Читать книгу Besteuerung von Unternehmen II - Wolfram Scheffler - Страница 18

1. Anwendungsbereich der Steuerbilanz: steuerliche Buchführungspflicht

Оглавление

12

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind im Regelfall durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG zu ermitteln. Diese Gewinnermittlungsmethode baut auf der Finanzbuchhaltung auf. Sie ist bei Gewerbetreibenden in folgenden Fällen anzuwenden:

Derivative steuerliche Buchführungspflicht. Wer nach handelsrechtlichen Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen, hat diese Verpflichtung auch für die Besteuerung zu erfüllen (§ 140 AO). Nach § 238 HGB ist buchführungspflichtig, wer Kaufmann ist. Einzelunternehmen und Personengesellschaften (OHG, KG) sind Kaufmann, wenn sie ein Handelsgewerbe betreiben, dh wenn sie einen Gewerbebetrieb unterhalten, und wenn der Umfang der Aktivitäten so umfangreich ist, dass ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist (§ 1 – § 6, § 238 HGB). Kapitalgesellschaften sind aufgrund ihrer Rechtsform generell Kaufmann. Damit sind GmbH, UG, AG, SE und KGaA unabhängig von der Art ihrer Geschäftstätigkeit handels- und steuerrechtlich buchführungspflichtig (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG iVm § 6 Abs. 1 HGB).

Einzelkaufleute sind ausnahmsweise nicht buchführungspflichtig, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren Umsatzerlöse von nicht mehr als 600 000 € erzielen und ihr Jahresüberschuss 60 000 € nicht übersteigt (§ 241a HGB).[1]

13

Originäre steuerliche Buchführungspflicht. Einzelunternehmen oder Personengesellschaften (GdbR), die nach Art und Umfang ihrer Tätigkeit keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigen, sind nicht Kaufmann. Sie sind deshalb nach dem HGB nicht buchführungspflichtig. Handelsrechtlich nicht buchführungspflichtig sind auch die Einzelkaufleute, die die in § 241a HGB kodifizierten Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreiten. Für diese Gewerbetreibenden besteht eine eigenständige steuerliche Buchführungspflicht, sofern sie im Wirtschaftsjahr[2] einen Umsatz von mehr als 600 000 € oder einen Gewinn von mehr als 60 000 € erzielen (§ 141 Abs. 1 AO).

Die originäre steuerliche Buchführungspflicht ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf die Buchführungspflicht hingewiesen hat. Die Buchführungspflicht endet mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen für die eigenständige steuerliche Buchführungspflicht nicht mehr bestehen (§ 141 Abs. 2 AO).

14

Freiwillige Buchführung. Eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG ist auch dann vorzunehmen, wenn ein Gewerbetreibender freiwillig Bücher führt und einen Jahresabschluss aufstellt. Dieser Fall kommt ausnahmsweise zur Anwendung, wenn ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht, aber weder ein kaufmännisches Gewerbe betreibt noch die Grenzen für die originäre steuerliche Buchführungspflicht erreicht.

15

– Der Vergleich der Buchführungspflicht nach dem HGB bzw nach der AO zeigt, dass bei Einzelunternehmen zwischen handels- und steuerrechtlicher Buchführungspflicht grundsätzlich Übereinstimmung besteht: Größere Einzelunternehmen sind sowohl handels- als auch steuerrechtlich buchführungspflichtig (§ 140 AO). Die Ausnahmen für kleinere Unternehmen sind weitgehend deckungsgleich (§ 241a HGB bzw § 141 AO). Abweichungen treten nur auf, soweit der handelsrechtliche Jahresüberschuss und der nach steuerrechtlichen Regeln ermittelte Gewinn bzw die Umsatzerlöse nach Handelsrecht und die Umsätze im steuerrechtlichen Sinne auseinander fallen.[3]

Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und Kapitalgesellschaften sind generell sowohl nach Handelsrecht als auch nach Steuerrecht buchführungspflichtig (§ 238 HGB bzw § 140 AO). Personengesellschaften, die nicht Kaufmann sind (insbesondere GdbR), sind zwar handelsrechtlich nicht zur Einrichtung einer Buchführung verpflichtet, allerdings tritt bei Überschreiten der Umsatz- oder Gewinngrenze eine originäre steuerliche Buchführungspflicht ein (§ 141 AO).

