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Candle 4 - Kolonie Nieuw Nederland

1623, Regierungszeit von König Jakob I von England und den Staaten Generaal der Republik der vereinigten Niederlande.

Die Stadt New York kennt wahrscheinlich jeder und weiss auch, dass sie im gleichnamigen Bundesstaat New York gelegen ist. Gegründet wurde sie vor fast 400 Jahren allerdings als Nieuw Amsterdam in der niederländischen Provinz Nieuw Nederland. Ein Rückblick auf eine 40 Jahre (1624 bis 1664) währende niederländische Koloniegeschichte. 2

Ab ca. 1100 wurde das Gebiet, das heute Belgien und die Niederlande umfasst, als terra inferior, niederes Land, bezeichnet.

Seit 1556 war es Teil des Habsburger Reiches in der spanischen Linie. Ab 1567 versuchten die Niederländer, die Spanier zu vertreiben. Sieben Provinzen, Frisia, Groningen, Overijssel, Holland, Gelderland, Utrecht und Zeeland, schlossen sich zu den Staaten Generaal zusammen.

1648 wurde (als Teil des westfälischen Friedens) die Republik der Vereinigten Niederlande von Spanien anerkannt. Das heutige Königreich der Dynastie Oranje-Nassau existiert erst seit 1815.

Die Geschichte der Stadt Amsterdam ist seit etwa 1150 greifbar. Dort wurde 1595 die Nieuw Compagnie op der Vaart op Oost-Indie gegründet, besser bekannt als Verenigde Oostindische Compagnie, VOC.

1602 wurden in Amsterdam die ersten Aktien dieser Gesellschaft ausgegeben. Wahrscheinlich war dies auch die erste Aktiengesellschaft und die erste Aktienbörse der Welt. Geleitet wurde die Compagnie von 17 Gouverneuren, genannt de Heren XVII (seventien).

Nach dem Vorbild der VOC, die bereits selbst in Nordamerika tätig war, wurde 1621 die Verenigde Westindische Compagnie, kurz WIC, gegründet. Hier lag die Leitung bei 19 Gouverneuren.

Beide Compagnien erhielten, wie auch in anderen europäischen Staaten üblich, vom Staat Handelsmonopole. Die WIC erhielt das Handelsmonopol für Süd- und Nordamerika. Geplant war der Pelzhandel, der Karibikhandel und der Handel mit afrikanischen Sklaven.

Das Monopol beinhaltete neben dem Exclusivrecht auf den Handel auch das Recht zur Landnahme, zur Kriegsführung, zur Zivilverwaltung des Gebiets und zur Rechtsprechung.

In Nordamerika waren zu dieser Zeit bereits Spanien (um 1513 v.a. durch Ponce de Leon, von Florida aus), Frankreich (ab ca 1562) und England (Jamestown, Virginia, 1607) aktiv in Handel bzw. Koloniserung.

Die ersten niederländischen Erkundungen begannen -noch durch die VOC- ab 1609 in einem Gebiet, das Teile der heutigen Staaten New York, Connecticut, New Jersey, Delaware, Maryland und Pennsylvania umfasst.

Der englische Kapitän Henry (auf niederländisch: Hendrick) Hudson (~ 1570 bis vermutlich 1611, bei einer Meuterei verschollen) erkundete im Dienst der VOC mit dem Schiff Halve Moen (Half Moon) die nördliche Ostküste. Bereits 1587 war er Teilnehmer einer englischen Expedition unter Kapitän John Davis gewesen, die einen nördlichen Seeweg nach Indien suchte, die sogenannte Nordwestpassage. Danach war er von 1607 bis 1609 Kapitän für die englische Muscovy Company im Russlandhandel gewesen.

Auch für die VOC sollte er 1609 die Nordwestpassage suchen. Dabei kartographierte er auch einen Fluss, den die dort lebenden Mahican als Mahicannituck (Wasser, das immer fliesst) bezeichneten. Hudson trug ihn als Noord Rivier in seine Karte ein und benannte ihn später als Mauritius Rivier, zu Ehren von Maurits von Nassau, Prince van Oranje, einem der Heren 17. Heute trägt dieser Fluss seinen Namen, Hudson River. Weiter nördlich erkundete er auch das Gebiet im heutigen Kanada, das wir als Hudson's Bay kennen.

Ab 1612 begannen, auch noch durch die VOC, regelmässige Handelsfahrten von Amsterdam nach Nordamerika, beginnend mit dem Kapitän Arnout Vogels. Kapitän Adriaen Block war 1614 wohl der erste, der für das Gebiet zwischen der französichen Kolonie Quebec (heute Kanada) und dem englischen Virginia die Bezeichnung Nieuw Nederland verwendete. In diesem Jahr wurde auch der befestigte Posten Nieuw Amsterdam errichtet.

