Читать книгу Die 40 bekanntesten historischen und archäologischen Stätten in Istrien - Wolfram Letzner - Страница 7
ОглавлениеIstrien – ein geografischer Überblick
Geografisch gesehen ragt die Istrische Halbinsel, deren Name sich vom Volk der Istroi oder Histri ableitet, in der Form eines Dreiecks weit in das Adriatische Meer hinein. Im Westen wird sie begrenzt durch den Golf von Triest; im Osten bildet die Kvarner Bucht (Quanero) die Grenze. Ein Blick auf die Karte, welche die moderne Staatenwelt zeigt, verdeutlicht, dass sich Istrien heute im Wesentlichen auf die Territorien Sloweniens und Kroatiens erstreckt, aber auch Italien einen Anteil daran aufweist. Streng genommen bildet der Rio Ospo die genaue geografische Grenze Istriens, sodass die Stadt Triest nicht mehr dazu zählen würde. Aber die historischen Umstände sprechen für eine entsprechende Zuordnung, weil das Territorium des antiken Tergeste bis tief nach Istrien hinein reichte. Darüber hinaus gelangte die Zone um Triest erst in den 50er-Jahren des letzten Jhs. nach einem Teilungsabkommen zu Jugoslawien. Daher wäre es fahrlässig, wollten wir uns nur mit dem kroatischen Teil beschäftigen, auch wenn sich hier der weitaus größte Teil der behandelten historischen und archäologischen Stätten befindet. (Karte S. 8).
Die Fläche der Istrischen Halbinsel wird in der Literatur mit erheblichen Unterschieden angegeben: Sie schwankt von 3.160 km2 bis 4.437 km2. Um dies in eine Relation zu setzen: Das Saarland und Berlin weisen zusammen eine Fläche von rund 3.421 km2 auf. Die abweichenden Flächenangaben lassen sich wohl durch die unterschiedliche Interpretation Istriens erklären. Man kann von Istrien als geografische Bezeichnung oder im Sinne einer historischen Region sprechen, die dann eine größere Fläche meint. Spricht man hingegen von einem politischen Istrien, so ist damit nur das kroatische Komitat dieses Namens gemeint.
Die niedrige Felsküste ist durch zahlreiche geschützte Buchten gegliedert, die in ihrem Erscheinungsbild durchaus verschieden sein können: So gibt es breitere Buchten wie die von Muggia oder von Koper. Andere Buchten hingegen muten wie nordische Fjorde an, ohne es aber zu sein, weil ein Fjord durch Gletscher in die Landschaft eingetieft und dann erst überflutet wurde. Die Buchten an der istrischen Küste sind z. T. auf eine andere Art entstanden. Als Beispiel lässt sich der zwischen Vrsar und Rovinj gelegene 12 km lange und bis zu 30 m tiefe Limski-Kanal (Limski zaljev) mit seinen steilen, von dichter Vegetation bedeckten Wänden anführen (Abb. 1). Hier handelt es sich um den Unterlauf des Fojba-Trockentals, das nach der letzten Eiszeit (vor rund 20.000 Jahren) aufgrund des gestiegenen Meeresspiegels überflutet wurde. Dazu kommt, dass sich die Westküste um 1 mm pro Jahr absenkt. Genauer betrachtet ergibt dies eine Absenkung von 1 m in 1.000 Jahren. Daher sind viele antike Denkmäler, die ursprünglich unmittelbar an der Küste lagen, heute im Meer verschwunden. Dank der modernen Unterwasserarchäologie können sie aber erforscht werden und der Besucher kann die Ruinen oft im glasklaren Wasser der Adria vom Ufer aus sehen. Mit den zahlreichen vorgelagerten Inseln hat sich die Küstenregion zu einem Zentrum des Tourismus entwickelt, auch wenn die Strände von Feinkies und Felsen geprägt sind.
Abb. 1 Limski-Kanal. Mit kleineren Booten kann man bis zu einem bestimmten Punkt in den Limski-Kanal einfahren und die eindrucksvolle Natur genießen.
Geologisch ist Istrien in drei Zonen gegliedert, die in der Region um Pazin (s. S. 136) aufeinander treffen. Der nördliche Teil der Halbinsel besteht aus Kalkstein. Seinem Erscheinungsbild in der Landschaft verdankt die Region den Namen „Weißes Istrien“. Diesem Teil Istriens wird ein felsiges Hochplateau mit dem Namen Ćićarija zugerechnet. Der Name leitet sich von dem einer istrorumänischen Bevölkerungsgruppe ab, die auf Kroatisch Ćići genannt wird. Auf dem Hochplateau findet sich nur eine karge Vegetation.
