Читать книгу Abenteuer in Alex - Yennifer Woods - Страница 8
Kapitel 6
ОглавлениеDer erste Schultag rückte unaufhaltsam näher. Und je näher er kam desto mulmiger wurde mir. In der letzten Nacht vor diesem Ereignis plagten mich Albträume. Morgens fühlte ich mich wie gerädert. Ganz anders Ellen. Ihr schien das alles nichts auszumachen. Vielleicht lag es daran, dass sie jünger war als ich. Oder aber daran, dass sie noch auf die Schule hier ganz in der Nähe gehen würde, während ich bis nach Alex fahren musste.
Das erste Problem, dass an diesem Tag auftauchte war die Busfahrt. Es gab weit und breit keine Bushaltestelle. Wo sollten wir nur warten? Gut das Mami in dieser Hinsicht ziemlich praktisch veranlagt ist. Sie begleitete uns zur Straße und wartete mit uns gemeinsam auf den Bus. Als dieser dann am Ende der Straße auftauchte stellte sie sich an den Fahrbahnrand und winkte dem Fahrer zu. Diesen Tipp hatte sie sich von einer Nachbarin geholt. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Mir war das alles schrecklich peinlich. Und tatsächlich, der Bus wurde immer langsamer, bis er schließlich vor uns anhielt. Mami erkundigte sich bei dem Fahrer nach dem Preis für die Fahrkarten, was jedoch nicht so einfach war, denn der Bus platzte fast aus allen Nähten. Die Leute stauten sich bis auf die Stufen. Der Busfahrer bat die Fahrgäste noch ein wenig enger zusammenzurücken so dass wir auch noch einsteigen konnten. Ellen stieg vor mir ein und ich quetschte mich so gerade noch auf die letzte Stufe. Dann schloss der Fahrer die Tür, die mich nur um Haaresbreite verfehlte. Dann tuckerte der Bus langsam wieder los. Ich war erstaunt wie viele Menschen in diesen Bus passten und dachte dass wir das Limit erreicht hätten, doch ich wurde eines besseren belehrt; denn der Fahrer machte noch weitere drei Male Halt um Fahrgäste einzuladen. Ellen, die Glückliche, durfte den Bus als einer der ersten wieder verlassen, denn sie hatte ihr Fahrziel schnell erreicht, da sie in Chili aussteigen musste. Ich wünschte ihr einen guten Start in der neuen Schule und dann fuhren wir auch schon weiter. Nach und nach leerte sich der Bus und man konnte wieder normal atmen. Während ich versuchte, weiter in das Innere des Busses zu gelangen um den Gang zur Tür freizumachen hörte ich wie jemand meinen Namen rief. Erstaunt drehte ich mich um. Es war Maria, die ziemlich weit hinten saß. Sie winkte mir aufgeregt zu und deutete auf einen freien Platz ganz in ihrer Nähe. Ich versuchte dort hinzugelangen, was jedoch aufgrund der rasanten Fahrweise des Fahrers überhaupt nicht so einfach war. Irgendwann hatte ich es doch geschafft und begrüßte Maria erfreut. Während wir uns so unterhielten stellte sich heraus, dass wir auf die gleiche Schule gehen würden, nämlich das vierte Gymnasium. Insgesamt gab es wohl fünf, so wie ich es verstanden hatte. Ich verspürte etwas Erleichterung. So war ich wenigstens nicht ganz allein. Ganz nebenbei fragte ich, wo Nico denn war und versuchte dabei krampfhaft gleichgültig auszusehen. Maria erzählte, dass er immer mit dem Moped in die Schule fuhr.
»Weißt du, den Jungs ist das Busfahren ziemlich peinlich. Sie fahren lieber mit den Mopeds herum um selbstständiger und erwachsener zu wirken. Und natürlich auch wegen den Mädchen«, fügte sie augenzwinkernd hinzu.
Nach weiteren zehn Minuten konnten auch wir endlich aussteigen. Doch bis zur Schule hatten wir noch einen Fußmarsch von gut zwanzig Minuten vor uns, da die Busse alle nur im Zentrum hielten. Und so machten wir uns auf den Weg. Maria erzählte munter von der Schule, den Lehrern und von ihren Freundinnen, die sie mir unbedingt vorstellen wollte. Ich war mit meinen Gedanken jedoch ganz wo anders und hörte ihr nur mit halbem Ohr zu. Meine Nervosität stieg und stieg je näher wir der Schule kamen. Auch Maria schien dies zu bemerken, denn sie hakte sich bei mir unter und versuchte mich ein wenig aufzumuntern.
»Es wird schon nicht so schlimm, es wird bestimmt lustig. Und außerdem bin ich ja auch noch da«, sagte sie lachend. –Zum Glück- dachte ich und drückte ihre Hand. Und Maria hatte Recht behalten. Es war überhaupt nicht schlimm. Wir gingen im Gewühl fast unter, so viele Leute waren dort. Zunächst fand eine Einweihungsmesse auf dem Schulhof statt. Dies war Tradition und wurde zum Anfang jeden neuen Schuljahres so zelebriert. Griechenland ist ein sehr religiöses Land, dies merkte man besonders in der Schule. In den Klassenzimmern hingen Ikonen und jeden Morgen wurde erst gemeinsam das „Vater unser“ auf dem Schulhof gebetet, bevor es zum Unterricht ging.
Im Anschluss hielt der Direktor eine kurze Ansprache und wünschte allen Schülern einen guten Start ins neue Schuljahr. Nach der Ansprache des Direktors gingen wir dann in die Klassen, wo sich unsere neuen Klassenlehrer vorstellten. Maria war in meiner Parallelklasse. Etwas enttäuscht war ich schon, da ich gedacht hatte, vielleicht mit ihr in die gleiche Klasse zu gehen.
