Читать книгу Wild Willy Westbahn -the Guitar Highlander - Willy Mertl - Страница 11

Musik, Bands und andere Besonderheiten, die gar keine sind – der Werdegang

Оглавление

Ich begann, wie schon anfangs erwähnt, im zarten Alter von zwei Jahren Klavier zu spielen. Spielen im eigentlichen Sinne konnte man das sicher noch nicht nennen. Aber es zog mich immer wieder, zum nervlichen Überlasten meiner Eltern, magisch zu diesem für mich hausgroßen, pechschwarzen Ungetüm. Ich hatte damals nicht die geringsten Berührungsängste, mich mit diesem Klavier zu beschäftigen. Seine von mir entlockten Töne streichelten mich, hüllten mich ein. Sicher sahen das meine zwangsläufig anwesenden Mitmenschen nicht ganz so romantisch. Ich habe aber niemals mit allen Fingern gleichzeitig auf die schneeweißen Elfenbeintasten eingehauen, wie es Kinder oft tun. Ich versuchte, immer einzelne Töne zu spielen, um diesem Ungetüm Melodien zu entlocken. Sicher konnte man das Wiedergegebene nicht als Melodie im eigentlichen Sinne betrachten, aber es waren schon Läufe. Wenn auch noch keine guten. Aber ich arbeitete daran. Ich hatte ja sehr wenig Spielzeug und das war mir auch nicht wichtig, weil mich dieser schwarze Kasten, der bei uns im Wohnzimmer stand, wesentlich mehr interessierte.

Die Zeit verging, mein Vater erkannte das offensichtliche Talent und versuchte, mich zu unterrichten. Ich betone „versuchte“. Mittlerweile sechs Jahre alt und kurz vor der Einschulung stehend, bekam ich meine erste richtige Unterrichtsstunde von ihm. Aber nicht auf dem Klavier, wie ich es mir vielleicht gewünscht hätte, sondern auf einem Schifferklavier, einem Akkordeon, einer „Quetschn“. Nicht so groß, nicht so schwer, einem Klavier von der Tastatur nicht unähnlich, aber ein Instrument, das mir bei Weitem nicht die musikalischen Gefühle auslöste wie (m)ein Klavier. Ich lernte zwar schnell und begriff, wie es funktionierte, doch ich sah absolut keine Veranlassung mich diesem Instrument zu widmen. Mehr noch! Desto häufiger ich es spielte, desto mehr schien es sich gegen mich zu wenden. Ein Kräftemessen zwischen diesem Instrument und mir und meinem Vater begann, und ich verlor.

Genauso wie mein Vater die Geduld verlor, weil ich in meinem kindlichen Eifer alles besser wusste und alles hinterfragte. Ja, und als ich ihm schließlich sagte, dass man dieses oder jenes anders, leichter spielen konnte, gab er es auf, mich zu unterrichten. Er resignierte. Ich nicht. Ich beschäftigte mich weiter mit meinem Lieblingsinstrument, dem Klavier. Ich hatte noch keine Ahnung, was ich überhaupt spielen sollte oder wollte. An so etwas wie eine „Stilrichtung“ war noch überhaupt nicht zu denken. Ich hatte meinen musikalischen Weg noch lange nicht gefunden.

Wir hatten weder ein Radio noch so etwas wie einen Plattenspieler. Eigentlich bewegte sich mein musikalisches Wissen von der großen, weiten Welt nicht über den Horizont, den mein Vater darstellte, hinaus. Und so blieb mir vieles verborgen.

Bis zu dem Tag, an dem meine Eltern Besuch von einem befreundeten Musiker bekamen. Musiker waren überhaupt die einzige Spezies, mit denen sich mein Vater umgab. Der Strohmeier Erwin und seine Frau kamen eigentlich regelmäßig vorbei. Ich weiß noch, dass diese Frau meine Mutter immer „Jeannie“ nannte, wohl weil sie so sympathisch und anziehend wie dieser Flaschengeist aus dem Fernsehen war. Meine Mutter war eigentlich dunkelhaarig und hieß Maria. Keine Ahnung, wie diese Leute auf „Jeannie“ kamen. Nun gut, dieser Erwin brachte seine neueste technische Errungenschaft, ein Hightechgerät besonderer Güte mit, ein tragbarer Kassettenrekorder der Marke Phillips mit dazugehörigen 60-Minuten-Kassetten. Voller Stolz führte er ihn meinem Vater vor.

Er drückte die Wiedergabetaste und aus dem eingebauten Mono-Lautsprecher ertönte „Red River Rock“ von Johnny and the Hurricanes.

Heureka! Ich habe es gefunden. Meinen Körper durchliefen Schauer der Wonne, wie sie später nicht einmal beim ersten Sex vorhanden waren.

Ich war erleuchtet. Der Gott der Musik hatte sich mir offenbart. Ich hatte meinen Stil, mehr noch meine Lebensaufgabe gefunden. Ich war auserwählt!

Auserwählt, der Welt und meinen Mitmenschen die frohe Kunde des Rock-‘n‘-Roll zu bringen!

Und an diesem Gefühl, dieser Leidenschaft für diese Musikrichtung hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Heute spiele ich den Rock-‘n‘-Roll nicht nur, ich lebe ihn!

