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Die Selbstsicherheit vergangener Tage war verschwunden. Franz Fabricius wirkte wie ein Gehetzter, der keinen Ausweg wusste.

„Du musst mir helfen, Erich“, beschwor er den Mann im Overall.

„Wie stellst du dir das vor, Fabricius?“, fragte Erich Keller. „Wenn du aus Berlin herausmöchtest, bleibt dir nur eine Möglichkeit.“

„Mir genügt eine. Welche ist es?“

„Du musst dir einen Ballon suchen und in der Nacht in Richtung Westen starten. Oder du hast ein Privatflugzeug und fliegst unter dem Radar der Russen durch.“

Franz Fabricius sank in sich zusammen. „Du lässt mich also im Stich? Und ich dachte, wir wären Freunde.“

„Das sind wir auch, Fabricius“, versicherte der Kleinere und wischte sich die öligen Hände an seiner Montur ab. „Das sind wir. Aber auch Freunde können keine Wunder vollbringen. Du hättest dich gleich nach der Sache mit Gerstner aus dem Staub machen müssen.“

Der Croupier sah den Freund fassungslos an. „Du sagst das, als würdest du mich auch für den Mörder halten, Erich.“

Der andere musterte ihn ungeniert. Dann grinste er breit. „Bist du es nicht, Fabricius?“

Franz Fabricius schüttelte beinahe entsetzt den Kopf. „Ich schwöre es dir.“

Erich Keller winkte ab. „Gib mir für jeden Meineid, der in dieser Stadt geschworen wurde, eine Mark, und du kannst meine Pension mitsamt der Tankstelle haben. Ich habe dann ausgesorgt.“

„Du glaubst mir also nicht?“

Erich Keller wurde wieder ernst. „Doch, ich glaube dir, Fabricius. Wenn du einem Freund versicherst, dass du weder Gerstner noch Lohmüller abgeknallt hast, dann glaube ich dir, auch wenn ich dir sagen muss, dass trotzdem eine ganze Menge gegen dich spricht.“

„Das weiß ich selbst“, brauste der Blonde auf. „Das ist ja auch der Grund, warum ich gar nicht erst auf die Polizei gewartet, sondern mich gleich verdrückt habe, nachdem ich die Leiche von Norbert Gerstner entdeckt habe. Was hätte ich denn tun sollen? Auf meine Verhaftung warten?“

„Das wäre zumindest klüger gewesen.“

„Quatsch! Damit hätte ich mich freiwillig ans Messer geliefert. Bildest du dir etwa ein, die Polizei macht sich die Mühe, nach einem anderen Mörder zu suchen, wenn sie schon einen Verdächtigen hat, gegen den erdrückende Zeugenaussagen vorliegen?“

„Du scheinst keine gute Meinung von unserer Polizei zu haben.“

Franz Fabricius lachte verächtlich auf. „Das kann sich nur einer leisten, der nicht unter Mordverdacht steht. Ich gehöre leider nicht zu diesen Glücklichen. Wirst du mir nun helfen, Erich?“

Der Mann im Overall sah den Freund irritiert an. „Aber ich habe doch gerade versucht, dir klarzumachen, dass es unmöglich ist, unbemerkt aus der Stadt herauszukommen.“

„Unmöglich ist nichts, es hat nur alles seinen Preis.“

„Jetzt verstehe ich.“

„Nichts verstehst du. Ich will nicht fort. Darum geht es mir nicht.“

„Nicht? Worum geht es dir sonst?“

„Ich will, dass der wirkliche Mörder gefunden wird. Solange dies nicht der Fall ist, bleibe ich ein Gejagter. Das ist kein Leben für mich.“

Erich Keller wehrte entsetzt ab. „Du kannst schließlich nicht von mir verlangen, dass ich Jagd auf einen Killer mache, Fabricius.“

„Ich verlange gar nichts von dir. Ich bitte dich nur. Ich kann mir selbst nicht helfen, weil ich mich verstecken muss. Wo ich mich verkrieche, sage ich dir nicht, damit dieses Wissen dich nicht gefährdet. Aber wenn du deine Augen und Ohren offenhältst, wirst du wahrscheinlich manches erfahren, wovon die Polizei nichts wissen und was sie auch gar nicht hören wollen. In deine Pension kommen viele Leute, die dann ins Casino oder das Varieté wollen. Man spricht von den beiden Morden in der ganzen Stadt. Jeder, der bei dir absteigt oder auch nur seinen Wagen volltanken lässt, kann irgendeine wichtige Information für uns haben. Du musst mit den Leuten reden, sie aushorchen. Du weißt, wie viel für mich davon abhängt, dass wir den tatsächlichen Mörder finden.“

„Das weiß ich, Fabricius. Und du brauchst mich auch nicht erst daran erinnern, was ich dir verdanke.“

„Das ist nicht der Grund, warum ich mich an dich wende, Erich.“

„Ist schon klar. Wir sind Freunde, und Freunde müssen sich helfen. Trotzdem ist mir nicht wohl bei der Geschichte. Immerhin haben wir es mit einem Mörder zu tun. Wenn es sein muss, schreckt der auch vor einem dritten Mord nicht zurück.“

„Da brauchst du keine Angst zu haben, Erich. Dem Halunken kann es nur recht sein, dass die Polizei mich verdächtigt. Würde dir etwas zustoßen, müsste sich der Verdacht automatisch von mir abwenden. Daran kann er nicht interessiert sein.“

Erich Keller überlegte.

Was Franz Fabricius sagte, klang überzeugend. Viele wussten, dass Fabricius und er eng befreundet waren. Nicht erst seit der Zeit, als Fabricius ihn aus dem Dreck geholt und geholfen hatte, eine Existenz aufzubauen. Aber lag nicht gerade darin die tödliche Gefahr?

Mord ist kein Glücksspiel: Berlin 1968 Kriminalroman Band 35

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