Eine grundlegend andere Struktur als der nördliche Teil Istriens zeigt der zentrale Bereich der Halbinsel, der von einer hügeligen Landschaft bestimmt und von den Flüssen Rižna (Formio), Dragonja (Dragogna) und Raša (Arsa) durchzogen wird. Die geologische Grundlage bilden Mergel und Tonschiefer mit Sandsteineinlagerungen. Diesen Materialien verdankt die Region den Namen„Graues Istrien“.
Zwischen dem„Grauen Istrien“ und der Westküste liegt der letzte Teil der Halbinsel, der sich geologisch deutlich von den anderen Teilen abhebt. Die hier vorkommende Erde, bei der es sich um die Verwitterungskrume des anstehenden Gesteins handelt, zeigt eine rote Farbe, die zu einer analogen Namensgebung als„Rotes Istrien“ geführt hat und den größten Teil der istrischen Halbinsel ausmacht. Die höchste Erhebung in dieser Zone ist im Učka-Gebirge der Vojak mit einer Höhe von 1.401 m.
So unterschiedlich sich die Landschaft Istriens geologisch darstellt, so unterschiedlich ist auch die Vegetation. In der Antike war Istrien dicht bewaldet. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Wald jedoch abgeholzt, weil das Holz ein unentbehrlicher Rohstoff für den Bau von Häusern und Schiffen war. In einigen Regionen haben sich jedoch größere Waldbestände mit Buchen, Kastanien oder Eichen erhalten. Bei den Küstenregionen und den Tälern handelt es sich heute um Kulturland, auf dem Landwirtschaft betrieben werden kann. Von Bedeutung ist dabei die Produktion von Olivenöl und Wein – Produkte, die schon in der Antike von Bedeutung waren (Abb. 2). In den höheren Lagen ist bestenfalls noch Viehwirtschaft möglich.
Blickt man auf das Klima Istriens, so zeigt sich, dass dieses zweigeteilt ist. An der Küste kann man es als mildes, mediterranes bezeichnen; im Gegensatz dazu herrscht im Landesinneren, in den höheren Lagen, ein raues, submediterranes Klima vor.
Zur Geografie gehört auch die Frage nach der Besiedlung Istriens. Für den kroatischen Teil, der im Komitat Istrien zusammengefasst ist, liegen verlässliche Daten vor, während für die anderen Teile Istriens verschiedene regionale Zuordnungen existieren, die Aussagen zur Besiedlung erschweren.
Im kroatischen Teil Istriens gibt es insgesamt zehn Städte, 31 Gemeinden und 656 Siedlungen. Wie schon in der Antike liegen die meisten Städte und größeren Gemeinden an der Küste, bei denen der Hafen das Erscheinungsbild des Ortes prägt. Im Landesinneren hingegen bilden die zahlreichen Bergstädtchen eine einzigartige Kulturlandschaft.
Abb. 2 Brijuni. Der älteste Olivenbaum Istriens mit einem Alter von mehr als 1.600 Jahren findet sich auf Brijuni. Noch heute lieferter Früchte, aus denen Öl hergestellt wird.
Sicher lässt sich das Land mit der reizvollen Landschaft und romantischen kleinen Städten gut mit dem Auto erkunden. Die kurzen Strecken, die in Istrien bewältigt werden müssen, erlauben es, von einem Standort aus zahlreiche sehenswerte Städte zu erreichen.
Aber weil die bedeutendsten Orte der Halbinsel über Jahrhunderte hinweg von der See aus zu erreichen waren, ist es immer wieder ein Erlebnis, diesen althergebrachten Weg zu wählen und sich so in längst vergangene Zeiten zurückzuversetzen. Wer das Abenteuer einer Segeltour – dazu sollte man auch einigermaßen seefest sein – nicht wagen möchte, kann immer noch mit einer Fähre zahlreiche Häfen erreichen. So ist man etwa in wenigen Stunden von Triest aus in Pula.
Literatur
M. Zaninović, Küste, Gebirge und Binnenland – ein Leben in geographischen Gegensätzen, in: M. Sanader (Hrsg.), Kroatien in der Antike (2007) 11 – 15; DNP V (1998) 644, s. v. Histria. Histri (M. Šašel Kos); D. Alberi, Istria. Storia, arte, cultura (1997) 109 – 114.