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Grundlagen statt Historiendrama


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Wie schon erwähnt, geht die Lehre vom Yoga auf eine Jahrtausende alte Schriftsammlung zurück. Damit du einen groben Überblick zu Yoga als Tradition und Yoga als Philosophie bekommst: hier die notwendigsten Fakten und Grundprinzipien. Dieses Hintergrundwissen wirst du brauchen, um die Zusammenhänge im Körper zu erkennen und die Yoga-Praxis folglich auch richtig durchzuführen. Denn es ist ein riesiger Unterschied, ob ich denke: Das Glas ist halb leer – oder aber: Das Glas ist halb voll. Nur als bekanntestes Mini-Beispiel.

Ursprung und Geschichte

Die Ursprünge von Yoga lassen sich auf ungefähr 1500 vor Christus zurückverfolgen und liegen geschichtlich in Indien. In den ersten Überlieferungen über die sogenannten Veden (Sanskrit Quellenschriften) wird von Menschen in Yogapositionen gesprochen: heilige Männer, die Atemübungen machen und meditieren.

Historisch gesehen handelt es sich bei allen Yoga Überlieferungen um eine spirituelle Anleitung, die sich ab ca. 300 vor Christus einerseits in Richtung einer tiefen Glaubenseinstellung (beschrieben in der Bhagavad Gita) und andererseits in eine philosophisch-körperliche Richtung (Yoga Sutra) entwickelt hat. Die altindische Kultur besagte damals, dass der Mensch ein Reisender in seiner körperlichen Hülle wäre. Sinnbildlich glaubten die Menschen damals an die Vorstellung der Pferdekutsche: Dabei ist unser Körper der Wagen, der Kutscher entspricht unserem Verstand, die Pferde stellen unsere fünf Sinne dar und unsere Seele wird als Mitfahrender gesehen. Nur wer es schafft, die Pferde in Zaum zu halten und zusammenwirken zu lassen, schafft es auch, an ein Ziel zu gelangen.

In der heiligen Schrift, der Bhagavad Gita, wird philosophisch zu den Fragen des Lebens Stellung genommen. Diese ursprüngliche Quelle besagt, dass es sehr auf das Handeln – das Karma – ankommt, wie wir schließlich an unser Lebensziel ankommen. Hier wird beschrieben, wie wir handeln sollen, welche Konsequenzen unsere Handlungen haben und welche unsere Pflichten als Mensch sind. In der Bhagavad Gita wird uns erklärt, dass wir aus Liebe handeln. Das bedeutet, hier ist die spirituelle Haltung im Vordergrund.

Die zweite wichtige Quelle für dich als angehenden Yogi heißt Yoga Sutra. Der indische Gelehrte Patanjali hat um ca. 200 vor Christus alle bis dahin überlieferten Texte studiert, mündliche Überlieferungen der Brahmanen-Mönche gesammelt und daraus eine strukturierte Schrift auf die Beine gestellt: das Yoga Sutra. Dieser Quellentext wird seit jeher als die große Stütze in der Yoga-Welt herangezogen. Patanjali hat sich die Mühe gemacht, eigene Lehrsätze zu entwickeln, die wir als Sutren kennen. Hier werden die Körperhaltungen und Übungen als Asanas beschrieben. Patanjalis Yoga Sutra überliefert uns den 8gliedrigen Weg, der in weiterer Folge beschrieben wird. Die Sutren beschreiben auch Situationen, in denen wir scheitern können und gibt Anleitungen dazu, wie wir die Hindernisse überwinden.

In weiterer geschichtlicher Abfolge hat sich aus dem Yoga Sutra ab dem 14. Jahrhundert eine moderne Entwicklung zugetragen, die wir bis heute nach wie vor und überall vorfinden: das Hatha Yoga. Die Hauptüberlieferung heißt Hatha Yoga Pradipika. Verantwortlich für diesen Yogatext ist der Gelehrte Svatmarama, der sich mit den Auswirkungen der Körperübungen auseinandergesetzt hat. Sein Pradipika beschreibt die Körperlichkeit als den Ort, an dem Reinigung passiert. Im Pradipika heißt es in weiterer Folge, dass wir erst durch die Reinigung zur spirituellen Entwicklung kommen können. Asketische Ansätze von Yoga mit ihrer Disziplin und Ethik wurden von Svatmarama in den Hintergrund gerückt. Er hebt jedoch den kraftvollen Körpereinsatz mit den überlieferten Reinigungstechniken besonders hervor. Dieses Buch setzt hauptsächlich an der Hatha Yoga Pradipika an, wobei auch Teile des Yoga Sutra als Grundbaustein in die Ausführungen einfließen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Yoga als Philosophie uns Menschen lehrt, wie wir am Ende unseres Weges den Zustand des Glücks, der Erleuchtung, erreichen. Zu diesem Ziel gelangen wir nach der traditionellen Lehre dadurch, dass wir die acht Stationen auf dem Weg dorthin erfüllen. Diese 8 Stationen lauten:

1 Haltung nach außen (Gewaltlosigkeit, Wahrheit) -> Yamas

2 Haltung nach innen (Zufriedenheit, Reinheit) -> Niyamas

3 Körperhaltung -> Asana

4 Atemregulierung -> Pranayama

5 Rückzug der Sinne -> Pratyahara

6 Fokus des Geistes -> Dharana

7 Meditation -> Dhyana

8 Glückseligkeit -> Samadhi

Geisteshaltung und Energiezentren

Yoga wurde ursprünglich als eine spirituelle Niederschrift konzipiert, mit Hinweisen zum optimalen Lebensweg. Bei manchen traditionellen Yoga-Stilen wird die Auslegung der Schriften nach wie vor sehr hochgehalten. Das bedeutet, dass Yoga grundsätzlich ein gesamter Lebensstil sein kann und uns viel Input bietet, wie wir durch die Integration von Körper, Geist und unserem Tun zu glücklichen Menschen werden: in friedvoller Verbundenheit mit anderen Lebewesen und der Natur.

