Читать книгу Männerphantasien - Erxotic (erotische exotische Geschichten) - Yupag Chinasky - Страница 9
Der Kontakt
ОглавлениеAsshole Spyder ärgerte sich, wenn man ihn so nannte. Aber er konnte es selten verhindern. Lieber war ihm Spyder, nur Spyder, wie Spinne, aber mit y. Ja, er war die Spinne, die geduldig in ihrem Netz saß und wartete und wartete und im entscheidenden Moment zuschlug. Aber Asshole? Nein, ein Arschloch war er nicht. Er war doch clever, ein cleverer Junge. Nun ja, eigentlich auch kein Junge mehr, mit Mitte vierzig, aber immer noch klein und drahtig, mit dünnen Haaren, die von Jahr zu Jahr spärlicher wurden und einem leicht verschlagenen Gesichtsausdruck. Seine Qualitäten wurden ständig missachtet. Er war nun mal ein Underdog, allenfalls geduldet, selbst von seinen wenigen Freunden. Dabei war er ein Mann, den man brauchen konnte, jedenfalls manchmal, denn er hatte unbestritten eine Eigenschaft, die anderen fehlte. Er besaß telepathische Fähigkeiten. Er konnte mit Leuten reden, die nicht da waren. Er konnte ihnen etwas mitteilen, sie fragen, sie warnen. Das klappte nicht immer und nicht mit jedem, aber oft genug, um seine Dienste für ein paar mickerige Dollar anbieten zu können. Nun könnte man sagen, was soll diese Eigenschaft im Zeitalter von Handys und Internet? Es war mehr, als nur Telepathie, sie hatte auch einen leicht hellseherischen Touch. Er erhielt manche Informationen einfach schneller als andere und sie waren oft zuverlässiger. Die Fähigkeit reichte bei Weitem nicht für die Vorhersage der richtigen Lottozahlen oder des richtigen Blatts beim Poker, aber den einen oder anderen Vorteil erlangte er dennoch. Nun hätte man meinen sollen, dass ein Mann mit dieser Gabe mehr aus seinem Leben machen könnte. Aber die Vorteile wurden leider von einer Fülle menschlicher und charakterlicher Nachteile mehr als ausgeglichen und so hatte er es letztlich nur dazu gebracht, in Kneipen herumzuhängen, zu lauschen was andere sagten, zu beobachten was andere taten, all die Informationen zu sammeln und auszuwerten und Gelegenheiten zu suchen, sein Wissen zu verhökern und damit etwas Geld zu verdienen. Um sein schmales, unregelmäßiges Einkommen aufzubessern, normale Arbeit kam für ihn nicht infrage, übernahm er hin und wieder einen illegalen Detektivjob. Vor allem Frauen, die ihre Männer in Verdacht hatten, fremd zu gehen, heuerten Spyder für einen Bruchteil dessen an, was sie einem Detektiv mit Lizenz hätten bezahlen müssen. Wenn er Erfolg hatte, empfahlen sie ihn ihren Freundinnen weiter. Wenn er jedoch herausfand, dass sich ihr Mann nur in Spielhöllen, aber nicht mit anderen Weibern herumtrieb, redeten sie ihn schlecht. Wegen dieser Schnüffelarbeit bekam er immer wieder mit den etablierten Detektivkollegen Ärger, die ihm zusetzten und natürlich auch mit den Überwachten und den Überführten, wenn die erfuhren, wer sie enttarnt und ihre kleinen Geheimnisse gelüftet hatte. Und eine weitere Gefahr begleitete Spyder latent. Es ließ sich nun mal nicht vermeiden, dass er bei der Ausübung seiner Tätigkeiten auch mit Kriminellen und Gangstern in Konflikt kam und ihre Kreise störte. Aber meistens ließen sie ihn in Ruhe, weil sie manchmal selbst seine Dienste in Anspruch nahmen. Das allein war der Grund, dass er bis jetzt überlebt hatte und nicht schon längst Opfer eines ungeklärten Unfalls geworden war oder auf andere Weise diese Welt verlassen hatte. Spyder war jedenfalls gut vernetzt und gut informiert, er kannte Gott und die Welt und sein Berufsrisiko war es nun mal, mit der Gefahr zu leben und sich irgendwie durchzuschlagen.
