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ZWEITE SZENE

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Inhaltsverzeichnis

Daselbst . Eine Straße

Es treten auf Cressida und Alexander, ihr Diener.

CRESSIDA

Wer ging vorbei?

ALEXANDER

Die Königin Hekuba

Und Helena.

CRESSIDA

Wohin?

ALEXANDER

Zum Turm nach Osten,

Des Höh die ganze Gegend überschaut,

Die Schlacht zu sehen. Hektor, des Geduld

Sonst unerschütterlich, war heut bewegt;

Er schalt Andromache und schlug den Wappner,

Und gleich, als gölt im Kriege gute Wirtschaft,

War er in Waffen vor dem Morgenlicht

Und zog ins Feld hinaus, wo jede Blume

Wie ein Prophet beweint, was sie voraussieht

In Hektors Zorn.

CRESSIDA

Was reizte seine Wut?

ALEXANDER

So wird erzählt: Im Heer der Griechen kämpfte

Ein Fürst aus Troerblut, des Hektors Vetter,

Ajax mit Namen.

CRESSIDA

Wohl; was sagt man weiter?

ALEXANDER

Er ist, so heißts, ein ganz besondrer Mann

Und steht allein.

CRESSIDA

Das tun alle Männer, wenn sie nicbt betrunken oder krank sind oder keine Beine haben.

ALEXANDER

Dieser Mann, mein Fräulein, hat sich die Eigentümlichkeit von allerlei Tieren zugeeignet: Er ist so kühn wie der Löwe, so täppisch wie der Bär, so langsam wie der Elefant; ein Mann, in dem die Natur so viel Launen gehäuft hat, daß seine Tüchtigkeit in Torheit untergeht, seine Torheit durch Verständigkeit gewürzt ist. Niemand besitzt eine Tugend, von der er nicht einen Anflug bekommen hätte, noch irgend jemand eine Unart, von der ihm nicht etwas anklebte; er ist melancholisch ohne Ursach und lustig wider den Strich; er hat die Gelenkigkeit zu jedem Dinge, aber jedes Ding ist an ihm so ungelenk, daß er wie ein gichtischer Briareus hundert Hände und keine zum Gebrauch hat, oder wie ein stockblinder Argus lauter Augen und keine Sehkraft.

CRESSIDA

Wie kann aber dieser Mann, der mich lächeln macht, den Hektor in Zorn bringen?

ALEXANDER

Man erzählt, er sei gestern mit Hektor in der Schlacht handgemein geworden und habe ihn niedergeschlagen, und der Verdruß darüber und die Schmach habe den Hektor seitdem nicht essen noch schlafen lassen.

Pandarus kommt.

CRESSIDA

Wer kommt?

ALEXANDER

Fräulein, Euer Oheim Pandarus.

CRESSIDA

Hektor ist ein tapfrer Degen.

ALEXANDER

Wie nur irgendeiner in der Welt, Fräulein!

PANDARUS

Was sagt ihr? Was sagt ihr?

CRESSIDA

Guten Morgen, Oheim Pandarus!

PANDARUS

Guten Morgen, Muhme Cressida! Wovon sprecht ihr? Guten Morgen, Alexander! Wie gehts dir, Nichte? Wann warst du in Ilium?

CRESSIDA

Heute morgen, Oheim.

PANDARUS

Wovon spracht ihr, als ich kam? War Hektor schon gewaffnet und ins Feld gezogen, als du nach Ilium kamst? Helena war wohl noch nicht aufgestanden, nicht wahr?

CRESSIDA

Hektor war schon fort, aber Helena noch nicht aufgestanden.

PANDARUS

Ja, ja, Hektor war recht früh auf den Beinen.

CRESSIDA

Davon sprachen wir eben; und daß er aufgebracht sei.

PANDARUS

War er aufgebracht?

CRESSIDA

Das sagt mir dieser da.

PANDARUS

Freilich war er aufgebracht; ich weiß auch, warum; heut wird ers ihnen beibringen, das kann ich ihnen sagen, und Troilus wird ihm so ziemlich gleichkommen; sie mögen sich nur vor Troilus in acht nehmen; das mogen sie mir glauben!

