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Die geschichtsträchtige Schlacht zwischen Großquittannien und Squatland

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Großquittannien hatte einen etwas über 40 Jahre alten König, Royal Lui, der alles so lassen wollte, wie es zu Zeiten seines Vaters war. Da war alles gut gewesen. Also hatte er auch nichts im Schloss verändert, auch keinen Staub wischen lassen. Das war alter, also guter Staub. Er selbst war auch etwas verstaubt. Also ein guter Mensch.

Das andere Land auf der Insel hieß Squatland. Da wohnten die Rebellen. Die hatten keinen König, denn es gab viele Stämme und Stammesführer. Sie waren anders organisiert als in Großquittannien. Durch einen früheren Krieg des Ururururgroßvaters von Royal Lui hatte Großquittannien diesen Teil des Landes eingesackt. Man hatte das fast schon vergessen, denn zu den Lebenszeiten von Lui und auch schon seines Vaters gehörte Squatland als ungeliebtes Anhängsel eigentlich immer dazu. Ungeliebt deshalb, weil von dort immer mal Unruhen aufkamen, von denen Royal Lui gar nicht gerne hörte.

In dem Schloss war so viel Staub, dass alles alt und modrig roch. Bei jedem Schritt tanzten die Staubmäuse Samba. Royal Lui fühlte sich wohl. So musste es sein. Er schlief gut, war wohlgenährt und erfreute sich der Wohlgesonnenheit seines Volkes. Wenn da nicht diese junge Frau gewesen wäre, die er auf Wunsch seines Sorgenministers eingestellt hatte. Sie knickste zwar artig in Royal Luis Anwesenheit, runzelte aber oft die Stirn und schaute ihn kritisch an. Das mochte er gar nicht. Jemand, der in seinem Lande nicht zufrieden war?

An einem regnerischen Tage im Sommer anno nochviellängerher traf er wieder das junge, stirnrunzelnde Mädchen. Oder muss man sagen, sie traf ihn?

Wer weiß schon, was hinter einer Frauenstirn so vorgeht. Väterlich schaute er sie an und fragte: "Sprich zu deinem König, mein Kind, was plagen dich für Gedanken?" "Eure Gesundheit, Majestät, allein Eure Gesundheit!" Und so kam es, dass der vor Gesundheit strotzende Lui sich erschrocken an den Bauch fasste. Denn dort saß sein persönlich festgefuttertes Kapital für schlechte Zeiten. "Erklärt Euch, mein Kind." "Nun, es ist so. In Eurem Schloss leben gefräßige Monster. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Und sie sind gefährlich.""Nicht möglich, ja wo denn nur, und was fressen sie und warum gefährlich?" murmelte Royal Lui und runzelte nun auch die Stirn. "Ich habe von meinem Onkel, der ein entfernter Verwandter von einem entfernten Cousin von Eurer entfernten Nichte ist, ein Mikroskop vererbt bekommen. Als bescheidenes Zimmermädchen bin ich vom Sorgenminister zur Staubspezialistin ernannt worden. Die Viecher, die ihr hier seht - sie schob das Gerät zu ihm herüber - fressen sich ohne Bezahlung im Schloss durch, auch ohne Euch, Majestät, zu fragen. Der Sorgenminister findet das unerhört und bittet um Aufklärung. Ich bin sicher, er wird Euch daraufhin noch ansprechen. Ebenso können diese Monster Krankheiten an unseren hoch geschätzten König herantragen. Das findet der Gesundheitsminister bedenklich. Die Staubfrage im Schloss bekommt somit eine hohe Dringlichkeit, mein König." Das sah der König ein und erbat sich Bedenkzeit.

Nach drei sorgenvollen Stunden ließ er das zur Staubspezialistin avancierte Stubenmädchen zu sich rufen. "Was kann man denn in dieser gefahrvollen Zeit gegen diese Monster unternehmen?" "Die Lösung des Problems, mein König, wird Euch hart treffen." "Nun??" "Im ganzen Schloss muss geputzt werden."

Royal Lui, auch Sonnenkönig genannt, wurde blass wie ein Nebelkönig und erbat sich weitere drei Stunden Bedenkzeit. Dann rief er den Minister für innere Angelegenheiten zur Erläuterung und weiteren Klärung der Sachlage zu sich. Es musste eine Lösung her.