Spyder verbrachte die Tage bevorzugt in Cafés und billigen Lokalen, wenn er nicht in der öffentlichen Bibliothek stundenlang im Internet surfe. Die nächtlichen Einsatzorte waren Bars und Spielstuben und allerlei Spelunken. Jeder Ort war ihm recht, an dem er Informationen sammeln konnte und der ihn von seinem schäbigen Zimmer fernhielt. Er saß dann stundenlang vor einem Whisky oder einem Bier, lauschte, beobachtete, merkte sich alles, was ihm wichtig erschien, vergaß selbst das scheinbar Unwichtige nicht. Sein Gedächtnis war legendär und seine Kombinationsgabe ebenfalls.
Einen halben Tag lang hatte er im Kings Club, einem dieser Billiglokale mit überdimensioniertem Flachfernseher und ärmlicher Kundschaft, diesen rätselhaften Typ beobachtet, der nicht in die Umgebung passen wollte. Nicht nur, weil er ihn hier noch nie gesehen hatte, sein Äußeres und vor allem sein Gesichtsausdruck, zeigten, dass er nicht von hier war und das war verdächtig. Wer kam schon freiwillig hierher und verbrachte Stunden in dieser mickrigen Kneipe? Hatte er nichts Besseres zu tun? Zudem machte er einen ziemlich verzweifelten Eindruck und starrte immer wieder auf einen großen, weißen Verband am kleinen Finger seiner rechten Hand. Als er ihn am nächsten Tag wieder sah, wieder stundenlang vor einem halb vollen Glas vor sich hin brüten, konnte er seine Neugier nicht mehr zügeln. Er schlängelte sich an den Tisch des Fremden, fragte, ob der Platz neben ihm noch frei sei, und begann ein joviales Gespräch. Der Angesprochene sah erst überrascht auf, schien dann aber ganz froh zu sein, einen Gesprächspartner, besser gesagt einen Zuhörer gefunden zu haben und es dauerte nicht lange, bis Spyder alles wusste, was er wissen wollte. Er hörte sich die Geschichte von der Nutte und den beiden Gangstern an, von dem Verlust des Geldes, der Kreditkarten und des Passes und, am allerschlimmsten, den der Fingerkuppe. Er erfuhr, dass der Fremde am liebsten sofort abgereist wäre, obwohl er gerade erst angekommen war, dass er aber bleiben musste, um sich neues Geld und einen Passersatz zu beschaffen. Es dauere nun mal, bis die Banküberweisung eintreffe und das Konsulat hatte ihm dringend empfohlen, hier zu bleiben, um den Ersatzpass in Empfang zu nehmen. Er sei sehr froh, dass man ihm sein Zimmer gelassen und ihm sogar ein paar Dollar geliehen habe. Dann jammerte er, wie sehr er durch das Ereignis traumatisiert sei und sich kaum noch auf die Straße traue und sich nur noch in der Nähe des Hotels aufhalten könne. Das sei besonders ärgerlich, weil er so seine kostbare Zeit nutzlos verplempern würde, statt das zu tun, weswegen er her eigentlich hergekommen sei.