Und das hört man meiner Musik an. Ich mache Musik mit weit mehr als nur Leidenschaft. Ich liebe den Rock-‘n‘-Roll und er liebt mich.

Ich begann also diesen Lauf des „Red River Rocks“ wie ein Besessener immer und immer wieder zu üben und den Komponisten dieses Songs sei herzlich gedankt, dass sie dieses Instrumental in C geschrieben haben, so hatte ich keine größeren Schwierigkeiten diesen Song zu spielen. Lange Zeit.

Es war übrigens der erste Song, den ich live auf einer Bühne gespielt habe. Allerdings in einer drei stimmigen Gitarrenversion. Mit einer Band namens „Red Willy & The Arrows“. Der Name kam nicht von ungefähr, denn eine Ähnlichkeit mit „Johnny and The Hurricanes“ war sicher vorhanden, wenn auch nicht beabsichtigt. Der Name fiel einem Mitschüler in meiner Klasse in der Kerschensteiner Gewerbeschule am Isartor ein, den ich mal fragte, wie er denn eine Rock-‘n‘-Roll-Band nennen würde und mir, ohne dabei meinen Vornamen zu wissen, wie aus der Pistole geschossen antwortete: Red Willy & The Arrows. Diesem Mitschüler, der ein 15-jähriger jüdischer Junge aus Bad Tölz war und an dessen Namen ich mich gar nicht mehr erinnern kann, habe ich den Bandnamen und meine erste Schallplatte unter diesem Namen zu verdanken.

Und schon drohte der erste „Gig“. Damals ging das noch leichter! Heute versucht ja jeder, der nicht singen und noch schlechter spielen kann, irgendwo Auftritte zu ergattern. Damals nicht. Da gab es noch wahre Künstler.

Der erste Gig war in einer kleinen Disco in einem kleinen Ort namens Steinhöring. Diesen Ort kannte ich ja bereits genügend aus meiner Kindheit, als ich meine Tage dort in dem Kinderkrankenhaus fristen musste. Es war ausgleichende Gerechtigkeit, dass ich nun in anderen, weit angenehmeren Angelegenheiten zurückkehren durfte. In eine Diskothek, eher eine Bar, deren Name „Poststadl“ war.

Wir bekamen dort einen Auftritt, weil unser Gitarrist, der Hoferer Adi, dort gute Beziehungen zum damaligen Discobesitzer, dem „Weissilli Wintergerst“ hatte. Der Spitzname war eine Kombination aus seinem Nachnamen, gemixt mit einem russischem Märchen. Für uns war es nach sechs Wochen harten Übens endlich der ersehnte Schritt auf die Bühne. Im Nachhinein klingt das völlig übertrieben, denn die Bühne war eigentlich nur ein Treppenabsatz zu den Toiletten.

Nun gut. Der erste Gig war in greifbarer Nähe, wir beherrschten unser Programm, luden die Verstärker und Instrumente ein und los ging’s. Viel hatten wir ohnehin nicht. Jeder besaß einen kleinen Fender „Twin Reverb“ und wir hatten eine LEM Gesangsanlage, ein fürchterliches „Glump“, mit Bandecho und zwei Shure Mikrofonen. Außerdem unsere Gitarren, ja, und nicht zu vergessen, unseren Schlagzeuger Silvio Schramm mit seinem zum Teil gestohlenen Schlagzeug.

Los ging’s. Wie gesagt, die erste Nummer war dann tatsächlich „Red River Rock“. Vor 297 zahlenden Gästen. In einer Kneipe, die für 100 zugelassen war. Man wollte uns sehen oder wahrscheinlich sehen, wie wir uns blamieren, denn ein jeder von uns war bekannt. Nicht als Musiker, doch das erzähle ich später noch ausführlicher, wenn es um den Straftatbestand des Musikmachens geht.

Gut, die erste Nummer haben wir perfekt gespielt. Das war ja auch nicht anders zu erwarten bei uns „Profis“! Doch dann kam die Überraschung: Einer, der vor der „Bühne“, also nur 15 cm tiefer als wir, gestanden hat, ging auf dem Treppenabsatz auf die Knie, streckte die Hände zum Himmel, der voller Rauch und Qualm war und eher der Hölle glich, und rief „Zugabe, Zugabe, Zugabe“! Und das bereits nach der ersten Nummer!

Wir waren angekommen. Ich war angekommen. Ich befand mich im Rock-‘n‘-Roll-Himmel! So, Elvis, Slade und andere Verfechter lauter Musik, ab jetzt habt ihr Konkurrenz aus Bayern!

Wir spielten fünfzehn Songs und mussten dann das Konzert wiederholen, weil uns die Leute nicht von der Bühne gehen lassen wollten.

Die Krönung war, dass anschließend ein Mann auf uns zukam, der aussah wie „Grizzly Adams – Der Mann aus den Bergen“ und meinte: „Hallo, war ja ein Mega-Gig! Ich bin Plattenproduzent und würde gern eine Platte mit euch machen!“ Es war Peter „Moses“ Steyrer. Talentscout für Ralph Siegel und Plattenproduzent.

Geht noch mehr Rock-‘n‘-Roll? Ich glaube nicht. Ich war (wir waren) angekommen. Die „Karriere“ hatte ihren Anfang genommen.

Wild Willy Westbahn -the Guitar Highlander

Подняться наверх