Yoga als Lebensstil verlangt uns die Einkehr zu uns selbst ab, die wir wiederum über die Reinigung des Körpers (Asana, Pranayama), über Meditation bis hin zu unserem integrativen Handeln (z. B. vegetarische Ernährung) erreichen können. In Abbildungen wird der ursprüngliche 8-gliedrige Weg häufig als eine Art Lebensbaum dargestellt. Eine modernere Auslegung der Yoga-Lehre fasst diesen Pfad in vier Prinzipien zusammen: Das sogenannte BERN-Konzept.

Yoga = Behaviour + Exercise + Relaxation + Nutrition

In der Yoga-Lehre spricht man des Weiteren von Chakren, den Energiezentren im menschlichen Körper. Laut Yoga gibt es sieben Zentren, die für unterschiedliche Körperregionen zuständig sind und in Einklang gebracht werden können und auch sollen. Eine genaue Aufschlüsselung mit der Bedeutung der Energiezentren kannst du nachlesen, beispielsweise unter https://www.chakren.net/chakrenlehre/7chakren.


Da die Arbeit mit Chakren in der Yoga-Praxis ein tieferes Verständnis für die Philosophie von Yoga voraussetzt, wird hier nicht weiter darauf eingegangen. Chakren-Arbeit sehe ich als fortgeschrittene Yoga-Technik an. Du sollst nur einmal davon gehört haben, für den Fall, dass in einer Yoga-Stunde von einem Chakra gesprochen wird: Damit ist ein bestimmtes Energiezentrum gemeint.

Übungen sind Asanas: Ist mir das zu esoterisch?

Da ich dir in diesem Buch erste Einblicke in die yogische Körperarbeit mithilfe von Asanas, den Yoga-Übungen, zeigen möchte, mach dich hier mit den wichtigsten Grundprinzipien vertraut. Du wirst sie benötigen, um die Körperübungen effektiv und kontusionsfrei auszuführen.

Der Körper wird lang: Grundsätzlich will jede körperliche Form von Yoga dir und deiner Wirbelsäule abverlangen, sich in die Länge zu ziehen. Du sollst dich immer aus einer Übung heraus groß und lang machen. Versuche also in Sitz-und Stehpositionen, deinen Kopf wie an einer Schnur gedanklich bis zur Decke zu erheben: Nacken strecken, Kinn ein Stück absenken. Du wirst merken, wie deine Wirbelsäule automatisch länger wird, du dich deutlich aufrichtest und in die Höhe wächst.

Haltepositionen: Übungen wie beispielsweise der Baum oder der Stuhl sind sehr effektiv, wenn du imstande bist, diese länger durchzuhalten. Eine Faustregel lautet: Halte, solange du kannst, – wenn du glaubst, es geht nicht mehr, verweile für weitere zwei bis drei Atemzüge und verlasse dann die Asana möglichst sanft. Das ist echte Power.

Fußarbeit: Bei Übungen im Stand wie beispielsweise dem Krieger müssen deine Füße in gegrätschter Position auch aktive Mitarbeit leisten. Stell dir vor, deine Füße werden durch Magneten zueinander gezogen. Du erreichst dadurch mehr Streckung in den Beinen und sorgst für Stabilität und Kräftigung in einem.

Handarbeit: Yoga bringt dich in unterschiedliche Lagen. Oftmals auch in Positionen, bei denen du dich auf deine Hände stützen musst. Hierbei gilt es, dein Gewicht auf die gesamte Handfläche und alle Finger möglichst gleichmäßig zu verteilen. Die Hände nehmen zu diesem Zweck eine Fächerform an: gespreizte und gestreckte Finger, starker Handballen.

Schultern weg von den Ohren: Du ziehst deine Schultern nach hinten unten, öffnest deine Brust und schaffst Platz für deinen langen Hals. Nicht nur die Schulterblattfixatoren werden kräftiger, deine Halswirbelsäule profitiert ebenfalls davon.

Den Atem fließen lassen: Alle Übungen werden zusammen mit dem Ein-und Ausatmen durchgeführt. Es ist wichtig, dass du beim Starten die Luft nicht unnötig anhältst. Besser ist es, fest auszuatmen, um wieder vollständig Luft holen zu können. Denke bei jeder Körperübung: weiteratmen. Kontrolliere dich selbst.

Hat dich erst einmal das körperliche Training mit Asanas gepackt, kannst du dich weiter mit der Yoga-Philosophie beschäftigen. Diese ist sehr lehrreich, erfordert aber aus meiner Sicht schon erste Erfahrungen mit dem eigenen Körper und den Reaktionen. Die gesamte yogische Lebensweise möchte ich dir durchaus empfehlen. Aber sie ist vorerst kein Muss: Lass uns mit den Basics starten.

Yoga Praxisbuch für Anfänger

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