Die offizielle Gründung von Nieuw Nederland als Provinz erfolgte 1623, nun bereits durch die WIC. Ab 1624 begann eine planmässige Besiedelung. Siedler waren vor allem Wallonen, die aus den -damals vorübergehend wieder spanischen- südlichen Niederlanden (heute Belgien) geflohen waren.

1624 wurde Nieuw Amsterdam auch offiziell der Verwaltungssitz für die Provinz Nieuw Nederland.

Dafür kaufte die WIC 1626 die Insel zwischen Noort- und Oost-Rivier (Hudson River und East River) von den dort lebenden Lenni Lenape (auch bekannt als Delawaren), die diese Mannahattan, Hügeliges Land, nannten.

Es wird gerne die Geschichte erzählt, Peter Minuit, von 1626 bis 1632 der dritte Gouverneur oder Director Generaal der Provinz, hätte die Insel für 60 Gulden von der Canarse Band der Lenni Lenape erworben. Das wären nach heutiger Kaufkraft etwa 1200 amerikanische Dollar.

Tatsächlich findet man keine beweiskräftigen Unterlagen darüber, wie dieser Handel abgewickelt wurde. Weder im Archiv der ehemaligen WIC in Amsterdam noch in erhaltenen Unterlagen von und über Peter Minuit ist er erwähnt. Lediglich im Staatsarchiv von Den Haag gibt es einen Bericht, datiert vom 5.11.1626, verfasst von Pieter Schagen. Darin teilt dieser den Staaten Generaal, also dem niederländischen Kongress, mit, dass Minuit die Insel Manhattan für die WIC erworben hat. Weiteres enthält dieser Bericht nicht. Pieter Schagen war damals sowohl Mitglied des Kongresses als auch, als dessen Repräsentant, einer der Heren XIX, also des Führungsgremiums der WIC.

Wir können als sicher annehmen, dass die Niederländer von einem Landkauf eine andere Vorstellung hatten als die Lenni Lenape. Diesen war die Vorstellung, jemand könne Eigentümer eines Landes sein, völlig fremd. Vermutlich gingen sie davon aus, dass sie den Niederländern lediglich ein Nutzungsrecht an der Insel eingeräumt hatten.

Dennoch bleibt für uns der Name Peter Minuit dauerhaft mit dem Kauf von Manhattan verbunden.

Peter Minuit lebte von 1580 bis 1638. Er war Wallone aus den damaligen Süd-Niederlanden, heute Belgien. Die Familie war protestantisch und emigrierte nach Wesel (heute Deutschland) um der religiösen Verfolgung in der damals spanischen katholischen Provinz Süd-Niederlande zu entkommen. Vermutlich hat Peter Minuit den Beruf des Diamantenhändlers ausgeübt, Einzelheiten sind darüber nicht bekannt. 1621 oder 1622 trat er in die neugegründete WIC ein. 1626 wurde er von ihr nach Nieuw Nederland abgeordnet mit dem Auftrag, neben dem Pelzhandel andere Handelsmöglichkeiten zu entwickeln und zu prüfen, welche Artikel aus den Niederlanden gewinnbringend nach Amerika exportiert werden könnten.

1626 trat er die Nachfolge von Willem Verhalst als Director Generaal an und hatte diese Position bis 1632 inne. Er installierte erstmals einen Beirat von fünf Personen und einem Staatsanwalt, die dem Director beratend zur Seite standen.

Wie bei allen Weissen, die sich in Nordamerika engagierten, muss man auch bei dem Thema der niederländischen Aktivitäten das Verhältnis zu den ursprünglichen Einwohnern, den Indianern, bedenken.

Anders als z.B. bei den Engländern waren die niederländischen Unternehmungen nicht auf Besiedelung im Sinne von Lebensraumgewinnung angelegt. Die Absicht der WIC war der Handel, nicht die dauerhafte Ansiedlung von Bauern oder Handwerkern. Die von den englischen Siedlern betriebene planmässige Ausrottung der Ureinwohner lag den Niederländern fern, da sie ja nicht deren Land wollten, sondern deren Handelsgüter. Allein 1648 wurden in Manhattan ca. 80.000 Biberfelle umgeschlagen. Dabei waren nur sehr wenige niederländische Trapper beteiligt; der grösste Teil wurde von den Indianern erhandelt.

