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Erziehung der Kinder zum Stillhalten und Brav-Sein

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Damals ging man mit Kindern noch allgemein ganz anders um als heute: Streicheln, Liebkosen, mal in die Arme nehmen – das tat man kaum. In der Kindererziehung galten Härte, Strenge und Bestrafung. Ohrfeigen und auch gelegentlich Schläge waren allgemein üblich. Der immer wieder zitierte Bibelvers klang noch nach: Wer seinen Sohn lieb hat, der züchtigt ihn!

Das war weithin auch die Regel in der Volksschule. Unsere Lehrer schlugen uns: Mit dem Rohrstock auf die Hände; bei Buben auch auf den Hintern ... Das Wort Misshandlung in diesem Zusammenhang zu benützen, wäre undenkbar gewesen. Nicht selten wurden die Lehrer von den Eltern geradezu ermutigt, ihre Zöglinge mit Strenge zu behandeln – und auch mit Watschen oder mit dem Rohrstock nicht zu sparsam oder zimperlich umzugehen.

Brav-Sein lautete das Zauberwort! Brav sein, das hieß nichts anderes, als mucksmäuschenstill in der Stubenecke zu sitzen und nur dann etwas zu sagen, wenn man (von einem Erwachsenen) gefragt wurde. Kein Wunder, dass wir mehrheitlich eingeschüchtert waren!

Das galt für mich noch sehr lange und weit über das Elternhaus hinaus: Überall nahm ich mich zurück, im Dorf und in der Schule; auch immer noch, als ich schon aufs Gymnasium ging. Und überhaupt, ich gehörte in meiner Jugend schon immer und wie selbstverständlich zu den Schüchternen und Braven.

Dazu trug auch Papas Strenge bei. Seine Schläge fürchtete ich, auch wenn sie so häufig nicht waren. Vielleicht war er auch deswegen mir gegenüber mitunter so hart, weil ich mich als Kind kaum für die Landwirtschaft interessierte. Ich hätte ja, weil Erstgeborener, mal den Hof übernehmen sollen! Doch der Kuhstall war nie mein Ding, auch nicht der Schweinestall. Natürlich arbeitete ich überall auf dem Hof und auf den Feldern mit, was man von uns Kindern erwartete, und ich bekam auch alles mit, was tagein, tagaus geschah. Aber besonderes Interesse zeigte ich nie daran. Damals jedenfalls nicht.

Wie sich später herausstellte (ich erinnere nur an meine Zeit in der Afrika-Mission!), bekam ich sogar sehr viel mit, was sich landwirtschaftlich bei uns tat. Aber Papas Haltung (mir gegenüber) machte es mir nicht leicht, dem Bäuerlichen etwas Angenehmes abzugewinnen. Heute sehe ich es anders; ganz anders. Und ich werfe ihm auch nichts vor. Schon gar nicht im Nachhinein. Weil ich weiß, dass man damals auf dem Land ganz allgemein so dachte: Wer keine landwirtschaftlichen Arbeiten verrichtete (oder sie ohne große Begeisterung ausführte), wurde als Faulenzer, Taugenichts, Schwächling und Stubenhocker hingestellt. Als einer, der das Brot für die Suppe nicht verdient hätte!

Erst als ich mit dem Gymnasium begann, änderte sich diese Haltung. Da stand bereits fest, dass mein Bruder Georg den Hof übernehmen würde.

Und heute, viele Jahrzehnte später, denke ich manchmal: Schade, dass Papa von meinem Erwachsenenleben nichts mehr mitbekommen hat! Weder von meinem Unistudium noch von meiner Primiz; weder von meinem Einsatz in Afrika noch von meiner Arbeit als Redakteur, Journalist, Publizist und Buchautor.

In Dankbarkeit und Freude

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