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Von den okkulten Grundkräften im Menschen.
ОглавлениеEs dürfte manchem Leser bereits bekannt sein, dass die esoterischen Schulen des Ostens, besonders jene des Transhimâlaya, die Lehre von sieben okkulten Grundkräften vertreten. Schon die große H. P. Blavatsky hat auf diese Lehre hingewiesen und versucht, sie dem europäischen Denken näherzubringen. Pseudookkultisten und Talmirosenkreuzer haben später Blavatskys erhabenes System bis zur Unkenntlichkeit entstellt und als eigenes Geistesprodukt ausgeschrien. — Die Lehre von den sieben Grundkräften ist für das richtige Erfassen der nachstehenden Darlegungen über Konzentration und Meditation von größter Wichtigkeit. Sie zeigt uns, welche Kräfte in uns tätig sind, welche überwunden werden müssen und welche zur Entwicklung gelangen sollen.
Die sieben Grundkräfte werden in eine niedere Gruppe (Vierheit, als Viereck symbolisiert) und in eine höhere Gruppe (Dreiheit, als Dreieck symbolisiert) eingeteilt. Die niederen Kräfte sind mehr psychisch, die höheren spirituell. Die spirituellen sind im Kosmischen „verankert“ und werden deshalb mit Recht „geistige“ genannt.
Die niedere Vierheit besteht aus folgenden spezifischen Energieformen oder Naturkräften:
1. Das Liñgaçarîram: der „feine“ Körper, auch oft „Astralkörper“, Ätherkörper, ätherischer Modellkörper genannt. Er ist das elektro-magnetische Substrat des physischen Körpers, die geheimnisvolle Naturkraft, welche die chemischen Moleküle zur menschlichen Form gestaltet. Eigentlicher Sitz der Sinne und Instinkte. Steht in innigem Kontakt mit dem Nervensystem.
2. Der Prâna: wörtlich „Lebensodem“. Die durch die Atmung eingezogenen Lebenskräfte elektrischer Art. Die Gesamtsumme der sogenannten Nervenfluide und Elektronen. Die „Lebenskraft“, als deren kosmische Energiequelle die Sonne gilt.
3. Der Kâma: wörtlich „Begierde“. Die Blutenergie, als Quelle der Leidenschaft, Impulse und Triebe. Die niedere Willensenergie. Die roten Blutkörperchen gelten als Kraftpunkte elektrischer Energie.
4. Das Cittam: auch das niedere Manas genannt. Das ätherisch-geistige Gedankenelement, auch „Denkprinzip“ genannt. Die äußerst plastische, bildergestaltende Äthersubstanz, aus der sich alle Vorstellungen, Gedanken und Gedankenformen bilden. Spielt eine wichtige Rolle im Yoga, da das Bestreben des Praktikers darauf gerichtet sein muss, die Herrschaft über diese subtile Substanz oder Essenz zu erlangen.
Die höhere Dreiheit:
5. Das höhere d. h. transzendentale Manas: entspricht dem transzendentalen Subjekt des du Prel. Eine atomistische, äußerst subtile und plastische Substanz. Ist im derzeitigen Menschen nur zum kleinsten Teil aktiv und äußert sich da als höheres, mehr abstraktes Denken, als sittlicher Wille, schöpferisch-geistige Gestaltungskraft, Ich-Bewusstsein, Intuition, Gewissen, Ahnungsvermögen usw. Wird erst in kommenden Entwicklungsperioden zur vollen Entfaltung kommen; kann nur durch Yoga-Praxis schon jetzt erweckt werden. Urständet in der manifesten, kosmischen Ideenbildung und ist potentiell allwissend. Der magische Wille des Yogî ist das höhere Manas in Tätigkeit. Bei der Mehrzahl der Menschen ist das Manas nur als negativ-passive Strömung vorhanden.
6. Die Buddhi: wörtlich „das Erkenntnislicht“, der Vernunftfunken. Im derzeitigen Menschen ebenfalls nur als negativ-passive Strömung im Rückenmarkskanal pulsierend. Wenn durch den geistigen Willen des Yogî erweckt, wird Buddhi zur elektro-magischen Energie, Kundalinî genannt.
Buddhi urständet in der latenten, kosmischen Ideenbildung. Im gewöhnlichen Leben wirkt Buddhi als Unterscheidungskraft; es ist der Vernunftfunken, der uns ermöglicht, zwischen Recht und Unrecht, zwischen dem Wahren und Falschen zu unterscheiden und uns erkennen lässt, dass das Wahre wahr und das Falsche falsch ist, eine Fähigkeit, die uns in Traum und Hypnose fehlt, weil die Verbindung mit Buddhi bzw. dem höheren Manas unterbrochen ist. Durch spirituelle Lebensführung — Meditation und Konzentration — kann die Tätigkeit der Buddhi verstärkt werden; es tritt dann „Intuition mit Sicherheit“ oder eine mehr oder minder glänzende Erleuchtung ein, die sich in den hohen und höchsten Stufen bis zum außerweltlichen Schauen steigert.
7. Der Âtmâ: das „Pneuma“ der Gnostiker, das „Mysterium des Lichtreichs“, von dem Jesus in den geheimen Lehren der Pistis Sophia spricht1.
Âtmâ ist das „unendliche Lichtmeer der Gottheit“, von dem die Upanishaden lehren, dass es durchaus aus Erkenntnis besteht. Die Wurzel allen Seins und Bewusstseins. Buddhi, Manas und alle übrigen psychischen und physischen Energien strahlen aus Âtmâ aus. Das Endziel des Yogastrebens ist die praktische Vereinigung und Einswerdung mit diesem höchsten Prinzip der Erkenntnis im All, dem einzig Ewigen und Unveränderlichen. Selbst die Buddhi ist nur ein von Âtmâ ausgestrahlter Widerschein. Der „Stein der Weisen“ ist ein Symbol des Âtmâ. — Der Nirvâna-Zustand ist nichts anderes, als der durch die Vereinigung mit Âtmâ erlangte übermenschliche bzw. göttliche Erkenntniszustand des vollen Yogî. Im Allgemeinen ist sich der Durchschnittsmensch seiner höheren „Dreiheit“ nicht oder doch nur ganz wenig bewusst. Diese Kräfte bilden sein „transzendentales Selbst“ und liegen unterhalb der normalen Bewusstseinsschwelle. Nur selten dämmert ihm eine dunkle Ahnung auf, dass der Gehirnverstand, auf den er so stolz ist, nur die unterste Sprosse auf der hohen Leiter der Erkenntnismöglichkeiten ist.
Abnorme Kräfte äußern sich in Träumen und somnambulen Zuständen. Diese haben hauptsächlich mit den unterbewussten Funktionen des Liñgaçarîram und Cittam zu tun, nur selten mit dem höheren Manas, das in Verbindung mit der Buddhi den Latenten Genius bildet. Dieser schlummernde Genius kann durch Yoga (Konzentration und Meditation) erweckt werden und bildet dann die „Brücke“ zum Âtmâ, zur „Absolutheit“.
Diese wenigen Winke mögen intuitiven Gemütern ein Wink sein, welch großartige Möglichkeiten jenen offen stehen, die entschlossen sind, den Pfad des Yoga mit Mut, Ausdauer und Energie zu wandeln2.
Nach dieser notwendigen, theoretischen Einleitung wollen wir uns nunmehr der praktischen Seite unserer Sache zuwenden.