außenbüro der Staatsanwaltschaft und ein Bordell zu beider Mißvergnügen Wand an Wand miteinander auskommen müssen. Der einst so idyllische Geburtsort Goethes ist zur meistamerikanisierten Stadt Deutschlands geworden, Mainhattan gewissermaßen.

Der Umschlagplatz wirtschaftlicher Macht hätte vermutlich auch den Aufstieg zur politischen Hauptstadt der Bonner Republik geschafft, wäre es in ihren Gründerjahren nicht zu einem nie ganz geklärten Schmierölskandal gekommen. Nun muß sich die Main-Metropole damit begnügen, die zweite Geige zu spielen, wenn auch virtuos. Messen, Ausstellungen und Kongresse jagen einander in Bankfurt – und Amazonen der Halbwelt jagen nach Einbruch der Dunkelheit in schnittigen Sportwagen die Repräsentanten von Handel und Wandel. Ihr Revier ist die große Verkehrsader vom Hauptbahnhof zur Hauptwache, eine bekannte Geschäftsstraße, die nach dem Krieg ausgerechnet in der Hochburg des Kapitals nach einem Sozialdemokraten benannt worden war. Nunmehr heißt die Einkaufsallee wieder Kaiserstraße, und motorisierte Strichdamen sind ihre unaristokratischen Prinzessinnen, Nepper, Schlepper und Zuhälter ihr Hofstaat.

Zeitungen nennen Mainhattan gelegentlich auch das »deutsche Chicago«.

Heute blasen die PS-Lotteramazonen zum Halali auf Filmleute der ersten Garnitur. Einige hochkarätige Zelluloidzaren sind während der Spitzentagung in der Nobelherberge an der Kaiserstraße abgestiegen und fachsimpeln am späten Abend in der Lipizzaner-Bar weiter, Traumfabrikanten, die in dieser Zeit noch märchenhaft verdienen. Die einzigen Schlangen, die es ein Jahrzwölft nach dem Zweiten Weltkrieg noch gibt, stehen vor den Kinokassen. Zwar sind den Filmherstellern auch einige künstlerisch wertvolle Streifen gelungen, aber die meisten Filme dienen dem Massenkonsum, und so verspotten die aufstrebenden und bislang erfolglosen Jungfilmer ihre Machart als »Papas Kino«. Aggressive Kritiker titulieren die Filmindustrie verächtlich als Schnulzenkartell.

Es wirft für Produzenten und Verleiher Millionengewinne und für die Stars hohe Gagen ab. Noch braucht das Monopol das Fernsehen als Konkurrenz nicht zu fürchten. Das Pantoffelkino steckt noch in den Kinderschuhen, ist so klein wie seine Bildschirme. Es fehlt das Geld, die Planung wird vorwiegend von Hörfunkleuten gemacht, die keine Erfahrung mit der optischen Gestaltung haben. Das Programm wirkt so eintönig und einfallslos wie die TV-Geräte der ersten Generation. Zudem werden Stars und Schauspieler, die sich dem neuen Medium zur Verfügung stellen, von der Filmindustrie mit künftigem Boykott bedroht. Noch kann man sich, wie der Erfolgsproduzent August Walter Gärig – gedrungen, gewichtig, übergewichtig – feststellt, »beim Kintopp dumm und dusselig verdienen«.

In der ganzen Flimmerbranche gilt der Aufsteiger als der Mann mit der besten Nase, und diese Nase ist seine Muse. Er pfeift auf die Kritiken und macht Kasse. In seinen Flimmerstreifen gibt es keine Probleme, sondern allenfalls Mißverständnisse, die sich immer gegen Ende klären.

Der smarte Traumfabrikant, Chef der nach ihm benannten AUWAG-Film, von seinen engeren Geschäftspartnern »Auwa« gernannt. ist fast immer umgeben von den Nackten und den Schönen, jungen Starlets und ehrgeizigen Statistinnen, wie sie sich vor den Studios herumtreiben und bereit sind, sich durch Körpereinsatz hochzudienen, um vielleicht so berühmt zu werden wie Romy Schneider, die Schell oder die Leuwerik, die es allerdings ohne solche Gunstbeweise geschafft haben.

