Читать книгу Der geheimnisvolle Sekretär - Wilotte Wiegand - Страница 6
4. Kapitel
ОглавлениеAm nächsten Morgen waren Werner, der Niederbayer und Helmut, der Oberbayer (auf diese genauen Bezeichnungen wird in Bayern Wert gelegt) gegen 9 Uhr aufgestanden. Sie hatten geduscht und das Frühstück war von den beiden Junggesellen schnell hergerichtet.
„Werner, wenn du mal in meine Nähe kommst … hier ist meine Karte!“, hatte Helmut seinen neuen Freund zu einem Gegenbesuch eingeladen.
„Danke, Helmut. Spätestens beim Rückspiel werde ich sicherlich von deiner Einladung Gebrauch machen.“
Und mit einem leichten, ironischem Lächeln fügt er hinzu: „Soll ich der Daniela einen Gruß von dir ausrichten…?“
Auch Helmut fällt in dieses leichte Grinsen ein und zögert einen Moment, bevor er zu einer Antwort fähig ist.
„Na… Das war doch nur ein kurzer Moment…! Leider…!“
„Aber gefallen tat sie dir scho…!“
„Ja, mei…!“, ist die typische emotionale Antwort eines Bayern, der nicht weiß, was er zu einer Situation sagen soll.
Es gab noch einiges Wichtigeres zu bereden, ehe sich Helmut mit einem festen Händedruck und einer kurzen Umarmung von Werner verabschiedet.
Beide spürten, dass hier eine neue Freundschaft entstehen könnte.
Aber beide wussten auch: Die Zeit und die Entfernung heilt alles…
Dann steht Helmut vor seinem Auto, einem Kombi und ist dabei, seine Sachen zu verstauen.
Plötzlich und völlig unerwartet steht der alte Mann vom gestrigen Abend neben ihm. Schlampig wie am gestrigen Abend aber mit seinem abgegriffenen ledernen Cowboy-Hut.
„Der scheint keine feste Bleibe zu haben“, denkt Helmut. „Genauso ungepflegt, wie gestern…!“
Doch mit der ihm eigenen Höflichkeit wendet er sich dem „Alten“ zu.
„Hallo, Alter!“, lacht Helmut den Alten dann an. „Entschuldige, dass ich dich so anrede, aber ich kenne ja deinen Namen nicht.“
„Passt scho, Münchner“, grummelte der Alte zurück. „Ich hab` g`hört, dass du alte Möbel suchst. Ich hätt'` da was für dich.“
Sofort ist Helmut ganz Ohr. Sollte er doch noch das Glück haben, endlich wieder einmal ein altes Möbelstück zu ergattern!
„Was hast du denn Schönes? Und wo?“, fragt Helmut etwas verwirrt, denn er kann rundherum nichts entdecken.
„Fahr`n wir zu mir hoam. Da zeig ich dir das.“
„Ok, Alter. So viel Zeit muss sein! Steig ein!“
Der Alte zeigt Helmut den Weg, der zu einem kleinen, alten Haus am Rande der Siedlung unterhalb des Ortes führt. Als Helmut in das Haus eintritt, sieht er sofort einen wunderbaren alten Sekretär, der irgendwie überhaupt nicht in den Raum passt.
„Das iss`es!“, sagt der Alte und zeigt tatsächlich auf dieses wunderbare Möbelstück.
Mit steigender Begeisterung schaut Helmut sich das alte Möbel an. Mit einem Anflug von Zärtlichkeit streichelt er immer wieder über das alte Holz. In seinen Gedanken lebte Holz. Und dieser Sekretär strahlte Leben aus. Für ihn lebte Holz auch dann noch, wenn es als ein Möbelstück vor ihm stand.
„Was willst du denn dafür haben?“, fragt Helmut endlich und sehr vorsichtig.
„Mach mir einen guten Preis, Münchner. Und b`scheiss mich nicht!“
„Das ist ein sonderbarer Handel!“, denkt sich Helmut verblüfft „Wenn ich das Stück renoviert habe, bekomme ich gut und gerne 5000 Euro dafür!“
„Woher hast du das Stück?“, fragt er behutsam und neugierig.
„An` oid`s Erbstück“, brummelt der Alte abweisend. „Ebbs guat`s!“
„Ich will ehrlich zu dir sein, Alter. Das Stück ist viel zu wertvoll, als dass ich es so einfach mitnehmen würde.“
„Wenn`st es nicht ham` willst, kauft es halt der Trödler in Passau!“
Das klang Helmut wie eine Drohung in den Ohren. Nein! Wenn es der Alte denn um jeden Preis verkaufen wollte, dann konnte er den Sekretär auch nehmen.
„In Ordnung“, sagt er deshalb. „Ich gebe dir tausend Euro! Ist dir das recht?“
Helmut kann sehen, wie der Alte bei diesem Angebot ein paar Mal schluckt. Jedenfalls zeigt das sein hüpfender Adamsapfel.
„Ich wusste, dass du mir einen guten Preis machen würdest. Hab`s glei g`sehn, dass`t a guater Mensch bist.“
Mit einem Handschlag wird der Handel besiegelt und Helmut ist froh, dass er für alle Fälle einiges Geld eingesteckt hatte.
Zur Freude von Helmut passt der Sekretär gerade noch in seinen Kombi.
Vorsichtig, mit vielen Decken für die Kanten, verstaut er das wertvolle Stück Möbel.
Unbewusst eilig, macht er sich auf den Heimweg. Und als er durch Passau fährt, denkt er belustigt: „Der Trödler hier hätte ihm bestimmt nicht den Preis geboten!“