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Was wir mit diesem Praxisratgeber erreichen möchten!

Wer Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, in seinem Betrieb beschäftigen möchte (oder es bereits tut), kann sich der Idee aus verschiedenen Gründen genähert haben: Möglicherweise haben Sie jemanden kennengelernt und wollen genau diesem Menschen eine Chance geben, sich ein neues Leben aufzbauen. Oder Sie haben Schwierigkeiten, für Ihr Unternehmen geeignete Mitarbeiter/Fachkräfte zu finden, und möchten auf diesem Weg versuchen, Ihr betriebliches Problem zu lösen.

Vielleicht ist es Ihnen aber auch wichtig, etwas beizutragen zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung, indem Sie Geflüchtete in die Arbeitswelt unseres Landes integrieren. Dann wird Sie die Öffentlichkeit als ein weltoffenes und engagiertes Unternehmen wahrnehmen.

Häufig ist es vermutlich eine Mischung aus verschiedenen Motiven, die den Anstoß gibt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Konkret stehen Sie möglicherweise gerade vor einer dieser Überlegungen:

 Ich kenne jemanden, den ich beschäftigen möchte, und möchte in Erfahrung bringen, ob und wie ich das Beschäftigungsverhältnis gestalten kann. Oder:

 Ich überlege, welche Möglichkeiten mein Betrieb bietet, und möchte dann eine geeignete Person aus dem Kreis der Geflüchteten finden. Oder:

 Ich habe bereits eine Idee, wie das Beschäftigungsverhältnis gestaltet werden kann, möchte aber Tipps und Erfahrungswerte sammeln, wie man möglichen Schwierigkeiten begegnen kann.

Für jeden dieser Ausgangspunkte werden Sie in unserem Ratgeber wichtige Informationen, Hilfen, Tipps und Anregungen finden. Sollten Sie dabei einige wenige Inhalte doppelt vorfinden, so liegt das daran, dass wir versuchen, alle wichtigen Informationen zu einem Thema zusammenzustellen – manche Informationen sind deswegen an mehreren Stellen notwendig.

Dabei befindet sich sowohl die Gesetzeslage wie auch die Realität in sehr dynamischen Prozessen, die sich durch große Komplexität und damit auch Unübersichtlichkeit auszeichnen. Nicht umsonst wird von Akteuren in den entsprechenden Bereichen immer wieder gefordert, doch zumindest die Gesetzeslage und die Fördermöglichkeiten überschaubarer zu machen und sie realtitätsnäher zu gestalten. Auch wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich noch während des Zusammentragens der aktuellen Sachlage juristische und verwaltungstechnische Rahmenbedingungen schon wieder geändert haben oder neue Initiativen entstanden sind. Denn nach langen Jahren des Wegschauens ist die Dringlichkeit, mit der neue Wege gesucht werden müssen, jetzt auch in der Politik und in den wirtschaftlichen und sozialen Institutionen angekommen. Heute gibt es immer mehr – wenn auch auf den ersten Blick unsortierte und unübersichtliche – regionale und überregionale, institutionelle und private Förderinitiativen: von der finanziellen Unterstützung für Betrieb und Geflüchtete über die Hilfe zur Alltagsbewältigung bis hin zur Traumatherapie. Alles bis vor Kurzem keine Selbstverständlichkeit.

So wurde während unserer Recherchephase u. a. das Integrationsgesetz verabschiedet, das an vielen einzelnen Stellen auf die Inhalte einwirkt, die wir mit diesem Ratgeber vermitteln wollen. Was die Integration der Geflüchteten in die Arbeitswelt betrifft, scheint das Gesetz, das im August 2016 in Kraft getreten ist, die Weichen in eine positive Richtung zu stellen. So macht z. B. die sogenannte „3+2-Regelung“, die Betrieben und geduldeten Flüchtlingen den Aufenthalt während einer Berufsausbildung sowie zwei Jahre im Anschluss an die Ausbildung zusagt, eine betriebliche Planung möglich und gibt den Geflüchteten etwas Boden unter den Füßen, damit sie sich besser auf ihre Ausbildung konzentrieren können.

Leider muss aber auch erwähnt werden, dass das Integrationsgesetz neben diesem Lob auch Kritik von Akteuren in der Flüchtlingshilfe erhalten hat, da es über die im Gesetz enthaltenen Sanktionsandrohungen den Anschein erweckt, als wollten sich Flüchtlinge generell nicht integrieren. Auch sehr kritisch gesehen wird, dass verschiedene Personengruppen unterschiedlich behandelt werden: Während Geflüchtete mit statistisch guten Bleibechancen gute Integrationshilfen angeboten bekommen, sind Menschen, die aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland stammen oder rechnerisch keine guten Bleibeperspektiven haben, von Integrationsmaßnahmen ausgeschlossen - dabei berücksichtigt eine statistische Chance nicht den Einzelfall, dem damit oft das Schicksal zugeschrieben ist, jahrelang nicht nur mit der Angst vor Abschiebung, sondern auch ohne Integrationshilfen wie Sprachkurse oder Fördermaßnahmen zur Beschäftigungsaufnahme leben zu müssen. Gesellschaftliche Teilhabe wird damit sehr schwierig.

Der vorliegende Ratgeber kann nicht auf alle Konstellationen von Aufenthaltstiteln, länder- und kommunenspezifischen Regelungen, betrieblichen Bedingungen und persönlichen Merkmalen der Geflüchteten eingehen. Trotz aller Sorgfalt und Bemühungen lässt es sich auch nicht verhindern, dass in diesem Ratgeber eventuell Inhalte zu finden sind, die kurz nach Drucklegung bereits nicht mehr ganz aktuell sind. Insofern erhebt er keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir empfehlen Ihnen deshalb, auch nach lokalen bzw. neuen Angeboten zu recherchieren, die wir hier nicht erfassen konnten. Als erster Ansprechpartner bieten sich dazu Ihre Handwerkskammer, die Agentur für Arbeit und die lokalen Flüchtlingsräte an.

Für Politik und Institutionen bringt die bestehende Undurchsichtigkeit weiterhin den Auftrag mit sich, mehr Planungssicherheit und Tranzsparenz für die Betriebe und die Geflüchteten herzustellen, was Aufenthalt, Arbeitserlaubnis und Ausbildungsförderung betrifft. Ebenso ist die Politik dazu aufgefordert, so viele Hebel wie möglich in Gang zu setzen, damit alle Menschen, die in diesem Land leben, hier auch ihren Platz finden können.

In erster Linie wollen wir Sie mit diesem Ratgeber ermutigen. Wir möchten zeigen, dass es unter verschiedenen Aspekten herausfordernd sein kann, Geflüchtete zu beschäftigen. Wir hoffen, dass die zusammengetragenen Informationen und Erfahrungen erkennen lassen, wo es Komplikationen geben kann – insbesondere jedoch, dass es Wege und Hilfen gibt, damit konstruktiv umzugehen.

Unser Ratgeber soll also helfen, eventuelle Schwierigkeiten realistisch einzuschätzen, aber gleichzeitig und vor allem eine Aufforderung sein, die großen Chancen und Potenziale zu nutzen, die in der Beschäftigung von Geflüchteten im Handwerk liegen – für die Geflüchteten, für unsere Betriebe und für die Gesellschaft.

Wenn Sie Anregungen, Fragen oder Tipps haben, freuen wir uns sehr über Ihre Rückmeldung an redaktion@handwerk-magazin.de.

Wiesbaden, im November 2016

Anouschka Wasner und

Holzmann Medien

Flüchtlinge im Handwerk integrieren und beschäftigen

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