Abb. 1: Handels- und steuerrechtliche Buchführungspflicht

Rechtsform handelsrechtliche Buchführungspflicht steuerrechtliche Buchführungspflicht
Einzelunternehmen
• Kaufmann • Grundsatz: jaBesonderheit nach § 241a HGB: nein, wenn Umsatz ≤ 600 000 € und Jahresüberschuss ≤ 60 000 € • Grundsatz: ja (§ 140 AO) Besonderheit nach § 241a HGB: nein, Ausnahme: ja, wenn Umsatz > 600 000 € oder Gewinn > 60 000 € (§ 141 AO)
• kein Kaufmann • nein • Grundsatz: neinAusnahme: ja, wenn Umsatz > 600 000 € oder Gewinn > 60 000 € (§ 141 AO)
Personengesellschaften
• Kaufmann (OHG, KG) • ja (keine Ausnahme nach § 241a HGB) • ja (§ 140 AO)
• kein Kaufmann (insbesondere GdbR) • nein • Grundsatz: neinAusnahme: ja, wenn Umsatz > 600 000 € oder Gewinn > 60 000 € (§ 141 AO)
Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG, SE, KGaA) • ja (keine Ausnahme nach § 241a HGB) • ja (§ 140 AO)

16

Der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung sind dem Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln (E-Bilanz, § 5b Abs. 1 EStG).[4] Die Verpflichtung zur elektronischen Datenübermittlung betrifft alle Unternehmen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermitteln.

Mit der elektronischen Übermittlung von Rechnungslegungsdaten wird zum einen ein vereinfachter Informationsaustausch zwischen den Steuerpflichtigen und den Finanzbehörden angestrebt. Zum anderen wird die E-Bilanz von der Finanzverwaltung dazu genutzt, mittelfristig ein Risikomanagementsystem aufzubauen. Durch Plausibilitätsprüfungen und Mehrjahresvergleiche soll es der Finanzverwaltung erleichtert werden, prüfungswürdige Veranlagungen zu erkennen. Durch Identifizierung der nicht prüfungswürdigen Veranlagungen soll die Zahl der Außenprüfungen reduziert werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, bei den Fällen, bei denen eine Außenprüfung erforderlich erscheint, diese zeitnäher durchzuführen. Die E-Bilanz stellt insoweit ein Instrument zur Erhöhung der Effizienz des Besteuerungsverfahrens dar.[5]

Der Steuerpflichtige kann bei der elektronischen Übermittlung zwischen zwei Alternativen wählen:

Übermittlung einer handelsrechtlichen Bilanz sowie einer handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung unter Anpassung der Positionen der handelsrechtlichen Rechnungslegung, die mit den steuerlichen Vorschriften nicht vereinbar sind (Überleitungsrechnung).
Übermittlung einer den steuerlichen Vorschriften entsprechenden Bilanz (Steuerbilanz) und einer handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Eine steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung muss nicht aufgestellt werden.

17

Die elektronische Übermittlung erfolgt technisch im XBRL-Format (eXtensible Business Reporting Language).[6] Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Format für die Erstellung, den Austausch und den Vergleich von Unternehmensdaten auf elektronischem Weg. Die Berichtbestandteile des § 5b EStG sind nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen (Taxonomien) an das Finanzamt zu übermitteln. Grundsätzlich sind die Inhalte der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nach der Kerntaxonomie zu übermitteln.[7] Zwar gelten die Positionen der Kerntaxonomie für alle Unternehmen. Allerdings sind im Einzelfall nur die Positionen zu befüllen, zu denen tatsächlich Geschäftsvorfälle vorliegen. Für bestimmte Wirtschaftszweige gibt es Branchentaxonomien, die sich in Ergänzungs- und Spezialtaxonomien unterteilen. Spezialtaxonomien sind eigenständige Taxonomien für Banken und Versicherungen. Ergänzungstaxonomien gelten für die Wohnungswirtschaft, Verkehrsunternehmen, die Land- und Forstwirtschaft, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und kommunale Eigenbetriebe.

Obwohl sich die Taxonomien an den handelsrechtlichen Vorgaben zur Gliederung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung orientieren, ergibt sich durch die E-Bilanz eine erhebliche Ausweitung der an das Finanzamt zu übermittelnden Daten. Der hohe Detaillierungsgrad der Taxonomien führt dazu, dass viele bilanzierende Unternehmen ihre Finanzbuchhaltung (Kontenpläne, Kontierungsregeln) und IT-Systeme entsprechend ausführlich gestalten müssen.

Wenn die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen mit unbilligen Härten verbunden ist, kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass alternativ die Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung bzw die Steuerbilanz der Steuererklärung in Papierform beigefügt wird (§ 5b Abs. 2 EStG iVm § 60 Abs. 1, 2 EStDV). Liegen ein Anhang, ein Lagebericht oder ein Prüfungsbericht vor, so sind sie gleichfalls beim Finanzamt einzureichen (§ 60 Abs. 3 EStDV). Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der elektronischen Übermittlung der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung.

Besteuerung von Unternehmen II

Подняться наверх