Nach einer Stunde waren wir dann wieder „frei“, zumindest für den heutigen Tag. Man hatte uns den Stundenplan diktiert und uns dann wieder nach Hause geschickt. Ich traf Maria auf dem Flur und fragte sie wo die Toiletten waren. Maria grinste, nahm mich an der Hand und führte mich hinaus auf den Schulhof. Wir gingen um das Schulgebäude herum und dort stand ein kleines Ziegelsteinhaus. Ich sah Maria fragend an. Sie grinste nur und zeigte auf eine schon etwas morsche Holztür. Das war wohl die Tür zu den Mädchentoiletten. Ich stieß die Tür beiseite und trat hinein. Was ich dann zu sehen bekam verschlug mir den Atem. Plumpsklos! Angewidert trat ich zurück. Das war doch wohl die Höhe. Plumpsklos in der Schule. Damit hätte ich nie gerechnet. Maria grinste immer noch als ich zwanzig Sekunden später wieder vor ihr stand.
Ich war richtig froh als ich aus de Bus stieg und unsere lange Einfahrt hinunterlief. Die Sonne schien und eine sanfte Meeresbrise streichelte mein Gesicht. Hier und da streiften ein paar weiße Schäfchenwolken den strahlend blauen Himmel. Schwalben flogen geschäftig hin und her. Ich atmete die erfrischende Meeresluft tief ein. Es war eine richtige Wohltat aus der Stadt aufs Land zurückzukommen. Dort war alles so hektisch und laut, die Luft voller Abgase.
Ich schloss die Tür auf und schleuderte meine Tasche auf die Bank im Flur. Dann rief ich nach Mami, bekam jedoch keine Antwort. Also machte ich mich auf die Suche und fand Mami schließlich in ihrem neuen Gemüsegarten, wo sie unermüdlich am Unkraut zupfen war. Erstaunt blickte sie hoch als sie mich kommen hörte.
»Bist du schon wieder da? Das ging ja schnell. Erzähl mir mal wie`s war«, bat Mami mich ungeduldig. Und ich erzählte. Als ich dann von den Plumpsklos anfing, bekam Mami ganz große Augen. Sie konnte es kaum glauben und regte sich darüber auf, was für Zustände an der Schule herrschten. Während dessen kam Toni und schlich um meine Beine. Ich nahm ihn hoch und begann ihn zu kraulen. Er war so verschmust, er konnte nie genug bekommen. Unsere Kätzchen hatten sich prächtig entwickelt und dass machte uns richtig froh.
Ellen kam etwas später als ich nach Hause und natürlich hatte auch sie vieles zu erzählen. Mami nahm sich Zeit für uns und hörte sich geduldig alles an. Natürlich durften wir Papi abends auch noch mal von unserem ersten Schultag berichten. Meine Eltern schienen sehr glücklich darüber zu sein, dass bisher alles so gut geklappt hatte, denn wie heißt es so schön: „aller Anfang ist schwer“.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. In der Schule hatte ich jede Menge Freunde gefunden, denn irgendwie sahen mich meine Klassenkameraden als etwas Besonderes an. Sie wollten einfach alles über meine alte Schule in Deutschland und unseren Umzug hierher erfahren.
In der Klasse saß ich neben Filia, einem Mädchen das auch aus Deutschland hierher gezogen war. Nur war sie keine Deutsche sondern gebürtige Griechin. Ihre Eltern hatten eine Zeit lang in Stuttgart gearbeitet, doch sie sind wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Mit Filia konnte ich auch Deutsch sprechen und das tat mir so richtig gut, denn mit der griechischen Sprache hatte ich noch immer große Schwierigkeiten. Ich verstand zwar fast alles doch ich konnte mich nur schwer ausdrücken. Immer wieder fehlten meinem Wortschatz wichtige Worte.
Wir hatten die gleichen Hobbys und eine Leidenschaft teilten wir ganz besonders; die Liebe zu Tieren. Auch Filia war eine richtige Tierfreundin mit der man im wahrsten Sinne des Wortes Pferde stehlen konnte. Ich erzählte ihr von Maria, Nico und den Pferden und stellte ihr dann Maria vor. Filia war einfach nur hin und weg, denn sie war, wie sich herausstellte auch eine richtige Pferdenärrin. Maria lud sie zu sich ein und Filia nahm das Angebot dankend entgegen. In der nächsten Pause vertraute sie mir an, dass sie sich zu Hause eine Menge Ärger einhandeln würde, da ihre Mutter nicht sonderlich viel für die Pferdeliebe ihrer Tochter übrig hatte. Ich konnte sie verstehen, da auch Mami nicht sonderlich viel von Pferden hielt und immer Angst hatte, uns könnte in der Nähe von Pferden etwas Schlimmes passieren.
Mittags im Bus traute ich meinen Augen kaum. Nico saß neben Maria und winkte mir zu. Verlegen ging ich zu ihnen und grüßte sie. Nico stand sofort auf und bot mir seinen Platz an. Ich spürte förmlich wie ich rot anlief.
»Tina, dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Wann kommst du uns denn mal wieder besuchen«, sagte Nico und sah mich dabei ein bisschen vorwurfsvoll an. Ich versuchte mich zu rechtfertigen und stammelte: »Ach ja, du weißt schon, die neue Schule und so. Ich habe im Moment ziemlich wenig Zeit«. »O.k. die Ausrede lasse ich gelten. Aber versprich mir, dass du uns Samstag besuchen kommst. Da ist nämlich keine Schule. Und bring deine kleine Schwester mit wenn du magst«, erwiderte Nico. Ich versprach ihm, es zu versuchen.