CRESSIDA

Wie! Ist der auch aufgebracht?

PANDARUS

Was, Troilus? Troilus ist der Beßre von beiden!

CRESSIDA

O Jupiter! Da ist gar kein Vergleich!

PANDARUS

Wie, nicht zwischen Troilus und Hektor? Erkennst du nicht einen Mann, wenn du ihn siehst?

CRESSIDA

Nun ja, wenn ich ihn sonst schon sah und kannte.

PANDARUS

Ganz recht; ich spreche, Troilus ist Troilus.

CRESSIDA

Da sprecht Ihr wie ich, denn ich weiß gewiß, er ist nicht Hektor.

PANDARUS

Nein, und Hektor ist auch nicht Troilus in gewissem Betracht.

CRESSIDA

So tun wir keinem Unrecht; er ist er selbst.

PANDARUS

Er selbst? Ach, du armer Troilus! Ich wollte, wäre –

CRESSIDA

Er ist es ja.

PANDARUS

Mit dem Beding ginge ich barfuß nach Indien!

CRESSIDA

Hektor ist er nicht!

PANDARUS

Er selbst? Nein, er ist nicht er selbst – ja, ich wollte, er wäre er selbst. Nun, die Götter leben noch; die Zeit schaffts ihm oder entraffts ihm; ja, Troilus, ich wollte, sie hatte mein Herz im Leibe! Nein, Hektor ist kein beßrer Mann als Troilus.

CRESSIDA

Verzeiht!

PANDARUS

Er ist älter.

CRESSIDA

Ich bitte um Entschuldigung!

PANDARUS

Der andre ist noch nicht so alt; ihr sollt ganz anders sprechen, wenn der andre erst so alt sein wird. Hektor kann lange warten, ehe er seinen Verstand bekommt!

CRESSIDA

Den braucht er auch nicht, wenn er seinen eignen hat.

PANDARUS

Noch seine Eigenschaften.

CRESSIDA

Tut nichts!

PANDARUS

Noch seine Schönheit!

CRESSIDA

Sie würde ihn nicht kleiden, seine eigne ist besser.

PANDARUS

Du hast kein Urteil, Nichte! Helena selbst beteuerte neulich, daß Troilus, wenn von brauner Farbe die Rede sei – denn braun ist er allerdings – und doch nicht so recht eigentlich braun –

CRESSIDA

Nein, sondern braun.

PANDARUS

Die Wahrheit zu sagen, braun und nicht braun.

CRESSIDA

Die Wahrheit zu sagen, wahr und nicht wahr.

PANDARUS

Sie stellte seinen Teint über den des Paris.

CRESSIDA

Nun, Paris hat Farbe genug.

PANDARUS

Das hat er auch.

CRESSIDA

So hatte Troilus denn zu viel Farbe; wenn sie seinen Teint über den des andern stellt, ist er höher an Farbe; wenn nun Paris rot genug ist und Troilus hochrot, so ist das ein zu teuriges Lob für einen guten Teint. Ebensogern hätte Helenas goldne Zunge den Troilus wegen einer Kupfernase rühmen können.

PANDARUS

Ich schwöre dir, ich glaube, Helena liebt ihn mehr als den Paris.

CRESSIDA

Dann ist sie wirklich eine leichtsinnige Griechin.

PANDARUS

Nein, ganz gewiß, das tut sie. Neulich stellte sie sich zu ihm in das Bogenfenster, und du weißt, er hat nur drei oder vier Haare am Kinn –

CRESSIDA

O gewiß, eines Bierzapfers Rechenkunst würde hinreichen, diese Einheiten in eine Summe zu ziehn.

PANDARUS

Nun, er ist noch sehr jung, und doch sind seine Nerven so stählern, daß er dir bis auf zwei, drei Pfund ebensoviel aufheben wird als sein Bruder Hektor.

CRESSIDA

Was! Ein so junger Mann und schon solche Stehlergaben?

PANDARUS

Um dir zu beweisen, daß Helena in ihn verliebt ist – denke nur, sie kam und legte dir ihre weiße Hand an sein gespaltnes Kinn –

CRESSIDA

Juno sei uns gnädig! Wer hats ihm gespalten?