Illustrierte, das »Groschenblatt«, die Regenbogenpresse und ein halbes Dutzend spezieller Filmzeitschriften versorgen die Konsumenten mit Tratsch und Indiskretionen, verkuppeln die Filmsternchen mit glückbringenden Filmemachern. Der Starkult wird zur Allerweltsübung. Nicht nur jugendliche Fans versuchen, ihren Leinwandleitbildern zu folgen und wie Dieter Borsche zu gehen, wie Willi Forst zu charmieren, wie Curd Jürgens zuzupacken oder sexy zu sein wie Nadja Tiller, ladylike zu wirken wie Winnie Markus oder auch wie O. W. Fischer bedeutungsschwer vor sich hinzugrübeln.

Der Rummel bestimmt den Massengeschmack, zeigt Wirkung: Eines der Hochglanzprodukte im Dienst der Zelluloidheldenverehrung nennt sich »Film und Frau« und berieselt Aufstreberinnen wie Arrivierte tonnenweise mit »Goldstaub«, so nennt sich die vielgelesene Kolumne. Die Filmmogule wie der weit weniger fotogene AUWAG-Produzent sorgen schon dafür, daß für ihn genügend Sternschnuppen abfallen.

Gärig sitzt ein wenig abseits von den anderen neben Gremlitzka, dem Geschäftsführer des Luna-Verleihs, der viele seiner Streifen heraus- und manche seiner Eroberungen als Kleindarstellerinnen bei der AUWAG-Produktion unterbringt.

»Toll, daß ›Liebe am Lago‹ termingerecht fertig geworden ist«, lobt der schlanke Endvierziger mit der Amerika-Erfahrung. »Und du meinst, du bringst den Streifen schadlos durch die Filmselbstkontrolle?«

»Klar – bis auf die Nacktbadeszene. Die hab’ ich auch nur ins Drehbuch gemogelt, damit diese Brustwarzenspäher etwas zu räsonieren haben. Mit einigem Glück wird der Film vielleicht sogar ›jugendfrei‹«, verheißt der Produzent. »Schluckesaft ist schon am Werk und hat den Boden vorbereitet. Er ist prima, erzählt diesen Moralaposteln was von innerer Ethik und redet ihnen, falls nötig, ein Loch in den Bauch.«

»Genau der richtige Mann dafür«, lobt der Verleihchef Gärigs Hausdramaturgen, den sein Partner bei Meinungsverschiedenheiten sogar gegen ihn einsetzt. »Ich hab’ da nämlich ’ne Idee! Ich möchte die Premiere mit dem Galaabend anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Luna-Verleihs am nächsten Wochenende zusammenlegen. Wir hätten dann ein riesiges Staraufgebot, das kostenlos Reklame für ›Liebe am Lago‹ macht.«

»Blendende Idee, Eugen«, erwiderte Gärig. »Außerdem erspart sie uns auch noch Kosten.«

»Deine neue Staffel ist wieder recht erfolgversprechend«, stellt Gremlitzka fest. »Aber wir sollten uns künftig doch etwas Neues einfallen lassen, bevor sich unsere Masche abnützt.«

»Quatsch mit Soße«, erwidert der Produzent gereizt. »Wieviel habt ihr bisher an mir verdient?«

»Bombig«, räumt Gremlitzka ein.

»Was meckerst du dann an meinen Filmen herum?«

»Weil ich auch weiterhin bombig verdienen möchte«, versetzt der Mann mit dem Firmensitz in München. »Heb mal deinen Blick über den Tellerrand hinweg und schau nach Amerika: Dort steht Hollywood in einem mörderischen Konkurrenzkampf mit dem Fernsehen. So wird’s in ein paar Jahren auch bei uns kommen – und darauf müssen wir uns vorbereiten.«

»Und so lange haben wir noch Zeit«, knurrt der Produzent und bemerkt, daß der Verleiher jetzt nicht mehr nach Ubersee blickt, sondern zum Bareingang, wo eine hochgewachsene Blondine mit einer Löwenmähne auftaucht, ein Blickfang nicht nur für Gremlitzka. Fast an allen Tischen stockt einen Moment lang das Gespräch und gehen die Augen der Besucher fremd.