Die Großquittannier waren ein leichtgläubiges Völkchen und machten es sich daher auch leicht mit der Glaubensfrage. Sie glaubten an ihren König. Und das reichte ihnen. Squatland mit seinem rebellischen Denken war da eine ganz andere Größenordnung. Sie besaßen als Hintergrund zur Glaubensfrage eine Religion. Und das kam so:

Anno nochvieleher hatte Squatland nicht nur einen Stammesführer, sondern mehrere. Alle diese Stammesführer wollten insgeheim irgendwann einmal die Nummer eins werden, ein Stammesführerfürst sozusagen. Untereinander war der Neid groß, jeder wollte der fürstlichere Fürst sein mit mehr Macht, als sein Nachbar sie hatte. ICH bestimme, wann die Sonne aufgeht, ICH bestimme, wann Vollmond ist und ICH bestimme über die Arbeit, die Ernte und den Ertrag auf meinem und den anderen Gebieten. Das ist doch eine tolle Sache, dachte sich so mancher. Dann müssen mich ALLE grüßen und Achtung vor mir haben. Jawohl. Und das Fußvolk muss vor Angst auf Knien rutschen. Das kurbelt sogar die Textilverarbeitung, Abteilung Hosen, an. Das wird ein Spaß! So dachte mancher und grübelte in schlaflosen Nächten, wie das wohl zu erreichen wäre.

Da kam ein armer Mann daher. Er erzählte im Dorfe Quadlibeg, dass ein König kommen würde, der alle Stämme vereine. Er wäre noch recht klein und wohne mit dem Decknamen "Joshua" anonym unter den Dorfbewohnern, ein Knabe nur, aber später würde er ein ganz Großer, vor dem die Fürsten zittern würden. Groß war das Erstaunen des armen Volkes. Ein König? Wo soll er herkommen? Wie soll er heißen? Das Volk hatte die Unruhen unter den Fürsten satt, die Kämpfe und die Not. Einer, der kommt, und Ruhe bringt. Das würden alle unterstützen. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile unter den Stämmen. Und drang zu den Stammesführern vor. Den machtverliebten Fürsten war so eine Nachricht gar nicht recht. Sollte einer der ihrigen durch einen Kampf siegreich zum Führesführer werden, nun gut. Da könne man nichts machen. Aber ein Einschleicher? Das ginge gar nicht. Dieses Übel musste im Keim erstickt werden. Darüber waren sich alle einig. So saßen die verfeindeten Stammesführer zusammen und beratschlagten, was zu tun wäre.

Eine Reihenfolge wurde festgelegt: Zunächst sollte ein Herold Kunde ins gesamte Land bringen, dass es erklärter Wunsch aller Fürsten sei, eine Volkszählung durchzuführen. Alle Familien mit Kindern sollten sich zum nächsten Zahlenmeister begeben, der zählen könne. Da es immer nur einen dieser hohen und wichtigen Herren pro Stamm gab, zog sich die Zählung hin. Denn der Zahlenmeister verzählte sich ab und zu. Dann musste er von vorne anfangen. Mädchen zählten nicht. Das war immer schon so.

Als die Zählung abgeschlossen war, stand die Zahl der männlichen Nachkommen aller Stämme fest. Auch alle derer mit dem Namen Joshua. Nun hätte man den zukünftig feindlichen Joshua mit einer fadenscheinigen Ausrede eliminieren können (Ansteckungsgefahr wegen einer bösartigen, noch nicht festgestellten Krankheit zum Beispiel). Leider gab es drei Knaben mit Namen Joshua. Eine dreifache heimliche Eliminierung würde auffallen, das Volk aufbringen und kam daher nicht in Frage. Man handelte klug und weise, ließ die Jungen aufwachsen, volljährig werden und wollte in diesem Alter neu entscheiden. Das wurde auf Pergament festgehalten.

Als die Joshuas 20 Jahre jung waren, und somit im damaligen Squatland volljährig, hatten die Stammesführer die Sache eigentlich schon fast wieder vergessen. Denn nun war doch schon geraume Zeit Gras darüber gewachsen. Doch der Alte, der anno nochvieleher ins Dorfe Quadlibeg kam, hatte eine Schriftrolle hinterlassen, der die Völker von Squatland daran erinnern sollte, nicht zu vergessen, dass ein König käme, der alle Menschen vereinen würde. So nahm man das Thema nach 15 Jahren wieder auf und suchte nach dem König. Diese Suche weckte das Interesse der Stammesführer und man las das damals verfasste Pergament. Man beriet sich erneut und ein Schamane, der sich auf die Lösung von Problemfällen spezialisiert hatte, wurde hinzugezogen. Er prophezeite: "Es gibt drei Joshuas. Alle drei werden für drei Tage in eine eigene Höhle gesperrt mit jeweils einer Flasche Wasser. Ein großer Stein wird vor jede Höhle gerollt. Derjenige, der diese Tortur überlebt, wird Sieger sein. Der Sieger ist für das Volk der Glaubenskönig. Der Glaubenskönig bekommt aber keine Machtbefugnisse. Das Volk hat seinen Willen und murrt nicht mehr. Die Fürsten behalten ihre Rolle." Sprach's - und verschwand.