PANDARUS

Erinnerst du dich denn nicht seines Grübchens? Mir scheint, sein Lächeln steht ihm besser als irgend jemand in ganz Phrygien.

CRESSIDA

O ja, er lächelt recht brav.

PANDARUS

Nicht wahr?

CRESSIDA

Freilich, wie eine Regenwolke im Herbst.

PANDARUS

O still doch! Ich wollte dir ja beweisen, daß Helena in Troilus verliebt sei!

CRESSIDA

Troilus wird Euch diesen Beweis nicht verweisen, wenn Ihr ihn führen könnt.

PANDARUS

Troilus? Nun, der fragt nicht mehr nach ihr, als ich nach einem hohlen Ei frage.

CRESSIDA

Wenn Ihr die hohlen Eier so gern habt als die hohlen Köpfe, seid Ihr wohl schal genug, die Schalen ohne Eier zu essen.

PANDARUS

Wahrhaftig, ich muß noch immer lachen, wenn ich dran denke, wie sie ihm am Kinn kitzelte. Das ist doch gewiß, sie hat eine wundervoll weiße Hand; das muß man bekennen.

CRESSIDA

Ohne Folter.

PANDARUS

Und da fällt es ihr ein, ein weißes Haar auf seinem Kinn zu entdecken.

CRESSIDA

Das arme Kinn! Ist doch manche Warze reicher!

PANDARUS

Aber das gab ein Gelächter! Königin Hekuba lachte, daß ihr die Augen übergingen –

CRESSIDA

Von Mühlsteinen.

PANDARUS

Und Kassandra lachte!

CRESSIDA

Aber es war unter dem Topf ihrer Augen wohl ein mäßigeres Feuer: liefen ihre Augen auch über?

PANDARUS

Und Hektor lachte!

CRESSIDA

Und wem galt all dies Lachen?

PANDARUS

Ei, dem weißen Haar, das Helena an Troilus' Kinn erspäht.

CRESSIDA

War es ein grünes gewesen, so hätt ich auch gelacht.

PANDARUS

Sie lachten nicht so sehr über das Haar, als über seine hübsche Antwort.

CRESSIDA

Wie war seine Antwort?

PANDARUS

Sie hatte gesagt: Hier sind nur einundfünfzig Haare an Euerm Kinn, und eins davon ist weiß?

CRESSIDA

Das war ihre Frage?

PANDARUS

Jawohl, das bedarf keiner Frage. Einundfünfzig Haare, sagte er und ein weißes: das weiße Haar ist mein Vater, und die übrigen sind seine Söhne. O Jupiter, sagte sie, welches von diesen Haaren ist Paris, mein Gemahl? Das gespaltene, sagte er, reißt es aus und gebts ihm! Und nun entstand solch ein Gelächter, und Helena ward so rot, und Paris so böse, und die übrigen lachten so sehr, daß es ins Weite ging.

CRESSIDA

Da mag es auch bleiben, denn es ist nicht weit her.

PANDARUS

Nun, Nichte, ich sagte dir gestern etwas; das nimm dir zu Herzen!

CRESSIDA

Das tu ich auch.

PANDARUS

Ich schwöre dir, es ist wahr, er weint dir wie einer, der im April geboren ist.

[Man hört zum Rückzug blasen. ]

CRESSIDA

Und ich will in diesen Tränen so lustig aufwachsen, wie eine Nessel im Mai.

Es wird zum Rückzug geblasen.

PANDARUS

Horch, sie kommen aus dem Felde nach Haus; sollen wir hier hinauf treten und sie nach Ilium ziehn sehn? Tu es, liebste Nichte, tu es, liebste Nichte Cressida!

CRESSIDA

Wie es Euch gefällt.

PANDARUS

Hier, hier ist ein allerliebster Platz, hier können wirs recht schmuck mitansehn. Ich will sie dir alle bei Namen nennen, wie sie vorbeiziehn; merke nur vor allen auf Troilus.

Äneas geht über die Bühne.

CRESSIDA

Sprecht nicht so laut.

