Читать книгу but the winner will be DIE SOLARENERGIE - Wolfgang Schreiber - Страница 10
Historie
ОглавлениеAnfang des letzten Jahrhunderts fuhren auf unseren Straßen mehr Autos mit Elektromotoren als mit Verbrennungsmotoren. Dann entdeckte man das Öl als die vermeintlich ideale Energiequelle. Es entwickelte sich eine verhängnisvolle Ölsucht, die nicht nur die Batterieforschung in einen 100-jährigen Tiefschlaf versetzte, sondern auch die Ansprüche an ein Alltagsmobil ins Kraut schießen ließ und letztendlich auch die Außenpolitik einiger Staaten maßgeblich bestimmte.
Als äußeres Indiz denke man nur mal an die Rambo-Visagen der Sprit saufenden Sport Utilitiy Vehicles (SUVs), die mit ihrem Gewicht von mehr als 1500 kg in der Regel nur eine umgekehrt proportionale Masse menschlicher Vernunft transportieren. Weiterhin hat sich gerade in den letzten Jahren der cw-Wert aus dem Marketing-Gewäsch verabschiedet. Statt dessen versuchen die Firmen mit optischen Gags sich gegenseitig den Rang abzulaufen. Der gegenwärtige Hype mit den gedrungenen Heckpartien, die Bulligkeit suggerieren und es kaum noch erlauben, ungehindert rückwärts zu schauen, demonstrieren dies eindeutig. Manche Stoßstangen werden in der Mitte unterbrochen und mit Ingolstädter Reiz-Mustern bestückt, die im Rückspiegel geradezu Furcht einflößend wirken (Universität St. Gallen: „Die Front des Audi A7 strahlt eine „abweisende Brutalität” aus“).
Wissenschaftler der University of California fanden heraus, dass Fahrer von großen, teuren Autos sich rüpelhafter im Straßenverkehr verhielten als die Fahrer kleiner, billiger Fahrzeuge (►Vorfahrt). Alter und Geschlecht spielten dabei keine Rolle. Aus der Psychologie ist auch bekannt, dass Menschen die Frontpartien der Autos mit bestimmten Charakterzügen verbinden. Diese Auto-„Gesichter“ können durchaus Eigenschaften wie aggressiv, grimmig, dominant und angriffslustig, aber auch kindlich, weiblich und freundlich zum Ausdruck bringen. Und da sich der Mensch gerne mit seinem Auto identifiziert, ist es nicht ganz aus der Luft gegriffen, über die Frontpartie des Autos auch auf einige Neigungen des Besitzers zu schließen. Sicher ist, dass mit der Frontpartie auf andere Verkehrsteilnehmer ein gewisser Eindruck erzielt wird. Daher sind auch ganze Designergruppen der Autoindustrie damit beschäftigt, mit welchem Gesichtsausdruck sie ihre Modelle auf andere Autofahrer wirken lassen wollen. So trägt der Mercedes SL 65 AMG männliche, durchaus grimmige Züge und erinnert, wie auch andere Modelle, an Darth Vader, den Bösewicht aus der Science-Fiction-Reihe „Star Wars”. (Kleine Kinder haben sogar Angst vor solchen Fahrzeugen!) Dagegen wirkt z.B. das Elektro-Auto Mitsubishi i-MIEV mit seinem Babyface im Straßenverkehr friedlich und zurückhaltend. Wir brauchen keineaggressiven Roboter-Visagen aus „Star Wars“,sondernAuto-Physiognomien, die Freundlichkeit ausstrahlen und auslösen. Ich vermisse die schönen Formen der 60er und 70er Jahre.
100 Jahre lang hat die – uns eingravierte – derzeitige technische Lösung „Auto“ das Denken bestimmt. Die Ansprüche an das Auto sind durch die Möglichkeiten (Reichweite, Geschwindigkeit, Sitzplätze etc.) vorgestanzt. Man stelle sich vor, die ersten Autos wären mit kleinen Atomreaktoren bestückt gewesen (was 1950 von FORD tatsächlich angedacht wurde). Alle fünf Jahre wäre mal ein Austausch der Brennstäbe erforderlich gewesen, das heißt, das Auto hätte praktisch über eine unbegrenzte Reichweite verfügt. Die daraus resultierenden Wünsche hätten wahrscheinlich Mega-SUVs hervorgebracht. Ein Benzinauto, wie unser heutiges, wäre dagegen vollkommen chancenlos gewesen. Ähnlich verhält es sich mit der Substitution des „Autos“ durch ein solarbetriebenes E-Mobil. Es ist daher angebracht, dass das Denken wieder die technische Lösung bestimmt.
Wie bereits vor 20 Jahren verfügt ein PersonenKraftWagen (PKW) über 5 Sitzplätze, ist aber mit durchschnittlich 1,2 Personen besetzt. Er hat eine Spitzengeschwindigkeit bis 200 km/h und kämpft sich in der Stadt mit einer mittleren Geschwindigkeit von ~30 km/h durch. Er hat eine Reichweite von 600 km, fährt aber nur 35 km täglich. Das Fahrzeug fährt eine Stunde am Tag und steht 23 Stunden am Straßenrand – und ist daher eigentlich ein „Stehzeug“. Die Ansprüche orientieren sich an den Extremwerten und nicht an den faktisch benötigten Eigenschaften eines PKWs (►Geschwindigkeit).
