Читать книгу Die 40 bekanntesten historischen und archäologischen Stätten in Istrien - Wolfram Letzner - Страница 17
Triest – eine Metropole mit besonderem Charme Historischer Überblick
ОглавлениеDie Region Triest war bereits in ur- und frühgeschichtlicher Zeit besiedelt. Es konnten mehrere, wohl bronzezeitliche, Castelliere nachgewiesen werden. Zu Beginn des 1. Jts. v. Chr. drangen indoeuropäische Völker in den Raum um die Stadt vor. Man vermutet, in der Eisenzeit habe dann auf dem Hügel San Giusto eine befestigte Siedlung der Paläoveneter bestanden. Archäologisch nachgewiesen ist sie allerdings nicht. Jedoch wird diese Vermutung durch den antiken Namen Tergeste gestützt. Die Sprachforschung liefert dafür Argumente. So stehe der Begriff„Terg“ für Markt und das Suffix „-este“ sei typisch für Ortsbezeichnungen der Veneter.
Eine andere Erklärung des Namens findet sich hingegen bei Strabo (Geogr. 5, 1, 9; 7, 5, 2), der den Namen damit erklärt, während der römischen Eroberung Oberitaliens habe es hier drei Schlachten gegeben und daraus (ter gestum bellum) sei der Name entstanden.
Als die Römer kamen – soweit ist man sich sicher – bestand Tergeste als dörfliche Siedlung, die nun von den illyrischen Carni besiedelt war. Relativ unklar ist, welchen Status der Ort nach der römischen Eroberung besaß. Die schriftlichen Quellen liefern reichlich Spielraum zur Interpretation. Eine Erwähnung durch Aulus Hirtius (Bell. Gall. 8, 24, 3), dem das letzte Buch des „Bellum Gallicum“ Caesars zugeschrieben wird, legt für Tergeste eine städtische Siedlung, wohl ein municipium, nahe. Den Status als colonia erhielt es aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahr 42/1 v. Chr., wie man einer Stelle bei Plinius (nat. 3, 127) entnehmen kann.
Unabhängig vom Rechtsstatus der Stadt dürfen wir wohl durchaus annehmen, dass sie in spätrepublikanischer oder frühaugusteischer Zeit ihr Gesicht erhielt. Dies betraf etwa das Straßennetz, das politische und religiöse Zentrum auf dem San Giusto und die Verteidigungsanlagen, deren einziges Zeugnis möglicherweise der „Arco di Riccardo“ (s. S. 26) ist. Eine Inschrift (CIL V 525) belegt jedenfalls, dass die Stadtmauern unter Augustus im Jahr 33/2 v. Chr. errichtet oder renoviert wurden.
Die Stadt gewann aus mehrerlei Gründen an Bedeutung. Einmal bot der Golf von Triest ideale Schifffahrtsbedingungen, von denen die Stadt noch heute profitiert. Zeugnisse des antiken Hafenbetriebs sind Kaianlagen und Speicherbauten, die in einem Zeitraum vom Ende des 1. Jhs. n. Chr. bis in das 5. Jh. n. Chr. hinein angelegt wurden. Zum anderen war sie in das römische Straßennetz eingebunden: Sie lag an der wichtigen Straße von Aquileia nach Istrien und konnte dadurch am Handel gutes Geld verdienen.
Wie in den anderen Städten des Römischen Reiches sollte auch in Triest das Christentum Einzug halten. Davon zeugen verschiedene Kirchenbauten, zu denen eine frühchristliche Friedhofsbasilika (s. S. 28) und eine Basilika unter der heutigen Kirche San Giusto (s. S. 29) belegen. Ein Bischofssitz ist in Triest für das Jahr 547 nachgewiesen.
Am Übergang von der Spätantike hin zum frühen Mittelalter sollte die Stadt eine vergleichbare Geschichte durchleben wie das übrige Italien. Hervorzuheben ist sicher, dass es dem oströmischen Kaiser Justinus II. (reg. 565 – 578) gelang, die Stadt wieder unter seine Kontrolle zu bringen. In der Folgezeit griffen Awaren, Slawen und Franken die Stadt mehrfach an. Im Jahr 774 wurde Triest Bestandteil der fränkischen Mark Friaul. Unter Lothar III. (König ab 1125, Kaiser 1133 – 1137) erhielten die Bischöfe von Triest zunehmend weltliche Macht, die aber nicht ausreichte, um der aufsteigenden Macht Venedigs Widerstand leisten zu können. Daher suchte man sich eine neue Schutzmacht, die 1382 in der Person des Habsburgers Leopold III. gefunden wurde. Dieser schien den Bürgern Triests geeignet, weil er seit den 70er-Jahren des 14. Jhs. in den Besitz von Krain, Görtz und Friaul gelangt war, also in der Region schon Einfluss hatte.
Abb. 3 Triest. Übersichtsplan der historischen Altstadt. Die Ausdehnung der mittelalterlichen Stad ist in Rot gekennzeichnet; 1 Arcodi Riccardo; 2 Antiquariuminder Via Donota; 3 Römisches Theater; 4 Römisches Forumund Basilika; 5 Cattedraledi San Giusto; 6 Civico Museodi Storiaed Arte – Lapidario.
Abb. 4 Triest.„Arco di Riccardo“ s. S. 25. Im Vordergrund ist ein kleiner Abschnitt der römischen Straßenpflasterung zu sehen.
Mit dem Protektorat von 1382 sollte sich die Macht des Hauses Habsburg letztlich bis 1918 halten. Versuche Venedigs, im frühen 16. Jh. in den Besitz Triests zu gelangen, scheiterten. Zeugnisse des Mittelalters finden sich im Bereich südöstlich der Piazza dell’Unità dell’Italia zum Colle di San Giusto hin. Allerdings hat diese Altstadt in der faschistischen Ära gelitten, weil Mussolini sein Regime als Nachfolger des Imperium Romanum legitimieren wollte. Dazu mussten Teile der Altstadt abgerissen werden, um Ausgrabungen durchführen zu können. So wurde etwa das römische Theater freigelegt (s. S. 27).
Mit den Habsburgern begann aber auch der Aufstieg Triests. Der wichtigste Markstein war die Erhebung zum Freihafen im Jahr 1719. Nach dem Vertrag von Campo Formio und dem französischen Intermezzo (s. S. 128) wurde Triest zum Dreh- und Angelpunkt des Handels in den Nahen Osten, der schließlich 1868 zum Ausbau des Hafens führte. Einhergehend mit der Entwicklung des Hafens kam es zur Industrialisierung Triests und der wachsende Reichtum spiegelte sich in zahlreichen städtebaulichen Projekten wider, die den heutigen Charme der Stadt ausmachen. Das 19. Jh. ist etwa in den historischen Gebäuden um die heutige Piazza dell’Unità d’Italia und den angrenzenden Quartieren vertreten. Tief eintauchen in diese Zeit kann der Besucher auf eine genussvolle Art: An der Piazza lädt z. B. das Caffé degli Specchi mit seinem Wiener Kaffeehauscharme zum Verweilen und zur Teilhabe an der Leidenschaft der Triestiner für Kaffee ein.
Eingebettet in das Habsburgerreich durchlebte die Stadt praktisch die Geschichte der Region mit allen Konsequenzen. Schließlich wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg ein fester Bestandteil der Republik Italien.