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4.5.3Abhörlautstärke und -techniken

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Aus mir unverständlichen Gründen hören die meisten unserer Kollegen viel zu laut ab. Dies ist aus drei Gründen sehr gefährlich:

1 Medizinisch: Wer ständig zu laut Musik hört, schädigt mit der Zeit sein Gehör. Gehörschäden sind derzeit irreparabel, was einmal weg ist, bleibt weg!

2 Biologisch: Die Performance beim Mischen ist schlechter, da das Gehör schneller ermüdet (Fatigue-Effekt).

3 Psychoakustisch: Laut abgehört, klingt auch mittelmäßig produzierte Musik mächtig und detailreich. Dies liegt zum einen daran, dass hohe Lautstärken Frequenzen und Spuren deutlicher erscheinen lassen als sie eigentlich sind. Zum anderen kann laute Musik eine Art Euphorie beim Hörer erzeugen.Daher neigen zu laut abgehörte Mixe dazu, unzureichend abgemischt zu werden. Ein zu laut gemischter Titel wird daher leise gehört recht undefiniert klingen.

Leider bringt auch zu leise abgehörte Musik Probleme mit sich. Da wir biologisch bedingt besonders empfindlich im Mittenbereich (Fletcher-Munson-Phänomen) hören, verfälscht zu leises Abhören den tatsächlichen Frequenzgang erheblich, da wir dann den Mittenbereich subjektiv lauter wahrnehmen als er in Relation tatsächlich ist. Zu leise abgehört, klingt ein Mix schließlich bei moderat angehobener Lautstärke zu bass- und höhenlastig.

Daher gibt es auch die Loudness-Taste an HiFi-Anlagen. Diese Funktion mit der Badewannenkurve für Bass und Höhen erlaubt auch bei leisem Hören ein einigermaßen sattes Klangerlebnis.

Es gibt eine weitere bassbezogene akustische Täuschung, die beim Abmischen in Betracht gezogen werden muss: den sogenannten Residuum-Effekt. Dieser beschreibt, dass wir auch Bässe und Grundtöne, die nicht wirklich da sind, scheinbar hören. Das Gehör fügt also automatisch Grundtöne zu einem Signal hinzu und ermöglicht somit z. B. das Erkennen eines Cellos, auch wenn dessen Bassbereich stark beschnitten ist. In diesem Fall kann dies ein Vorteil sein, da du so zwar ein erlernt tieffrequentes Instrument im Mix unterbringen kannst, im Bassbereich jedoch tatsächlich noch Luft für Bassgitarre oder Kontrabass verbleibt.

Im ungünstigsten Fall erhältst du allerdings einen Mix, der über alle Spuren zu wenig Grundtöne und Basspower verfügt, obwohl er vordergründig ausgewogen klingt. Damit dein Bassbereich dich also nicht übers Ohr haut (Wortspiel!), ist es sinnvoll, auch mal zum Analyzer zu greifen.

Das Alltagsbeispiel für den Residuumeffekt ist übrigens das Telefon: Obwohl der sprichwörtliche Telefonsound sehr mittig und beschnitten ist, erkennst du alle deine bekannten Anrufer sofort!

So, was denn nun? Wie laut soll es denn dann sein?

In der Literatur wird meist auf 83 dB(SPL) als ideale Abhörlautstärke verwiesen. Diese Lautstärke sei ideal für einen ausgewogenen Klang über alle Frequenzen und ermüdungsfreies Hören.

Idealerweise nutzt du ein Messmikrofon, um deine Abhörlautstärke zu kalibrieren. Hast du aber kein Messwerkzeug, kannst du dich auch über Vergleiche herantasten:

 So laut wie man seine Lieblingsband gerne mal zum Abschalten hört, ist es zu laut.

 Wenn du das Türöffnen im Mischraum noch problemlos beim Mischen hören kannst, ist es zu leise.

 Ca. 6 dB über der Lautstärke beim Musikhören in Zimmerlautstärke ist es OK.

Selbstverständlich kannst und sollst du im Zuge einer Produktion auch immer wieder leiser und lauter mischen. So bleibt das Gehör gefordert, ermüdet aber nicht. Zudem bleiben Gewohnheitseffekte länger aus.

Letztere sind besonders bei der Bearbeitung von Einzelspuren zu berücksichtigen: Wenn man ein Instrument lange solo bearbeitet, läuft man Gefahr, sich schnell an den Klang und an das deutliche Hören dessen Details zu gewöhnen. Daher sollte nach der Solobearbeitung der Gesamtmix zunächst wieder ohne das bearbeitete Element abgehört werden. Das gerade bearbeitete Signal gibt man erst dann wieder zu. So vermeidet man auf einfache Weise Überbetonungen auf Grund von Gewohnheitseffekten.

Um diesem Effekt und der Ermüdung entgegen zu wirken, solltest du zudem immer wieder Pausen machen.

Um sicherzustellen, dass ein Mix funktioniert, gibt es neben dem Abhören in unterschiedlichen Lautstärken auch einige andere einfache Tricks. Du kannst dich z. B. vom Mischplatz entfernen und mal vom Nebenraum zuhören oder bei laufendem Staubsauger abhören. Nutze zudem deine Zweitabhören oder prüfe den Sound im Auto. Gerade in den Sondersituationen zeigt sich, ob eine Mischung stimmig ist. Probiere dies mal mit Profiproduktionen aus!

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