Читать книгу Abenteuer in Alex - Yennifer Woods - Страница 7
Kapitel 5
ОглавлениеPapi hatte seit zwei Tagen angefangen zu arbeiten. Er hatte eine Anstellung in einem großen deutsch- griechischem Architekturbüro bekommen, das seinen Sitz hier im Hafen von Alex hatte. Somit waren die sprachlichen Schwierigkeiten für ihn nicht so schlimm. Auch Mami hatte Glück. Sie würde für ein großes Brautmodengeschäft nähen. Aber erst ab dem nächsten Monat. Somit hatte sie noch ein bisschen Zeit, um sich um uns und das Haus zu kümmern. Auch ihr Atelier musste erst noch eingerichtet werden, da sie viel von zu Hause aus arbeiten würde.
Natürlich hatte ich Ellen alles von meiner Begegnung mit Nico erzählt. Sie war auch sehr neugierig darauf ihn kennen zu lernen. Sobald das Wetter besser werden würde, wollten wir zusammen zum Hof fahren.
Nur gut, dass schlechtes Wetter in Griechenland nur von kurzer Dauer ist. Am nächsten Tag schien schon wieder ausgiebig die Sonne. Wir holten unsere Fahrräder aus dem alten Schuppen und fuhren los. Mami hatte uns gebeten, pünktlich zum Mittagessen wieder daheim zu sein.
Nach etwa einer halben Stunde erreichten wir den Hof, dank Nicos guter Beschreibung. Direkt vor uns lag das Haupthaus. Rechts und links davon erstreckten sich die Stallungen und hinter dem Haus waren die Pferdekoppeln zu sehen. Ich traute meinen Augen kaum. So ein großer Hof. Nico hatte nicht erzählt, dass seine Familie noch mehr Pferde außer Mary besaß. Plötzlich kam ich mir wie ein Eindringling vor, hier einfach so reinzuplatzen. Aber diesen negativen Gedanken verdrängte ich ganz schnell wieder. Ellen schien es im Gegenteil zu mir überhaupt nicht peinlich zu sein. Während wir uns ziemlich unschlüssig umsahen, tauchte ein Mädchen auf der Treppe des Haupthauses auf. Dann kam sie auf uns zu. »Guten Morgen, kann ich euch weiterhelfen?«, fragte sie freundlich. Ich schätzte, dass sie ungefähr so alt sein musste wie ich. Sie hatte lange, schwarze Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ihre Augen waren smaragdgrün und ihre Lippen voll. Sie hatte weiche Gesichtszüge und war braun gebrannt.
»Guten Morgen, wir suchen Nico«, antwortete ich. Dann fügte ich noch schnell hinzu.
» Wir haben uns vorgestern am Strand kennen gelernt. Er sagte, ich könne ihn jederzeit besuchen«.
»Oh, ja er hat mir davon erzählt. Er ist hinten auf der Südkoppel. Ich bring euch hin. Übrigens ich heiße Maria«. Sie streckte mir ihre Hand hin und ich ergriff sie und drückte sie fest.
»Und ich bin Tina und das ist meine Schwester Ellen. Freut mich dich kennen zu lernen«.
Dann ging sie voraus und wir folgten ihr, nachdem wir unsere Räder an der Hauswand abgestellt hatten. Während wir zu den Koppeln liefen, erzählte Maria, dass Nico gerade dabei war ein Loch im Zaun auszubessern.
»Ihr habt aber viele Pferde. Ich dachte, Mary wäre euer einziges Pferd«. Maria lächelte.
»Nein wir haben ungefähr dreißig Pferde«. >Wow<, dachte ich. Endlich sahen wir Nico. Er stand mit dem Rücken zu uns und hämmerte eine Latte an einen Pfahl. Ich vernahm ein Wiehern und sah ein braunes Pferd auf uns zukommen. Das war Mary. Sie schien Nico wirklich auf Schritt und Tritt zu folgen.
