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Weinflaschen, in Wilhelm Piecks Garten vergraben

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Majakowskiring (Pankow)

Die Tür des Hauses Nr. 28 öffnet sich, und vor uns steht ein grimmiger Walter Ulbricht... „Stop!“ ruft Regisseur Gunther Scholz. „Ein bisschen volksverbundener, bitte!“ Noch einmal wird die Klappe geschlagen. Scholz, bekanntgeworden durch die Filme Sag mir, wo die Schönen sind und Heute war damals Zukunft, dreht für den MDR einen Film, der das Jahr 1945 wiederaufleben lässt. Walter Ulbricht erhält Besuch vom Besitzer der Villa, die wie alle Häuser am Majakowskiring von den Sowjets beschlagnahmt wurde. Der Besucher bittet um seine Einweckgläser und Möbel. Ulbricht gibt die Gläser heraus, die Möbel nicht – „Lotte“ könne sich davon nicht mehr trennen...

Später dreht man am Majakowskiring Nr. 29 eine Szene im Garten des Hauses, das Wilhelm Pieck zugewiesen wurde. Leutselig gestattet der spätere Staatspräsident der DDR seiner ehemaligen Hausherrin, im Garten vergrabene Weinflaschen aus der Erde zu holen.

Drehpause. Darsteller und Techniker versammeln sich am Catering-Wagen. Es gibt Bouletten, Currywurst, Soljanka und Cornetto-Eis. Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht, von den Dreharbeiten ausgehungert, drängen sich an die Theke. Otto Grotewohl, angelockt vom Duft der Pommes, kommt aus seinem Haus in der Stillen Straße. Ihm schließt sich, begleitet von zwei Schoßhündchen, Johannes R. Becher an, der Dichter von Auferstanden aus Ruinen und spätere Minister für Kultur, wohnhaft Majakowskiring Nr. 34.

Unvollständig wäre die Runde ohne Wladimir Semjonow, den eigentlichen Herrscher über das Städtchen. Als der Statthalter der Freunde eintrifft, wird er ehrerbietig begrüßt. Alkohol ist am Drehort verboten, doch der Russe hat immer eine dieser charakteristisch geformten Flaschen bei sich. Freigebig schenkt er Wodka ein, und man stößt mit ihm an auf das Wohl der Sowjetunion.

Beschwingt kehrt man zu den Dreharbeiten zurück. „Wie menschlich Wilhelm Pieck das gespielt hat...!“ staunt einer der Komparsen. „Könntest du dir bei unseren heutigen Politikern vorstellen, dass sie mich in ihrem Garten nach vergrabenen Weinflaschen buddeln lassen?“ – „Oder Einweckgläser rausrücken?“ pflichtet die Maskenbilderin bei. „Es war eine bessere Zeit“, seufzt die Continuity. Sie hat ein Tränchen im Auge.

Was für ein Film könnte hier spielen?

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