PANDARUS

Das ist Äneas; ist das nicht ein hübscher Mann? Es ist eine rechte Blume unter den Troern, das kann ich dir sagen. Aber merke nur auf Troilus; gleich wird er kommen!

Antenor geht vorüber.

CRESSIDA

Wer ist das?

[Antenor geht vorüber. ]

PANDARUS

Das ist Antenor, der ist recht kurz angebunden, das kann ich dir sagen, und ist ein guter Soldat; einer von den besten Köpfen in ganz Troja, und ein artiger Mann in seiner ganzen Person. – Wann kommt doch Troilus? Gleich sollst du Troilus sehn. Gib acht, wie er nicken wird, wenn er mich sieht.

CRESSIDA

Nickt er immer ein, wenn er Euch sieht? –

PANDARUS

Ihr sollt es sehen.

CRESSIDA

Falls er es tut, sollen die Reichen noch mehr haben.

Hektor geht vorüber.

PANDARUS

Das ist Hektor, der da, der da! Siehst du, der! Das ist ein Kavalier! Gott sei mit dir, Hektor! Das ist ein wackrer Mann, Nichte. O du edler Hektor! Sieh, wie er um sich blickt! Das ist eine Haltung! Ists nicht ein stattlicher Mann?

CRESSIDA

Ein recht stattlicher Mann.

PANDARUS

Nicht wahr? Es ist eine rechte Herzenslust, ihn zu sehn. Sieh nur, wieviel Beulen auf seinem Helm sind! Sieh nur hin, siehst du's? Sieh nur hin! Mit dem ist nicht zu spaßen; der verstehts; mit dem solls einmal einer aufnehmen! Das nenn ich Hiebe!

CRESSIDA

Sind die von Schwertern?

[Paris geht vorüber. ]

PANDARUS

Von Schwertern? Von was sie wollen, das kümmert ihn nicht. Wenn auch der Teufel mit ihm anbände, das ist ihm alles gleich. Ja, beim Element, es ist eine wahre Lust! Ach, dort kommt Paris, dort kommt Paris;

Paris geht vorüber. siehst du dort, Nichte? Ist das nicht auch ein hübscher Mann? Nicht? – Ei, das ist ja allerliebst – wer sagte doch, er wäre heut verwundet? Nun, das wird für Helena eine rechte Freude sein. O wenn ich doch nur den Troilus sähe! Gleich wirst du Troilus zu sehn bekommen. Helenas geht vorüber.

CRESSIDA

Wer ist das?

[Helenas geht vorüber. ]

PANDARUS

Das ist Helenas. Ich begreife gar nicht, wo Troilus bleibt – das ist Helenus – er wird wohl gar nicht zu Felde gezogen sein – das ist Helenus.

CRESSIDA

Kann Helenus fechten, Onkel?

PANDARUS

Helenus? Nein – ja, er ficht so ziemlich erträglich. – Ich begreife nicht, wo Troilus bleibt. – Horch! Hörst du nicht, wie die Soldaten rufen: Troilus? – Helenus ist ein Priester.

CRESSIDA

Was für ein Duckmäuser kommt denn da heran?

Troilus geht vorüber.

PANDARUS

Wo, dort? Das ist Deiphobus – nein, Troilus ists! Ach, welch ein Mann! Nichte! Hem! O du wackrer Troilus! Du Fürst der Ritterschaft!

CRESSIDA

Still doch, ums Himmels willen, still!

PANDARUS

Gib acht auf ihn; faß ihn recht ins Auge – o du wackrer Troilus! Sieh ihn dir recht an, Nichte; siehst du, wie blutig sein Schwert ist und sein Helm noch mehr zerhauen als der des Hektor. Und wie er um sich blickt, wie er einhergeht! – O wunderschöner Jüngling; und noch nicht dreiundzwanzig! Geh mit Gott, Troilus, geh mit Gott; hätte ich eine Grazie zur Schwester oder eine Göttin zur Tochter, er sollte die Wahl haben. O wunderschöner Held! – Paris? Paris ist ein Quark gegen ihn, und ich wette, Helena tauschte gern und gäbe noch ein Auge obendrein in den Kauf.

