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1.3 Konzeption der Literatur

Normative Poetik

Prägend für das barocke Dichtungsverständnis ist die normative PoetikPoetik, normative, also ein Regelwerk für Literatur mit strengen Vorgaben. Die Regelbindung in der Literatur entspricht der Vorstellung, dass die Welt und die Literatur ein Spiegelbild der festen göttlichen Heilsordnung sind. Die wichtigsten Poetiken des BarockBarock stammen von Martin Opitz (1597–1628): Buch von der deutschen Poeterey (1624), und Georg Philipp Harsdörffer (1607–1658): Poetischer Trichter (1647–53). Kreativität, Originalität oder Individualität sind nicht wichtig. Dichtung gilt als Kunstfertigkeit, die durch ein Studium an der Universität erlernbar ist. Das Leitbild ist der poeta doctuspoeta doctus (lat., ›gelehrter Dichter‹). Die Einhaltung und Ausgestaltung von vorgegebenen Formprinzipien bestimmen die Qualität von Literatur. Dichtung hat drei Funktionen bzw. WirkungsabsichtenWirkungsabsichten: Sie soll

 unterhalten (lat. delectare),

 belehren (docere) und/oder

 bewegen (movere).

Zugleich gibt es drei StilebenenStilebenen, die in einer hierarchischen, den gesellschaftlichen Schichten entsprechenden Stufenfolge angeordnet sind:

 hoher Stil (lat. genus grande): prächtige und würdevolle Ausdrucksweise, thematisch Göttern, Fürsten und Adligen zugeordnet (z. B. Tragödie, höfischer Roman)

 mittlerer Stil (lat. genus medium): schlichtere Ausdrucksweise, thematisch mit komischen Stoffen verbunden

 niedriger Stil (lat. genus humile): derb-komische Ausdrucksweise, thematisch niederen Schichten, z. B. Bauern und Landstreichern zugeordnet (z. B. Komödie, Schelmenroman)

Kennzeichnend für barocke Literatur ist eine hohe Dichte von rhetorischen Mitteln: sprachliche Bilder (Metaphern, Allegorien, Personifikation) und Gedanken-, Wort- und Klangfiguren (Alliteration, Anapher, Chiasmus, Parallelismus usw.).

Deutsch als Literatursprache

Deutsch entwickelt sich, nicht zuletzt dank der neu entstehenden SprachgesellschaftenSprachgesellschaften (etwa der »Fruchtbringenden Gesellschaft«, gegründet in Weimar 1617) zu einer Literatursprache. Diese befördern die Eigenständigkeit einer deutschen »Nationalsprache« gegenüber der Wissenschaftssprache Latein und dem sogenannten »A-la-mode-Sprechen«, der internationalen Verkehrssprache Französisch.

Besonders wirkungsvoll ist Opitz’ Buch von der deutschen Poeterey, das (in Abwendung von antiken Regeln) die Natürlichkeit und Eleganz der deutschen Sprache hervorhebt, die wesentlichen Gattungsdefinitionen formuliert und wichtige Grundsätze für eine deutsche Dichtkunst etabliert, unter anderem den reinen ReimReim, reiner und das Metrum auf der Basis der natürlichen WortbetonungMetrum (auf der Basis der natürlichen Wortbetonung) mit dem regelmäßigen Wechsel von betonter und unbetonter Silbe. Deshalb bevorzugt er den AlexandrinerAlexandriner, einen sechshebigen Jambus mit Zäsur in der Mitte, als das der deutschen Sprache angemessene Versmaß. Ein Beispiel:

»Du síehst, wohín du síehst, | nur Eítelkeít auf Érden.«

(Andreas Gryphius, Es ist alles eitel)

Epochen der deutschsprachigen Literatur

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