Auch schon vor 20 Jahren gab es Absichtserklärungen, ausgelöst durch die langsam dämmernden Erkenntnisse über Endlichkeit der Ressourcen und Klimaschädlichkeit der Verbrennungsmotoren, bessere Lösungen zu finden. Reihenweise wurden staatlich geförderte Modelle vorgestellt und spekulative Versuchsreihen durchgeführt.
Der Elektromobil-Großversuch auf Rügen im Jahr 1995 – gefördert durch das damalige Bundesministerium für Bildung und Forschung – brachte Erkenntnisse wie „höchste CO2-Reduktion mit Strom aus erneuerbaren Energien“ – elementare Erkenntnisse, nur halt steinalt. Das war's dann auch. Und die Kosten? Na ja.
Das Elektroauto BMW E1 wurde mit einer auf ~300°C hochgeheizten Natrium-Schwefel-Batterie ausgestattet, die bereits über Nacht durch Abstrahlverluste große Teile ihrer Kapazität verlor. Zumindest war das eine großartige Werbekampagne, die die „Niere“ am Frontgrill kurzfristig ökologisch erscheinen ließ.
Die Ende der 80er Jahre neu konzipierte A-Klasse von Daimler wurde mit einem Sandwichboden versehen. In diesem Raum sollten später Batterien oder Brennstoffzellen (Umwandlung chemischer Stoffe in elektrische Energie) untergebracht werden. Über die Absprachen zwischen der Autolobby und Regierung kann man nur mutmaßen. Fakt ist: Daraus wurde kein Elektroauto. Allerdings diente es vielen anderen Konzernen als Vorlage beim Wettbewerb: Wer baut die höchsten Autos mit der meisten Luft darin?
Eine ganz widerliche Geschichte hat sich mit dem Swatch-Auto des Schweizer Erfinders Hajek zugetragen. Hajeks Ziel war ein kleines Elektroauto. Ohne Großindustrie war das nicht machbar. VW hat eine Kooperation mit Hayek abgelehnt. Daimler fand die Karosserie sympathisch und vereinbarte ~1992 mit Hajek, drei verschiedene SMART-Modelle mit unterschiedlichen Antrieben zu bauen: mit Benzin- und Diesel-Dreizylinder sowie mit Elektromotor. Daimler-Chef Schrempp (auf einer MBB-Betriebsversammlung in Ottobrunn: „Ich fühle mich nur dem Shareholder verpflichtet.“) hat die Vereinbarungen mit Hajek aber gebrochen. Den Benzin- und Diesel-SMART gab es sofort, der Elektro-SMART – also das eigentliche Ziel von Hayek – kommt aber erst mit einer Verzögerung von 20 Jahren auf den Markt.
Auch einige andere Autokonzerne beschäftigten sich eine Zeit lang werbewirksam mit dem Elektroauto, bis sich endlich wieder die – steinalte – Erkenntnis durchsetzte: Die Batterie ist zu schwer, zu groß, hat zu geringe Kapazität. Endlich machte der befreiende Slogan die Runde: Das Elektroauto hat keine Zukunft. Dann begann der Hype mit dem „Brennstoffzellenantrieb“, also ein Elektroauto mit Brennstoffzellen als Energiespeicher und -Wandler. Wiederum alte Erkenntnisse – der Gesamtwirkungsgrad des Wasserstoffs liegt nur bei ~50% – ließen dann auch aus dieser Begeisterung so ziemlich die Luft heraus. In den letzten Jahren nimmt das Thema Elektroauto wieder an Fahrt auf, initiiert durch die Vorgehensweise anderer Staaten. Warum dieses YoYo-Spiel?
Zwischen Automobilindustrie und Ölkonzernen hat sich ein jahrzehntelanges stabiles Beziehungsgeflecht herausgebildet. Die Neigung, daran festzuhalten, ist betriebswirtschaftlich verständlich. Wer will schon freiwillig die noch immer gewinnbringenden Produktionsprozesse beenden. Entgegen aller offiziellen Hymnen auf das Elektroauto wird hinter vorgehaltener Hand aber weiter massiv Widerstand geleistet. Über die Beweggründe für dieses Auf und Ab kann man spekulieren. Es gibt Indizien, aber keine Beweise.
Im Gegensatz zum Erdöl kommt die Energie der Sonne frei Haus. Die Konzerne können mit ihren fetten Hintern zwar auf den Ölquellen sitzen, aber den Schein der Sonne nicht verdecken. Spüren sie die ihre Existenz gefährdenden Wandlungen? Auf die weltweit agierende Energiemafia kommt – langfristig – der totale Umsatzeinbruch zu.
Das klassische Auto wird nicht einfach ersetzt, indem man den Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor austauscht. Das Endprodukt Elektroauto wird vollkommen anders strukturiert sein. Nabenmotore, Batterien, Elektronik können unabhängig vom Karosseriebau standardmäßig entwickelt werden. Neue Strukturen fördern neue Geschäftsideen und neue Firmen. Auch Service und Wartung werden sich massiv verändern und vereinfachen. Sind die Autokonzerne wirklich besorgt um die optimale Mobilität – oder nur um ihre eigene Weiterexistenz? Ich glaube, die klassische Automobilindustrie geht schweren Zeiten entgegen.