»Nico, hier ist Besuch für dich«, rief Maria zu ihm rüber. Erstaunt drehte er sich zu uns um. Ein Lächeln umspielte seinen Mund.
»Hallo, ich hätte nicht gedacht, dass du hier auftauchst«, rief er mir zu. Natürlich wurde ich schon wieder rot. Aber das war bei mir ja nicht Neues.
»Guten Morgen, darf ich dir meine Schwester Ellen vorstellen«, antwortete ich. Er legte den Hammer bei Seite und kam auf uns zu. Dann gab er Ellen die Hand.
»Freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin Nico«. Ellen grinste ihn an.
»Meine Schwester habt ihr dann wohl schon kennen gelernt«, fügte er hinzu.
»Ja«, sagte Maria, »aber ich muss euch jetzt allein lassen. Ich habe noch viel im Stall zutun. Bis später«. Sie winkte uns noch mal kurz und machte sich dann auf den Weg zum Stall. Mary stand am Zaun und schnaubte. Langsam ging ich zu ihr und streichelte ihre weichen Nüstern. Ellen hatte nicht so viel Scheu vor Pferden wie ich und klopfte Mary sofort ganz mutig den Hals.
»Na, Mary freut sich aber über euren Besuch. Sie kann von Streicheleinheiten sowieso nicht genug bekommen. Ich bin hier sofort fertig und dann zeige ich euch den Hof«, meinte Nico lächelnd. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Er hatte nur eine kurze Jeans an. Sein Shirt hing über dem Zaun. Der Schweiß tropfte von seiner Stirn, während er die letzte Querlatte befestigte. Nach einigen kräftigen Hammerschlägen war er fertig.
»So, in Ordnung. Kommt mit, wir fangen hinten bei der großen Koppel an«, rief er und zog sich sein Shirt über.
Die große Koppel lag direkt am Hang des kleinen Hügels. Hier und da standen einige knorrige Bäume, die ein wenig Schatten vor der sengenden Sonne spendeten. Zum Glück hatten die Pferde auch Unterstände, die für reichlich Schatten sorgten. Auf der Koppel standen etwa fünfzehn Pferde. Auf der rechten Seite, nahe beim Zaun verlief ein kleiner Bach, aus dem die Pferde nach Belieben ihren Durst löschen konnten. Zwei der Pferde verließen das kleine Grüppchen und kamen langsam zu uns herüber. Ich sah mir die Pferde etwas genauer an. Auf mich wirkten sie sehr alt und müde, nur konnte ich das nicht wirklich beurteilen. Die Flanken waren eingefallen und das Fell sah stumpf und ungepflegt aus.
»Das sind Zeus und Athena«, hörte ich Nico sagen. Ellen sprach aus, was mir auch mir auf der Zunge lag.
»Die sehen aber schlecht aus, so abgemagert und ungepflegt«.
»Die beiden sind erst seit einer Woche bei uns«, hörte ich Nico sagen. Verständnislos sah ich ihn an. Wie konnte man nur so abgemagerte, verwahrloste Pferde kaufen, dachte ich. Nico schien meine Gedanken zu erraten.
»Tina, hatte ich die nicht erzählt, dass unser Hof ein Gnadenhof ist?« fragte er mich. Langsam schüttelte ich den Kopf.
»Nein, das wusste ich nicht«, antwortete ich ihm. Plötzlich sah ich alles mit ganz anderen Augen. Die Pferde grasten friedlich nebeneinander auf der Weide. Sie schienen genau zu spüren, dass man ihnen helfen wollte und dass ihnen hier nichts mehr passieren würde.
Nico zog zwei Haferkekse aus seiner Hosentasche und reichte sie Zeus und Athena, die gierig ihre Hälse über den Zaun streckten. Dann streichelte er sie ausgiebig.
»Die Kekse backen wir extra für die Pferde. Das ist besser als Zucker«, erzählte er, während er die beiden streichelte. Dann gingen wir weiter zu einer kleineren Koppel, die ein wenig abseits lag. Hier standen vier Pferde unter einem großen Baum. Ein Schimmel, ein Rappe und zwei Braune.