Sicher bis zur Arroganz, geschickt zurechtgemacht, demonstriert die Eintretende, daß sie sich sehen lassen kann und will. Von dem gewissen Etwas hat sie etwas viel, doch das mögen Herren ohne Damenbegleitung zumindest in einer Messestadt. Während die Schöne von einem fünfzigjährigen Begleiter – er wirkt wie ein Mann, der sich ein solches Luxusgeschöpf leisten kann – an die Bar geleitet wird, vergreifen sich die Augen vieler Umsitzenden an ihren überlangen Beinen. Die pikante Unbekannte bewegt sich lässig und geschmeidig, passiert den Tisch, an dem Gremlitzka und Gärig sitzen. Die tiefdekolletierte Versucherin erkennt den AUWAG-Produzenten und nickt ihm in einer fast unmerklichen, ungemein diskreten Art zu, bevor sie sich auf dem Barhocker niederläßt.

»Superb«, stellt Gremlitzka mit Stielaugen fest. »Wirklich ganz exzellent. Du kennst diese Gazelle, Auwa?«

»Allerdings.«

»Näher?«

»Nahe genug«, erwidert Gärig mit einem gewissen Lächeln. »Interessiert sie dich, Eugen?« fragt er spöttisch. »Da kann ich dir helfen: Die Lady schätzt Verschwender mehr als Geizkrägen. Sie mag keine Herren, die auf ihrer Brieftasche hocken oder das Gesäß zu tief unten tragen.«

»Und wer ist sie?« fragt Gremlitzka.

»Evamarie Dutscheweit«, entgegnet Gärig. »Knapp unter dreißig. Sie hat ein elegantes, zweistöckiges Apartment ganz in der Nähe, trägt sündteure Pelzmäntel, besitzt wertvollen Schmuck, sie fährt einen Supersportwagen, verfügt über Wertpapiere und lebt davon, daß sie von ihrer Schönheit Gebrauch macht.«

»Und ihr Begleiter?«

»Vermutlich einer der wenigen, die sehr viel Geld haben und es auch ausgeben«, erwidert Gärig. »Er führt mit Sicherheit einen Namen von Rang und Klang. Die Dame zeigt sich selten in der Öffentlichkeit, und wenn sie sich sehen läßt, dann nur in Begleitung von sehr bedeutenden Persönlichkeiten.«

»Woher kennst du diese blonde Pracht?«

»Ich hab’ ihr vor einiger Zeit Probeaufnahmen vorgeschlagen.«

»Abgeblitzt?« fragt Gremlitzka.

»Sie hatte keine Ambitionen für den Film«, entgegnet der Traumfabrikant. »Sie behauptete, auf ihre Art mehr Geld zu verdienen.«

»Vielleicht warst du nur zu geizig.«

»Ich hab’ ihr so viel angeboten, wie in der Kalkulation überhaupt drin war«, versetzt Gärig. »Ich will doch nicht mit ihren Sponsoren, diesen Geldsäcken, von denen sie lebt, konkurrieren und mich dabei ruinieren!«

»Ist sie ein Callgirl?« fragt ihn Gremlitzka direkt.

»Das ist gewaltig untertrieben«, entgegnet der Gedrungene mit dem schnellen Verstand und der angeborenen Schläue. »Auf ihrem Nachttisch steht zum Beispiel ein Foto von einem der Krupps aus Essen und –«

»Woher weißt du das?«

»Unterschätz mich nicht«, versetzt Gärig großartig.

