Читать книгу Cashbook - Wolfgang Deutschmann - Страница 19
WER ICH BIN
ОглавлениеIch habe mich im Learning-by-doing-Verfahren mit dem Geldverdienen in den sozialen Medien vertraut gemacht. Dass ich jetzt andere Unternehmer bei ihren Social-Media-Auftritten betreue, ist fast so etwas wie eine Lebensaufgabe für mich. Denn schon als Schüler einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) in Kaindorf an der Sulm fiel mir auf, dass es viele geniale Ideen gibt, die sich nicht durchsetzen, weil es ihre Erfinder nicht schaffen, Geld damit zu verdienen. Das kann doch nicht sein, dachte ich mir bereits mit 18 und erahnte in der Finanzierung beziehungsweise Monetarisierung solcher Ideen einen Markt.
Noch vor meinem Schulabschluss, in den letzten Sommerferien, gründete ich mit meinem Sitznachbarn ein Unternehmen, mein erstes von bisher insgesamt zwölf. Mein Zeugnis über den Abschluss der fünften HTL-Klasse habe ich bis heute nicht abgeholt, weil ich an dem Tag beruflich zu tun hatte. Wir befassten uns mit der Versorgung von Gebäuden mit selbstproduzierter Solarenergie in Form von Strom, mit Photovoltaik-Anlagen also. Diese Industrie boomte damals aufgrund großzügiger, staatlicher Förderungen.
Wir recherchierten intensiv alle damals teilweise noch neuen und für Grundstückseigentümer oft schwer nachvollziehbaren Förderdetails und sprachen mit potenziellen Interessenten und Investoren. Dank unseres Engagements und unserer technischen Expertise in Sachen Photovoltaik, die wir in der HTL mitbekommen hatten, bekamen wir unsere ersten Aufträge. Im Grunde ging es uns darum, in Kenntnis der Förderrichtlinien und versteckter Kosten die Rendite solcher Anlagen exakt festzustellen und anschließend zu optimieren.
Irgendwann bekamen wir den Auftrag, ein Bürgerbeteiligungsmodell für so eine Photovoltaik-Anlage zu konzipieren. Für uns war es naheliegend, das über eine Website zu organisieren, auf der sich interessierte Kleininvestoren anmelden konnten. Schließlich waren wir zu zweit und hatten gar nicht die Ressourcen, ein solches Projekt ohne digitale Unterstützung zu organisieren. Ein paar Zeitungen berichteten darüber und wir konnten unser Modell fünf Gemeinden präsentieren.
Nachdem wir binnen eines Monats rund 300.000 Euro für die Finanzierung von Photovoltaik-Anlagen gesammelt hatten, wies uns jemand darauf hin, dass es sich bei unserem »digitalen Modell« um keine Bürgerbeteiligung, sondern um »Crowdfunding« handelte. Crowdfunding? Wir hatten schon davon gehört, wussten aber nicht genau, was das sein sollte. Wir googelten den Begriff und stellten fest, dass der Hinweis stimmte. Was wir machten war tatsächlich eine Art von Crowdfunding.
Von nun an kümmerten wir uns um die Finanzierung aller möglichen guten Ideen mittels Crowdfunding. Es ging um einzelne Hallen für expandierende Firmen oder um junge Start-ups mit guten Ideen. Wir spezialisierten uns auf nachhaltige Projekte, erneuerbare Energien, Umwelt, Mobilität und Gesundheit und nannten die Plattform, über die wir das alles abwickelten, GREEN ROCKET.
Wenn du Ambitionen und Visionen entwickelst, die nicht alle verstehen, stößt du immer auch auf Missgunst. Oft genug hörte ich, wie dumm es wäre, an solchen Projekten zu arbeiten. Crowdfunding, das sei ein Minderheitenprogramm, und wenn es doch funktionieren würde, würde es bald hunderte andere Anbieter geben und wir beiden blutjungen Anfänger würden untergehen. Und dann auch noch so eine Nische wie Nachhaltigkeit. »Besser, ihr lasst es gleich bleiben«, sagten uns die meisten.
Du wirst als sehr junger Gründer nicht gerade unterstützt, vor zehn Jahren noch viel weniger als heute, und es war nicht leicht, das alles zu ignorieren. Aber wir blieben dran, und zwar mit einer Ansage gegenüber möglichen Partnern, Auftraggebern und Kunden, die gut funktionierte und die ich dir, wenn du dein unternehmerisches Glück jetzt in den sozialen Medien versuchst, ans Herz legen möchte:
»Wir haben kein Geld, aber wir haben eine Idee, für die wir brennen. Und in Zukunft werden wir auch Geld haben.«
Langsam kam alles ins Rollen. Unser unschuldiges Erscheinungsbild und unser jugendlicher Charme, beides kombiniert mit dieser Ansage, halfen uns. Doch vor allem brachten uns unsere Begeisterung für unser Vorhaben, unser Mut und unsere akribische, ausdauernde Arbeit weiter.
Als wir zum Start von GREEN ROCKET auch noch ein Foto des damaligen österreichischen Umweltministers, Nikolaus Berlakovich, samt Statement und Interview auf der Startseite unserer Website vorweisen konnten, war für einen Raketenstart alles perfekt. Wir hatten nun eine Art Trust-Siegel, mit dem Startup SunnyBAG einen coolen, ersten Kunden und wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, hat sich Nachhaltigkeit durchgesetzt.
Damals waren auch viele sogenannte »Hipster-Startups« entstanden, über die mittlerweile niemand mehr spricht und die inzwischen so gut wie alle pleite sind. Die nachhaltigen Firmen, um deren Finanzierung wir uns kümmerten, sind vielleicht nicht binnen Monaten oder Jahren auf das Hundertfache ihres Wertes explodiert, aber zu neunzig Prozent gibt es sie noch immer und eine ganze Menge Menschen leben von ihnen. Bis heute haben wir mehr als 30.000 Investoren über das Internet gewonnen und sind mit insgesamt mehr als neunzig Millionen Euro an Investments in Österreich der größte Betreiber von Crowdfunding-Plattformen. Wir finanzieren mittlerweile nicht nur Start-ups, sondern über HOME ROCKET auch Immobilienprojekte und Wachstumsvorhaben etablierter Unternehmen über LION ROCKET.