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Panzerknacker als sexlose Verführer
ОглавлениеLinienstraße (Mitte)
Einen der wenigen deutschen Filmstars kann man derzeit im malerischen Innenhof des Hauses Nr. 145 am Schraubstock einer Geldschrankschlosserei bewundern - falls man vom Aufnahmeleiter nicht verjagt wird: Sophie Rois steht wieder vor der Kamera, und mit ihr Devid Striesow und Sebastian Schipper. Mit den bewährten Darstellern will Tom Tykwer an seinen Filmerfolg Drei anknüpfen. Die noblen Galerien und Architekturbüros der Linienstraße lässt er links liegen, dreht diesmal in proletarischem Milieu. In der Rolle des Schlossermeisters Krauss ist Devid Striesow ein charmanter Verführer. Mit melancholischem Lächeln steht er hinter Sophie Rois, die sachkundig an einem komplizierten Sicherheitsschlüssel herumfeilt – bald wird vor ihr kein Safe mehr sicher sein. Durchs Hoffenster schaut Sebastian Schipper herein, bereit, mit beiden anzubandeln - ob aus Lust oder Berechnung, bleibt eines der vielen Geheimnisse des Drehbuchs. Schipper, der in Tykwers neuem Film einen Undercover-Safeknacker spielt, hat sich in der Geldschrankschlosserei bereits Insiderkenntnisse angeeignet. Der letzte Schliff fehlt ihm noch, daher wird er sowohl Sophie als auch dem Schlossermeister Avancen machen. Wird er sich je für einen von Beiden entscheiden? Man sollte vielleicht nicht alles immer verstehen wollen.
Gefragt nach der Story und ihrer Relevanz für die heutige Zeit, hält Tykwer sich bedeckt. "Diesmal geht es mir nicht nur um Sex", erklärt der Regisseur in einer Drehpause am Cateringwagen, "wenn auch größtenteils. Was zwischen den Geschlechtern passiert, hat eben auch politische Bedeutung." Die Dialoge klingen abgehoben akademisch wie stets in seinen Drehbüchern. Man redet zwar von Dingen des täglichen Gebrauchs, von Schlössern und Schlüsseln, doch die müssen vor allem als sexuelle Metaphern herhalten. Auf eine für das Arbeitsleben ungewöhnlich spielerische Weise gehen die Beteiligten in dieser Werkstatt miteinander um. Auftragsdruck und dürftige Entlohnung sind kein Thema, es gibt weder Mobbing noch betriebsbedingte Kündigungen. Wie wird Tykwer diesmal vermeiden, dass seine Geschichte uns kalt lässt?