»Der Schimmel heißt Apollo, er ist blind. Der Rappe heißt Billy und die beiden braunen Nicky und Lisa. Die vier sind am längsten bei uns und verstehen sich gut. Deshalb lassen wir sie auch immer gemeinsam auf die Koppel«, erzählte Nico. Die Besichtigungstour ging weiter. Neben den Stallungen gab es noch eine kleine Koppel, auf der drei Ponys grasten.
»Die sind aber süß«, rief Ellen. Ich musste ihr zustimmen. Die drei kamen sofort ans Gatter gelaufen und wollten ausgiebig gestreichelt werden. Wie zutraulich sie nur waren. »Wollt ihr die Ställe sehen?« fragte Nico uns. Wir nickten ihm zu. Also gingen zu den Ställen. Dort war Maria gerade dabei ein Pony zu striegeln.
»Oh, warum ist es denn nicht draußen bei den anderen?« fragte Ellen.
»Es hatte Vorgestern eine Kolik und deshalb behalten wir es für zwei bis drei Tage im Stall, um es beobachten zu können«, erwiderte Maria. Wir erfuhren, dass das Pony mit der Kolik Jenny hieß.
»Möchtet ihr etwas Kaltes trinken?« fragte Nico uns.
»Ja, das ist eine gute Idee. Kann ich dir helfen?« fragte ich ihn.
»Nein schon gut. Macht es euch auf der Veranda gemütlich, ich bin gleich wieder da«. Und so verschwand er im Wohnhaus und Ellen und ich gingen auf die große Veranda zu. Dort standen zwei große runde Tische und jede Menge Stühle. Wir mussten jedoch feststellen, dass die meisten Stühle besetzt waren. Mindestens fünf Katzen hatten sich gemütlich auf den weichen Stuhlkissen zusammengerollt. Sie schauten nur kurz hoch, als sie unsere Schritte vernahmen, ließen sich jedoch nicht weiter von uns stören. Also nahmen wir auf den Stühlen Platz, die noch frei waren. Kurze Zeit später hörten wir Türen klappern und Nico stand mit drei Gläsern Limonade vor uns. Hinter ihm standen zwei Jagdhunde und wedelten aufgeregt mit den Schwänzen. Sie schienen etwas ängstlich zu sein, denn sie wichen nicht von Nicos Seite und kauerten sich unter seinen Stuhl.
»Wieso sind die beiden denn so ängstlich«, fragte ich ihn. »Ach, dass ist eine lange Geschichte. In der Kurzfassung: sie wurden geschlagen und dann ausgesetzt. Erzähl ich euch irgendwann mal. Aber nun seit ihr dran; hat es euch hier gefallen?« fragte er uns. Was für eine Frage! Meine kleine Schwester und ich waren begeistert. Es war einfach wunderschön hier.
Dann schaute ich auf die Uhr. Ich stellte fest, dass es schon fast Mittag war. Wir mussten uns beeilen, denn schließlich hatten wir Mami versprochen pünktlich zum Essen zu Hause zu sein. Wir tranken unsere Limo aus, bedankten uns und verabschiedeten uns von Nico und Maria, um uns auf den Weg zu machen. Nico hatte uns noch gesagt, wir könnten jederzeit wieder vorbeischauen. So etwas ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen und versprachen, die beiden bei der nächsten Gelegenheit wieder zu besuchen.
Wir kamen gerade noch pünktlich zu Hause an. Mami war damit beschäftigt, den Tisch zu decken. Wir gingen ihr zur Hand und erzählten nebenbei von unseren neuen Freunden. Dann kam Papi dazu und wir erzählten alles noch mal von vorn. Papi wunderte sich, wie Nicos Familie dies alles finanzieren konnte. Wir zuckten nur mit den Schultern. Die Eltern von Nico und Maria hatten wir ja noch nicht kennen gelernt.