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Populismus: Techniken der Verhetzung

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Man nannte sie früher Demagogen, d.h. Aufwiegler, heute wird Volksverhetzung mit dem Wort Populismus umschrieben und verharmlost. Die Erscheinung selbst, Stimmung für politische Interessen zu machen und dazu Ressentiments zu stimulieren, die Sachverhalte vereinfachen und verallgemeinern, Schuldige denunzieren und damit vermeintliche Erklärungen für komplizierte Probleme anbieten, ist nicht neu. Adolf Hitler predigte in den Anfängen der NSDAP nach dem Ersten Weltkrieg seinen von Ängsten geplagten Zuhörern, dass die Juden an Deutschlands Unglück schuld seien, dass die Deutschen mehr Lebensraum bräuchten und dass „Rasse“ und „Volksgemeinschaft“ die höchsten Werte und dass „Fremde“ gefährlich seien.

Die Gefolgschaft der Populisten, die Pegidademonstranten und die Wähler der AfD legen Wert auf bürgerlichen Habitus und sie wollen sich nicht als rechtsextrem beschimpfen lassen. Aber auch sie sollten begreifen, dass die Lehren aus der Katastrophe des Nationalsozialismus für den Umgang mit allen Minderheiten gelten müssen. „Fremde“ dürfen nicht als Störenfriede spießbürgerlichen Behagens und dumpfpatriotischen Selbstgenügens stigmatisiert werden. Der Pogrom von Rostock-Lichtenhagen im Stress der Wende 1992 war ein Menetekel. Brennende Wohnheime von Asylbewerbern, grölende und gegen verängstigte Flüchtlinge pöbelnde Dorfbewohner wie in Clausnitz, jubelnde Fremdenfeinde in Bautzen, die Feuerwehrleute am Löschen einer brennenden Flüchtlingsunterkunft hindern wollen sind Zeichen einer vom Populismus geschürten Menschenfeindlichkeit, die zutiefst erschreckt.

Rechtspopulisten, die sich in Sekten zusammenfinden und wieder auseinanderlaufen, die sich spalten und neue Bünde gründen, sind nicht „das Volk“. Sie sind randständig, bieten aber dem Rechtsextremismus das Einfallstor und kultivieren die Schmähung des Gegners anstelle von Diskurs, genügen sich in stummer Verweigerung, statt Argumente auszutauschen und pflegen Gemeinsamkeit durch Hasstiraden. Die Abwesenheit jeder konstruktiven Idee ist ersetzt durch stumpfes Bramarbasieren und Wutgeheul. Für Pegida-Mitläufer wie für Anhänger der „Alternative für Deutschland“ und ähnliche Gruppierungen im bürgerlichen Gewand, die sich nicht als Rechtsradikale verstehen und die nicht Neonazis genannt werden wollen, gilt: Mit Hassparolen wird man kriminell, Volksverhetzung, Beleidigung, Rassismus ist nicht Politik sondern von Demagogen gesteuerte Pöbelei.

Was also ist Populismus und wo geht er in politischen Extremismus über? Angesichts der nationalromantischen und xenophoben Tiraden der Demagogen von Pegida und AfD, angesichts der Bereitschaft im Publikum, den Parolen zu folgen und irrationales Wutmenschentum auszuleben, ist die Frage nach der Gefahr des Rechtspopulismus für die Demokratie leicht zu beantworten. Das gab es auch schon einmal, Chauvinisten im Gehrock und Antisemiten mit guten Manieren. Sie bildeten die Deutschnationale Volkspartei des Geheimrats Hugenberg und richteten die Weimarer Republik zugrunde. Man war bürgerlich und nationalkonservativ, berauschte sich an nationalen Phrasen (die immer fremdenfeindlich sind) und verhalf Hitlers NSDAP in den Sattel.

Gegen irrationale Demagogen hilft nur Vernunft. Notwendig ist Aufklärung mit dem Ziel, Einsicht in schwierige Zusammenhänge zu gewinnen, um rational mit Problemen umzugehen, auf Vernunft und Logik gegründete Politik zu treiben und zu verstehen. Das ist immerwährendes Gebot des Zusammenlebens. Aufklärung ist eine Haltung, kein schnell wirkendes Wundermittel. Gegen den Krakeel Ratloser, Verführter, habituell Unzufriedener, die sich von Populisten gängeln lassen, hilft keine einmalige Anstrengung, kein „Aufstand der Anständigen“, kein Ruck, keine Aufwallung, sondern nur stetige und alltägliche Aufklärung als demokratisches Prinzip. Das ist mühsam, aber erfolgreich, wie die bisherige deutsche Geschichte nach Hitler lehrt. Vernunft muss allerdings jeden Tag aufs Neue durchgesetzt werden.

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