Das Volk wurde erneut über den Herold informiert. Neu war dieses Mal: Alle Interessierten durften bei der Klärung zur wichtigen Joshua-Frage anwesend sein. Es sollte ja nicht heißen, hier würde geschummelt.

Die drei Joshuas wurden von ihren Familien geholt und als zukünftige Glaubenskönige gehandelt. Wer würde es sein? Sie sahen alle drei so normal aus, wie junge Männer nun mal aussehen: schlaksig und pickelig. Und Höhlenforscher wollten sie eigentlich schon gar nicht werden. Der Tag X kam. Höhlen auf, Jungs rein, Höhlen zu. Drei Tage warten. Der offiziell dazu gerufene Mann für die Gerichtsbarkeit kam am Ende des letzten Tages. Als Zeuge fungierte ein Schreiber. Die erste Höhle wurde geöffnet. Joshua 1 kam matt, aber lebend, heraus. Das kann ja nur unser Held sein! Die zweite Höhle wurde geöffnet. Der Schreiber verkündete: "Der hat es nicht geschafft". Die dritte Höhle wurde sodann unter Hochspannung geöffnet... noch ein Joshua trat erschöpft heraus. Das war so nicht geplant gewesen. Zwei Glaubenskönige für das Volk. Wundersam. Davon stand nichts in den heiligen Schriften.

Zunächst befragte man Joshua 1, wie er denn gedenke, das Volk in Glaubensfragen zu beraten. Er überlegte und sagte dann: " Mein Volk darf glauben, dass ich es für alle Zeit auf den rechten Weg führen und nie allein lassen werde. Es gibt einen Gott für alle, ich bin der Sohn Gottes und für alle anständigen Menschen das leuchtende Vorbild an Rechtschaffenheit."

Dann befragte man Joshua 2, wie er zu handeln gedenke. Er antwortete: "Lasst mir ein paar Tage Zeit, ich gebe zehn Regeln vor. Wer sie befolgt, ist brav und kommt nach dem Tode in den Himmel, wer Mist baut, hat Pech gehabt. In jedem Fall ist das Leben eine Party. Leben und Streben hat Gott euch gegeben. Ich aber sage euch: Habt Fun, Freunde. Mehr geht nicht."

Wie sollte man denn nun die beiden unterschiedlichen Glaubensformen für das Volke nennen? Wohl kaum Joshua 1 und 2. Man kam zu dem Ergebnis, die Glaubensformen "Dies" und "Das" zu nennen. Das war recht einfach zu merken. So kam es, dass das Volk aus Großquittannien treu an ihren König glaubte. Und die Menschen aus Squatland glaubten teils an dies und teils an das.

Es kam, wie es in diesen Geschichten stets kommt. Lui verliebte sich in die kleine Schwester des Stammesfürsten. Er fragte sie, ob er einen Krieg beginnen solle, um sie zu erobern. Sie sagte nein. Aber wenn Frauen nein sagen, meinen sie eigentlich ja. Das ist eine alte Binsenweisheit. Also war ein Kampf unausweichlich.

In Absprache mit dem Stammesfürsten begann der Krieg nach dem Frühstück, nicht vor 9.30 Uhr. Treffen auf dem großen Feld. Der Platz war bekannt. Große Schlachten der Vergangenheit wurden hier stets ausgetragen. Viele Frauen verloren dabei ihre Ehemänner und Liebhaber. Der heutige Krieg sollte anders sein. Kämpfen sollten immer die ersten fünf Männer aus einer Gruppe, zwei gegen zwei und einer sollte Schiedsrichter sein. Faust gegen Faust. Bis einer von beiden zu Boden ginge. Hätten alle gekämpft, wäre die nächste Gruppe dran. Um 12 Uhr ist Mittag, um 16 Uhr Tea-Time. Pause für alle. Gekämpft würde bis Sonnenuntergang. Jedes Land schickte so viele ins Feld, wie es entbehren könne. Männer, die zu Hause gebraucht würden (Ärzte, Apotheker, auch Briefträger, etc.) müssten nicht kommen. Der Kampf ginge maximal drei Wochen. In dieser Zeit sitzen jeden Tag die Führer der Kontrahenten zusammen und würden die Lage beratschlagen. Möglichkeit a) Es käme vorzeitig zu einer Einigung im Headquarter, wo sich Royal Lui und der Stammesführst befinden, dann würden weitere Kämpfe entfallen b) Der Faust-Kampf der Männer in den Gruppen entscheidet, die Sieger würden auf beiden Seiten gezählt. Die Seite, die die meisten Siege hat, hat gewonnen. Fairplay.

Auf der zu klärenden Kriegsliste standen diverse Themen auf beiden Seiten.