Und, weswegen sei er denn hergekommen, in diese langweilige, verkommene Stadt, wollte Spyder wissen. Aber bevor er eine Antwort erhielt, musste er sich erst noch ausführlich alle Zweifel und Gewissensbisse anhören, die sein Gegenüber plagten. Ob es nicht doch besser gewesen wäre, trotz der deutlichen Warnung der Gangster, zur Polizei zu gehen? Ob er jetzt noch gehen solle, obwohl man ihn dann fragen würde, warum er so spät käme? Dann müsse er gestehen, dass er es aus lauter Angst nicht gemacht habe und solch ein Geständnis sei ihm sehr peinlich. Er offenbarte Spyder schließlich auch, dass er unablässig finstere Rachepläne schmiede, in denen er die Gangster aufsuchen und bestrafen und sogar ermorden würde, dass er aber nicht die geringste Ahnung habe, wie er diese Pläne umsetzen könnte. Er wisse ja noch nicht einmal, wer die Typen waren und wie er an sie herankommen sollte. Über Lilly? Ja, vielleicht, das war der einzige Name, den er kannte. Wo das Ganze stattgefunden habe? Ach ja richtig, den Straßennamen habe er sich auch gemerkt: Luke Road. Aber Lilly hatte sicher auch Angst und würde nichts raus lassen, obwohl oder weil sie die Gangster ja offensichtlich kannte. Und vor allem, was konnte er tun, er der unbedarfte Ausländer, gegen solche brutalen Gegner? Spyder musste sich auch anhören, was für ein rechtschaffener Mensch vor ihm saß, von Beruf Lehrer, glücklich verheiratet und ohne einen Hang zu Eskapaden. Nur dieses eine Mal habe er der Versuchung nachgegeben, wohl wegen der Hitze und der aggressiven, sinnlichen Ausstrahlung dieser schwarzen Nutte oder weil der Satan selbst ihn in Versuchung geführt und er kläglich versagt habe. Ach ja, warum er hier sei? Nun, er zierte sich etwas und gab sich verlegen, sein ganz großes Hobby sei die Paläontologie, die Wissenschaft von den versteinerten Pflanzen und Tieren, den Fossilien. Spyder habe doch sicher schon von den Dinosaurieren gehört und von Jurassic Park. Hier, in der Nähe dieser verdammten Stadt, gäbe es hochinteressante paläontologische Ausgrabungen. Er habe die Schulferien genutzt und die weite Reise gemacht, um sich diese Kostbarkeiten vor Ort anzusehen, solange sie noch zugänglich seien. Dann sei diese Scheiße passiert, und weil er kein Geld habe und sich deswegen kein Auto mieten könne, verstreiche, wie schon gesagt, seine kostbare Zeit nutzlos. Er seufzte, fasste sich aber und legte nun lang und breit dar, welches sein Spezialgebiet sei und was ihn an den alten Steinen so fasziniere. Es seien keineswegs die spektakulären Saurier, wie Spyder vielleicht denke, sondern vielmehr die kleinen wunderschönen Ammoniten und Seelilien und...... Sein Redefluss war nicht mehr zu stoppen. Spyder gähnte.
Bei den ersten Ausführungen seines Gegenübers hatte Spyder jedoch sehr konzentriert und schweigend zugehört. Er war sehr schnell im Bilde gewesen, was da passiert war. Er schielte auf die Narbe an der Kuppe seines eigenen kleinen Fingers. Aus leidvoller Erfahrung wusste er genau, wer auf das Kappen von Fingerkuppen spezialisiert war. Doch statt dieses Wissen preiszugeben, schwieg er. Er schwieg, dachte angestrengt nach und gab, um Zeit zu gewinnen, vor, sich erst einmal schlaumachen und Nachforschungen anstellen zu müssen. Lilly kannte er ja in der Tat nicht. Er versprach, dass er bestimmt am nächsten Morgen mehr wüsste und sie sollten sich wieder im Kings Club treffen, gleich nachdem er geöffnet habe. Dann könnten sie sich überlegen, wie sie weiter vorgehen wollten. Er, Spyder, würde ihm selbstverständlich in seiner Notlage helfen. Es sei doch Ehrensache, einem hilflosen Fremden zu helfen, der in seiner Stadt solche schrecklichen Dinge erdulden musste. Ach ja, Spyder hatte sich schon erhoben, wenn er, der geschätzte Freund, wieder flüssig sei, könne er, Spyder, doch damit rechnen, eine angemessene Entschädigung für seinen Aufwand zu erhalten.