Somit wurden die Indianer von der WIC als exotische Handelspartner gesehen. An ihrer Kultur waren die Niederländer nicht interessiert, auch nicht daran, ihnen die niederländische Lebensweise aufzuzwingen und schon gar nicht irgendeine christliche Religion. Der ausdrückliche Hinweis, dass Missionare unerwünscht seien, da sie Unruhe in die Beziehungen zwischen Indianern und Weissen brächten, findet sich in diversen Schriftwechseln der Gouverneure mit der WIC-Zentrale in Amsterdam. Die Niederländer verfolgten also grundsätzlich eine Politik des leben und leben lassen ohne imperialistische Strategien. Allerdings stellte einer der Gründer der WIC, Willem Usselincx, ein Konzept für eine Kolonisierung vor. Er konnte sich damit aber bei den Heren XIX nicht durchsetzen.

Die in der Provinz ansässigen Indianer, teils Algonkin, teils Irokesen, hatten untereinander kein friedliches Verhältnis. Auch versuchten andere europäische Akteure, vor allem Engländer, einzelne Gruppen gegen die WIC aufzuhetzen.

Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass die Niederländer sich im Verhältnis zu den Einheimischen als tolerante Gutmenschen benommen hätten. Diebstähle und Vertragsbrüche seitens der Indianer zogen meist Strafexpeditionen der WIC nach sich.

Manche Chroniken berichten, dass schon Hendrick Hudson ein sehr arrogantes Auftreten den Lenni Lenape gegenüber hatte. Auch der grundlose Krieg des vorletzen Director Generaal, Willem Kieft (1638 bis 1647) gegen die Indianer ist ein Negativbeispiel.

Alkohol, hier vor allem Jenever, als Handelsgut war von der WIC verboten. Viele Händler hielten sich jedoch nicht an dieses Verbot, natürlich auch, weil die Nachfrage seitens der einheimischen Handelspartner hoch war.

1658 wurde in England nach dem Tode Oliver Cromwell's und dem Ende der Republik Charles II König. Bei ihm wurden englisch-amerikanische Kolonisten vorstellig, angeführt von John Winthrop, dem Gouverneur der Kolonie Connecticut. Sie forderten, die englische Krone solle die niederländischen Konkurrenten aus Amerika vertreiben. Allerdings hatte Charles wichtigere Projekte und wollte sich mit diesem Thema nicht befassen. Selbstverständlich ging er aber davon aus, dass die von den Niederländern beanspruchten Gebiete tatsächlich zu England gehörten.

Er schenkte diese Gebiete seinem Bruder James, dem Herzog von York, der später als James II selbst König werden sollte.

Dieser rüstete vier Kriegsschiffe aus und liess Nieuw Amsterdam angreifen.

Den Niederländern wäre es nicht schwer gefallen, den Angriff abzuwehren und der damalige Gouverneur Pieter Stuyvesant, ein erfahrener Kämpfer, unternahm auch alles dazu. Allerdings hatte James von York den Kaufleuten zugesagt, dass sie ihren Handel ungestört, und für eine Übergangszeit auch noch nach niederländischem Recht, weiterführen könnten; mit England als zusätzlichem Handelspartner. Dies überzeugte die Kaufmänner. Sie stellten den Handel bei weitem über jede Politik und versagten ihrem Gouverneur die Unterstützung.

Am 6.9.1664 musste Pieter Stuyvesant kapitulieren und sowohl Ort und Festung Nieuw Amsterdam als auch die gesamte Provinz Nieuw Nederland an die Engländer übergeben.

Zu Ehren des neuen Eigentümers, des Herzogs von York, erfolgte die Umbenennung der Stadt in New York. Kurz darauf wurde die nun englische Kolonie zunächst New Yorkshire, später New York benannt.

Die kriegerischen Auseinandersetzung waren damit jedoch nicht beendet und gingen über in den zweiten englisch-niederländischen Krieg von 1665 bis 1667. Er wurde allerdings ausserhalb von Nordamerika geführt. Im Frieden von Breda überliessen die niederländischen Staaten Generaal England offiziell alle nordamerikanischen Gebiete und erhielten dafür in Südamerika Surinam, früher bekannt als niederländisch-Guyana. Die jeweiligen Ureinwohner wurden von beiden Seiten übergangen und nicht beteiligt.

Damit endet mit Gouverneur Stuyvesant nach 40 Jahren die niederlänische Zeit am Hudson River. Er war der 7. Gouverneur oder Director Generaal; ihm folgte Colonel Nicols als erster englischer Kommandant.

Die sieben niederländischen Directoren Generaal waren Cornelis Jacobszoon (von 1624 bis 1625), Willem Verhalst (1625 bis 1626), Peter Minuit (1626 bis 1632), Sebastiaen Jansen (1632 bis 1633), Wouter van Tuiller (1633 bis 1638), der durch unsinnige Kriege mit den Lenni Lanape in Verruf geratene Willem Kieft (1638 bis 1647) und schliesslich Pieter Stuyvesant (1647 bis 1664).