»Das war also drin in deiner Kalkulation?«

»Motivsuche«, erklärt er. »Die Dame ist käuflich, aber unbezahlbar. Ihre Klientel stammt aus Hochfinanz und Schwerindustrie. Die Namen ihrer Stammkunden lesen sich wie ein Auszug aus dem Wirtschafts-›Who’s who‹. Evamarie Dutscheweit ist die zur Zeit gefragteste und teuerste Mätresse, die Wirtschaftswundernutte schlechthin.«

Unentwegt betrachtet der Verleihgewaltige von der Seite die unbezahlbare Käufliche, aber seine Blicke laufen von ihr ab wie Regentropfen von einer Gummihaut.

»Wolltest du nicht mit mir über die neue Machart meiner künftigen Filme sprechen, Eugen?« fragt der Produzent süffisant.

»Nun werd doch nicht gleich sauer, Auwa«, entgegnet der Luna-Chef und läßt widerwillig den Blick von der sündteuren Blondine. »Ich weiß nur zu gut, daß deine Filme von Jahr zu Jahr mehr Geld eingespielt haben. Im Prinzip sollst du ja auch so weitermachen, aber doch – mit aller Vorsicht natürlich – bei einem oder zwei Projekten neue Wege gehen und dabei langsam eine neue Geschmacksrichtung testen.« Er betrachtet sein Gegenüber. »Geh nicht gleich in die Luft, Auwa, hör mir zu: Ich meine weg von den Feld-Wald-Wiesen- und HerzSchmerz-Arien. Mehr Würze, mehr Schärfe, mehr Realität, mehr Tiefe.« Der blasse Beau zündet sich eine Zigarette an und greift nach seinem Chivas. »Gewitztere Autoren, raffiniertere Drehbücher. Keine faden Happy-Ends«, fährt er fort. »Neue Gesichter, interessantere Schauplätze. Die Italiener haben sich den Neoverismus einfallen lassen, die Franzosen operieren mit der ›Neuen Welle‹. Und Hollywood dreht bald nur noch Cinemascope in Farbe. Da können wir doch nicht weitermachen im Wald und auf der Heide, in grünen Tälern und auf romantischen Bergen, mit prallen Sennerinnen, mit der Försterchristel, der Schützenliesel, mit dem Heideschulmeister und Sissi, der Kaiserin aller Herzen.«

»Du redest ja schon wie ein Filmkritiker, Eugen«, erwidert Gärig. »Du nimmst von der AUWAG das ordinäre Geld und von diesen besserwisserischen Zeilenschindern den verfeinerten Geschmack. Nörgeln, aber kassieren.«

»Und sei dir darüber im klaren, Auwa«, fährt Gremlitzka unbeirrt fort, »daß der Boykott, den wir über das Fernsehen verhängt haben, zusammenbrechen wird wie ein alter Karrengaul.«

»Ich hör’ das Gras wachsen, und ich bin flexibel, Eugen«, versetzt der Exponent von Papas Kino. »Wenn sich der Publikumsgeschmack ändert, schalt’ ich sofort um.«

»Dann ist es zu spät«, unkt Gremlitzka. »Star ist künftig der Stoff – und du stehst dann mit einem Schrank voller Klamotten da. Stell dich doch nicht so stur – es ist doch keine Kritik, sondern ein Vorschlag. Versuch’s einfach mal anders, wir von der Luna ziehen voll mit. Du hast doch genügend Geld gemacht – und wenn’s ein Flop wird, zahlt’s das Finanzamt.«

»AUWAGs Hausregel Nummer eins: Bei uns gibt es keine Flops. Wer etwas produziert, was nicht ankommt, fliegt – ich dreh’ doch nicht für die Blindenanstalt.«

»Ein Fehlschlag kostet dich nicht mehr als deine letzte Scheidung«, hält ihm Gremlitzka das rote Tuch vor.