[Mehrere Krieger ziehn vorüber. ]

CRESSIDA

Dort kommen noch mehr.

Gemeine Soldaten ziehen vorüber.

PANDARUS

Esel, Narren, Tölpel! Spreu und Kleie, Spreu und Kleie! Suppe nach der Mahlzeit! In Troilus' Anblick konnt ich leben und sterben. Sieh nicht weiter hin; die Adier sind vorüber; Krähen und Dohlen, Krähen und Dohlen! Lieber wär ich solch ein Held wie Troilus, als Agamemnon mit ganz Griechenland.

CRESSIDA

Die Griechen haben ihren Achilles; der übertrifft den Troilus.

PANDARUS

Achilles? Ein Lastträger, ein Karrenschieber, ein rechtes Kamel!

CRESSIDA

Nun, nun!

PANDARUS

Nun, nun? Hast du denn kein Urteil? Hast du denn keine Augen? Verstehst du, was ein Mann ist? Sind denn nicht Geburt, Schönheit, gute Figur, Beredsamkeit, Mannhaftigkeit, Bildung, Artigkeit, Tapferkeit, Jugend, Freigebigkeit, und was dem gleicht, die Spezereien und das Salz, die einen Mann würzen?

CRESSIDA

O ja; ein Mengelmus von einem Manne, und so in der Pastete gehackt und gebacken gibts ein Mus von lauter Mängeln.

PANDARUS

Was sind das nun wieder für Reden! Man weiß nie, auf welcher Lauer du liegst.

CRESSIDA

Auf meinem Rücken, um meinen Leib frei zu haben; auf meinem Witz, um meine Launen zu verteidigen; auf meiner Verschwiegenheit, um meinen guten Ruf zu sichern; meiner Maske vertrau ich, um meine Schönheit zu bewahren; dann endlich auch, um das alles zu schützen; und auf allen diesen Lauerplätzen lieg ich und habe wohl tausend Wachen.

PANDARUS

Nenne mir eine deiner Wachen.

CRESSIDA

Das ist eben meine Hauptwache, die gegen Euch gerichtet ist. Denn wenn ich erst nicht mehr behüten kann, was niemand finden sollte, so kann ich Euch wenigstens bewachen, daß Ihr nicht erfahrt, wie ich zu Schaden kam; es müßte denn so zunehmen, daß sichs nicht mehr verstecken ließe; und dann wärs ohnehin mit dem Wachen vorbei.

PANDARUS

Ihr seid mir die Rechte!

Der Page des Troilus kommt.

PAGE

Herr, mein Gebieter wünscht Euch gleich zu sprechen.

PANDARUS

Wo?

PAGE

In Euerm Hause, Herr; dort legt er seine Rüstung ab.

PANDARUS

Lieber Kleiner, sag ihm, ich komme gleich.

Der Page geht. Ich fürchte, er ist verwundet. Lebe wohl, liebe Nichte, lebe wohl!

CRESSIDA

Lebt wohl, Oheim!

PANDARUS

Ich bin gleich wieder bei Euch, Nichte.

CRESSIDA

Und bringt mir –

PANDARUS

Nun ja! Ein Liebespfand von Troilus.

[Geht ab. ]

CRESSIDA

Bei diesem Liebespfand, du bist ein Kuppler!

Pandarus geht ab. Wort, Gab und Trän und heilgen Schwurs Beteuern Läßt er nicht ab für jenen zu erneuern. Zwar mehr in Troilus hab ich gewahrt, Als was mir Pandars Spiegel offenbart – Doch nein! – Engel sind Frauen, wenn man wirbt; Ahnung ist Lust, die im Genuß erstirbt. Nichts weiß ein liebend Mädchen, bis sie weiß: Allein das Unerreichte steht im Preis, Und so hat niemals noch ein Weib empfangen Liebe so süß, wie ihr gewährt Verlangen. Drum folg ich diesem Spruch der Liebessitte: Gewähren bringt Befehl, Versagen Bitte; Und mag mein Herz auch treue Lieb empfinden, Nie soll ein Blick, ein Wort sie je verkünden. Ab.

Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch)

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