Pieter Stuyvesant wurde vermutlich 1610 in der Provinz Frisland (Frisia) geboren. Er studierte Literatur und Philosophie, brach die Studien jedoch ohne Abschluss ab weil er, eventuell wegen der Schwängerung eines Mädchens, die Niederlande verlassen musste.

Für die WIC war er in Brasilien und in Curacao tätig. Im Krieg gegen Spanien wurde er auf der Karibikinsel St. Martin verwundet und trug seither eine Beinprothese.

Von 1647 bis 1664 war er der letzte Director Generaal in Nieuw Nederland. Gestorben ist er in den Niederlanden; unterschiedliche Quellen nennen die Jahreszahlen 1672 oder 1682.

Zu Stuyvesant's Zeit ähnelte Nieuw Amsterdam wohl stark dem niederländischen Vorbild.

Man lebte und kleidete sich wie dort. Die Häuser im Zentrum waren dreigeschossig mit schmaler Giebelfront (im engen Amsterdam eine Notwendigkeit, im neuen Amsterdam unnötig, aber der heimatlichen Denkweise geschuldet). Die Strassenfront war üblicherweise aus Backstein gebaut, die Seiten- und Hinterwände waren meist aus Holz. Auch die überdachten Haustüren hoch über dem Strassenniveau mit der mit der steilen Freitreppe, der stoop, waren aus der niederländischen Heimat übernommen. Kleine Fenster und hohe Stufengiebel betonten diese Anmutung.

Die Einwohnerzahl dürfte in der Stuyvesant-Zeit um 1.500 Weisse betragen haben, davon etwa 600 Niederländer und Wallonen, etwa 300 Deutsche und ebensoviele Engländer sowie verschiedene weitere Nationalitäten, vor allem Franzosen, Spanier und diverse Osteuropäer.

Auch die Niederlande waren im Sklavenhandel tätig, vor allem zwischen Afrika und der Karibik. Nach Nordamerika wurden afrikanische Sklaven eingeführt, allerdings lehnten viele Niederländer diesen Handel ab und weigerten sich, Sklaven zu kaufen. In der Regel verblieben die von der WIC unter Ausübung ihres Handelsrechts nach Nieuw Nederland verbrachten Sklaven in ihrem Eigentum und wurden vermietet. Die meisten wurden nach einigen Arbeitsjahren freigelassen, manchmal auch von Niederländern freigekauft. Dennoch bleibt hier ein gerne vergessener dunkler Fleck auf der Geschichte der WIC bestehen.

Diverse Ortsbezeichnungen des heutigen New York haben ihren Ursprung in der niederlänischen Gründungszeit, als nur einige wenige Beispiele seien genannt:

Der Broadway begann seine Existenz als der Breede Weg; Long Island hiess vorher Lange Eylandt. Brooklyn hat seinen Namen von Broke Lande, Bruchland. Bowery kommt von Bouwerij, Bauernhof oder Landgut. Die Bronx erinnert an den Kaufmann Jonas Bronck, Block Island an den Kapitän und Vermesser Adriaen Block. Yonkers kommt von de Jonker's Land, wobei dieser Junker der Rechtsanwalt van de Donck war, ein politischer Gegner von Pieter Stuyvesant.

Im Gegensatz zur VOC ist die WIC heute weitgehend -auch in den Niederlanden- vergessen. Ihr urspüngliches Hauptquartier, das West-Indisch-Huis am Herenmarkt in Amsterdam wird nunmehr genutzt vom John Adams Institute, das sich dem Kulturaustausch zwischen den Niederlanden und den USA widmet. Das Gebäude stammt von 1617 und war urspünglich im Erdgeschoss ein Fleischgrossmarkt und in den Stockwerken darüber Kommandatur der Bürgerwehr. Von 1623 bis 1647 war es an die Verwaltung der WIC vermietet. Diese zog dann aus finanziellen Gründen, um die Miete für ein Verwaltungsgebäude zu sparen, mit der Administration in ihren grossen Lagerhauskomplex, das heute noch bestehende West-Indisch Pakhuis, am Ij.

Die VOC wurde im Jahr 1798 liquidiert.

Die WIC erfuhr 1674 eine Umstrukturierung; man spricht auch von der 2. WIC. Diese war bis zu ihrer Auflösung 1791 nochmals stark in den Handel mit afrikanischen Sklaven involviert.

2 Reblinsky, Wolfgang: Dieser Artikel wurde dem Magazin für Amerikanistik angeboten. Veröffentlichungsdatum noch unbekannt.

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