»Ich treib’s ja auch nicht auf Armenrecht wie du«, kontert Gärig giftig. »Und wenn du dich auf geschäftliche Abenteuer einlassen willst, dann wende dich gefälligst an einen anderen Produzenten. Bei mir gilt: Keine Experimente. Hat nicht der Alte von Rhöndorf gerade mit dieser Parole die absolute Mehrheit gewonnen?«

»Kunststück«, erwidert der Verleihchef. »Der Export floriert, die Gewinne explodieren. Keine Arbeitslosen, auch keine Kurzarbeit. Statt zu hungern fressen die Volksgenossen jetzt Entfettungspillen. Jeder hat eine Wohnung und arbeitet nur noch fünf Tage in der Woche. Und die Alten, Rentner und Kranken, die auf der Strecke bleiben, sind ja keine organisierte Wählermasse. Aber die Bäume werden nicht in den Himmel wachsen, und beim ersten Rückschlag heißt es nicht mehr: ›Keine Experimente.‹ Darauf kannst du jetzt schon Gift nehmen.«

»Das mag schon sein«, entgegnet Gärig. »Aber solange alles so bleibt, wie es ist, stricke ich meine sieben, acht Filme jährlich nach der bisherigen Erfolgsmasche.«

Der Aufbruch der Evamarie Dutscheweit beendet das Streitgespräch. Der Blickfang läuft Spießruten durch eine Allee männlicher Huldigung. Die Blicke und Wünsche vieler Größen des Filmgeschäfts geleiten sie hinaus und folgen ihr im Geist bis zu ihrer Maisonette-Wohnung.

»Mensch, Gärig«, sagt der Luna-Chef. »Das war doch eine prächtige Idee, diesen Wonnebrocken auf die Leinwand zu bringen. Warum hast du sie nur so schnell aufgegeben? Diese Luxusbiene ist genau, was wir suchen«, begeistert er sich. »Ich schaff’ das, was dir mißlungen ist: Ich stell’ sie vor die Kamera! Sie hat halt das, was die Leute sehen wollen, die sich so einen Leckerbissen nicht leisten können: vulgäre Dezenz, schräge Eleganz, geile Unnahbarkeit, damenhafte –«

»Übernimm dich nicht«, fällt ihm Gärig ins Wort. »Im Prinzip bin ich diesmal durchaus deiner Meinung, schließlich hab’ ich bei dieser Sirene einen ersten Versuch unternommen. Aber dann kamen mir doch Bedenken. Wie willst du zum Beispiel dieses verhurte Prachtstück durch die Filmselbstkontrolle schleusen?«

»Durch Läuterung und Reue«, erwidert der Mann vom Verleih. Er schürzt die Lippen. »Bei der Filmselbstkontrolle herrscht mehr Freude über eine Sünderin, die Buße tut, als über –«

»Alte Huren werden fromm«, unterbricht ihn der Produzent. »Damit lockst du keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor.«

»Stell dich doch nicht so an, Auwa. Wir müssen uns eben etwas einfallen lassen: eine knallharte Story zum Beispiel, in der die Wundernutte am Ende schrecklich umkommt. Damit hast du dein Alibi und kannst vorher die schönsten Ferkeleien zeigen. Verstehst du: Die Moral muß vom Drehbuch ausgehen.«

Gärig nickte. Gremlitzka hat nicht seine Nase, aber Einfälle und Ideen, zudem versteht er sein Handwerk.

»Willst du nicht noch einmal mit der Dame Dutscheweit reden?« fragt der Verleihchef.

»Ich nicht«, versetzt der Produzent. »Aber vielleicht versuchst du dein Glück.«

»Mach’ ich«, erwidert Gremlitzka. »Du mußt mir nur die Verbindung herstellen.«

»Unter einer Bedingung«, entgegnet Gärig. »Falls du mit ihr zurechtkommst, wird sie ausschließlich der AUWAG zur Verfügung stehen.«

»Einverstanden. Du bekommst sie exklusiv, wenn ich sie einkaufen kann. Jeder Termin ist mir recht. Wir sollten so rasch wie möglich mit dieser Sündenbraut in die vollen gehen.«

»Ich tu’, was ich kann«, verspricht der Produzent. »Gleich morgen früh.«

Das Spiel mit dem Feuer beginnt, obwohl seine Teilnehmer wissen müßten, daß Geschäfte mit Luzifers Tochter in des Teufels Küche führen.

Die Nackten und die Schönen

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