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Erste Szene

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Britannien. Garten in Cymbelines Palast

[Zwei Edelleute treten auf.]

Erster Edelmann

Ja, hier schaut jeder finster: unser Blut

Folgt minder nicht dem Himmel, als der Höfling

Stets wie der König scheinen will.

Zweiter Edelmann

Der Grund?

Erster Edelmann

Die Erbin dieses Reiches, seine Tochter,

Bestimmt' er seiner Frauen einzgem Sohn,

Die er als Witwe kürzlich sich vermählt.

Die Tochter wählte nun den Gatten selbst,

Der arm, doch edel ist; sie sind vermählt,

Der Mann verbannt, verhaftet sie; und alles

Ist äußrer Schmerz; obwohl der König, mein ich,

Wahrhaft bekümmert ist.

Zweiter Edelmann

Der König nur?

Erster Edelmann

Auch er, der sie verlor; die Königin gleichfalls,

Die jenes Bündnis wünschte. Doch kein Höfling,

Wenn alle auch ihr Antlitz stimmen nach

Des Königs Blick, des Herz sich nicht erfreut

Ob dem, weshalb sie grollen.

Zweiter Edelmann

Und warum?

Erster Edelmann

Der die Prinzeß verlor, ist ein Geschöpf,

Zu schlecht, ihn schlecht zu nennen; der sie hat

– Das heißt, dem sie vermählt, der Ärmste, ach,

Deshalb verbannt –, ist solch vollendet Wesen,

Daß, wenn man auch den Erdkreis rings durchsuchte

Nach einem, so wie er, stets blieb ein Mangel

Dem, der sich ihm vergleicht; denn ich vermeine,

Mit so viel innerm Wert und äußrer Schönheit

Sei niemand sonst begabt.

Zweiter Edelmann

Ihr übertreibt.

Erster Edelmann

Ich meß ihn nur weit unter seiner Größe,

Drück ihn zusammen, statt ihn zu entfalten

In voller Macht.

Zweiter Edelmann

Wie ist sein Nam und Ursprung?

Erster Edelmann

Ich kenne seinen Stammbaum nicht. Sicilius,

So hieß sein Vater, kämpft' einst ruhmbekränzt

Gegen die Römer, mit Cassibelan;

Doch dem Tenantius dankt er seine Würden,

Dem er mit Glanz und seltnem Glück gedient;

So ward er Leonatus zubenannt.

Er hatte, außer jenem edlen Sohn,

Zwei andre noch, die in dem Krieg der Zeit,

Das Schwert in Händen, fielen, was des Greises

Zu heftge Vaterliebe so erschüttert,

Daß er sich tot gehärmt; sein edles Weib,

Schwanger mit dem, von dem wir sprechen, starb

Bei der Geburt. Da nimmt das Kind der König

In seinen Schutz und nennt ihn Posthumus Leonatus,

Läßt ihn erziehn, macht ihn zu seinem Pagen,

Zu jeder Wissenschaft ihm Zugang bahnend,

Für die sein Alter reif. Das sog er ein,

Wie wir die Luft, es augenblicks begreifend;

Sein Frühling ward schon Ernt; er lebt' am Hofe

– Ein seltner Fall – in Lieb und Lob der Erste,

Dem Jüngsten Musterbild, dem Reiteren

Ein Spiegel für des Schmucks Vollendung, und

Ein Kind, das Greise führt, den Ernsteren;

Der Frau, für die er jetzt verbannt – da zeigt

Ihr Wert, wie sie ihn schätzt' und seine Tugend;

In ihrer Wahl könnt Ihr am besten lesen,

Was für ein Mann er ist.

Zweiter Edelmann

Ich ehr ihn schon

In Eurer Schildrung. Doch, ich bitt Euch, sagt mir,

Ist sie des Königs einzges Kind?

Erster Edelmann

Sein einzges.

Zwei Söhne hatt er – dünkts Euch merkenswert,

So hört mir zu: der älteste drei Jahr,

Der zweit in Windeln, wurden sie gestohlen

Aus ihrer Ammenstub, und niemand ahnet

Bis diese Stunde, was aus ihnen ward.

Zweiter Edelmann

Wann fiel das vor?

Erster Edelmann

Vor etwa zwanzig Jahren.

Zweiter Edelmann

Daß Königskinder so entwendet wurden!

So schlecht bewacht, so schläfrig aufgesucht,

Daß keine Spur sich fand!

Erster Edelmann

Mags seltsam sein,

Und fast zum Lachen solche Lässigkeit,

So ist es dennoch wahr.

Zweiter Edelmann

Ich glaub es Euch.

Erster Edelmann

Wir müssen uns zurückziehn, denn hier kommt

Der edle Herr, die Königin und Prinzessin.

Sie gehn ab.

Cymbeline

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