Am nächsten Morgen stand der frustrierte und gedemütigte Fossilienforscher in aller Frühe vor der Tür des Kings Clubs und wartete sehnlich darauf, dass man aufmachte. Dann trank er einen Kaffee nach dem andern und wartete noch sehnlicher auf Spyder. Doch der ließ sich bewusst Zeit. Von einem gut geschützten Platz auf der anderen Straßenseite aus, konnte er bequem durch die großen Fenster in die Kneipe schauen und beobachten, wie der unruhige Gast auf seinem Stuhl hin und her rutschte, an seinem Kaffee nippte und dauernd auf die Wanduhr sah. Er ließ ihn eine ganze Weile zappeln, bevor er endlich das Lokal betrat und sich zu ihm setzte, dabei lächelte er geheimnisvoll und nickte auf die bange Frage, ob er etwas erreicht habe, verständnisvoll mit dem Kopf. Ja, er habe etwas erfahren, etwas das durchaus interessant sein könnte, aber er brauche zunächst mal einen Whisky, um nach der anstrengenden Nacht einen klaren Kopf zu bekommen.
Dann legte Spyder ausführlich dar, welchen Aufwand und welche Mühen es ihn gekostet habe, in so kurzer Zeit an die notwendigen Informationen zu gelangen, aber es habe sich gelohnt. Er könne nun mit Sicherheit sagen, dass der Hagere ein berüchtigter Krimineller und Schutzgeldeintreiber sei, Cut-off-Joe, der wegen seiner Spezialität, unwilligen Kunden und säumigen Zahlern die Fingerkuppen abzutrennen, so genannt wurde. Sein Gehilfe sei ein dämliches, unbedeutendes Arschloch mit dem Spitznamen Jackass Drummer. Und Lilly? Da sei er sich nicht ganz so sicher, aber er habe gehört, dass sich in dem besagten Viertel eine dralle, junge Schwarze herumtreibe, Lilian Wesley, das könnte Lilly sein, andererseits gäbe es viele, die auf die gleiche Weise wie sie, ihr Geld verdienten. Vielleicht gelänge es ihm, ein Bild von ihr aufzutreiben, dann wüssten sie es genauer. Aber was er überhaupt von Lilly wolle. Sie habe ja schließlich nichts Schlimmes gemacht, außer sein Geld zu nehmen, ohne die versprochene Gegenleistung zu erbringen und das sei ja nicht ihr Verschulden gewesen. Sie waren sich rasch einig, Lilly aus der Planung der Rache, in die sie nun vehement einstiegen, herauszulassen.
Spyder entwarf die Pläne, verwarf sie wieder, grübelte lange über Details nach, ohne ein Wort zu sagen, dann heischte er wieder nach Zustimmung. Es schien, dass er nicht nur wegen der Aussicht auf eine fette Belohnung so eifrig war, sondern weil er selbst an einer Bestrafung von Cut-off-Joe und seinem Kumpel höchst interessiert war. Er wollte, so seine Worte, dass dieser Abschaum, diese Pest, dieses Geschwür ausgerottet würde und seine Vorschläge, was man mit den Beiden machen sollte, so man sie denn hatte, waren krasser als alles, was der Geschädigte selbst zu denken wagte. Aber im Laufe des Vormittags erreichten sie wieder den Boden des Machbaren und schließlich einigten sie sich auf einen Plan, den Spyder genial und perfekt fand. Und Spyder hatte das Sagen, er war nun mal derjenige, der mit den hiesigen Gegebenheiten vertraut war und eindeutig die größere Erfahrung im Gangstermilieu hatte.