Dem großquittannischen König war es wichtig, die bezaubernde Elvine, die kleine Schwester des Stammesführers, als Kriegsbeute bzw. Braut heimführen zu können. Dazu kam die Eingliederung der rebellischen Stämme in das Reich Großquittannien. Was gleichbedeutend wäre mit der Anerkennung von Royal Lui als "The one and only", auch für alle Squatländer. Umgekehrt verlangte der Stammesführer der Squatländer von Royal Lui die Anerkennung der Unabhängigkeit seines Reiches. Eine Anerkennung von Lui als Herrscher seines Volkes käme überhaupt nicht in Frage. Dann war da noch die Glaubensfrage, die hier im Raum stehen würde. Ebenso die Bodenschätze, die Squatland besaß und nicht freiwillig abgeben würde.

Warum auch? Was hätte Squatland denn davon?

Der Krieg, der auf diese Art lässig geführt wurde, brachte beiden Herrschern ein geselliges Beisammensein ein. Man lernte sich intensiv kennen. Nicht immer verliefen die Gespräche in Ruhe. Oft wurden hitzige Debatten geführt, die auch recht unfreundliche und manchmal auch unflätige Worte beinhalteten. Beleidigungen flogen wie Tennisbälle hin und her. Den ersten Haken auf seiner Liste konnte Royal Lui verbuchen. Sein Kontrahent schrie ihn entnervt an: "Meine kleine Schwester Elvine kannst du geschenkt haben, die will außer dir sowieso keiner." In der Glaubensfrage gab Royal Lui wiederum nach: "Mein Volk darf glauben an was es will, solange es mich liebt und achtet. Was meine Untertanen in ihrer Freizeit tun, ist mir egal. Sie dürfen daher ebenso an dies und das glauben." Zu keiner Einigung kam es zunächst in der Frage, wer alleiniger Herrscher sein solle. Da mussten die Kämpfer noch lange die Fäuste schwingen. Die Frage der Bodenschätze war leichter zu lösen: Du hast die Schätze, ich habe die Erfahrung. Wir bauen bei dir die Maschinen zum Abbau, du verkaufst die Ware, die ich dir abkaufe. Du gibst mir die Ware dafür günstiger, als den anderen. Bingo.

Erleichtert machten beide jeweils einen Haken auf ihren Listen.

Nun war immer noch die Frage offen, ob ein gemeinsamer Monarch herrschen sollte und wenn ja, wer.

Ein Kompromiss wäre, Royal Lui weiter als Aushängeschild des Landes fungieren zu lassen und gleichzeitig den Squatländer im Parlament ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht einzuräumen. Diese Idee galt als akzeptabel und musste bei einem weiteren Tee tagsdrauf besprochen werden.

In der Zwischenzeit wurde das Schloss von Royal Lui geputzt und gewienert. Denn der Minister für Innere Angelegenheiten legte sich ins Zeug, auf das bis Kriegsende auch die Monster-Frage durch seinen Einsatz und Verdienst geklärt sein würde. Vielleicht wartete dafür sogar der Sonderverdienst-Orden? Kein alter Staub mehr, kein Gilb, keine Vergangenheit. Die Fenster wurden geöffnet, die Böden gewischt und die junge stirnrunzelnde Staubspezialistin kontrollierte mit ihrem Mikroskop sehr genau den Fortgang und das Ergebnis der Arbeiten. Nach und nach entspannte sich ihre Stirn, ein gutes Zeichen.

An einem schönen, sonnigen Nachmittag - noch während des Krieges - an dem Royal Lui und der Stammesführer der Squatländer zusammensaßen, trafen sich zwei Freundinnen vor einer Taverne, die ein gemütliches Plätzchen zum Verweilen, Essen und Trinken bot. Sie steckten die Köpfe zusammen und kicherten. Wer sie erkannte, wusste, dass dies die schöne Elvine und das stirnrunzelnde Mädchen waren. "Haben wir das nicht gut gemacht?", grinste die zweite. "Das Schloss ist geputzt, du kannst bald einziehen, denn so dreckig wie es dort war, hättest du es gar nicht ausgehalten. Und du wirst Königin. Dein Bruder wird der heimliche Herrscher, denn herrschen will Royal Lui ja eigentlich gar nicht, sondern nur repräsentieren. Ich habe mir vorgenommen, eine wichtige Frauenrolle in unserem Staat zu spielen und eine gewaschene Frauenrevolte anzuführen. Beim Thema ‚Emanzipation' gibt es noch einiges zu tun! Alle Männer haben Arbeit und sind beschäftigt. Und die Glaubensfrage ist auch geklärt. Wenn uns die Männer nicht hätten..."

Besondere Tage wie diese

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