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Kosmetik und Körperpflege

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Auf einer sumerischen Keilschrifttafel aus der Mitte des 3. vorchristlichen Jahrtausends findet sich eine Vorschrift zur Herstellung von Seife. Darin wird empfohlen, eine Mischung aus einem Teil Öl (gemeint ist immer Pflanzenöl) und 5,5 Teilen Pflanzenasche zu kochen. Was passiert dabei an chemischen Reaktionen? Pflanzenöle bestehen aus Fettsäuren (geradkettigen Verbindungen mit etwa 8–22 Kohlenstoffatomen und einer Säuregruppe), die mit Glycerin (C3H8O3), einer dickflüssigen, zuckerähnlichen Substanz mit drei Hydroxylgruppen, zu Estern verbunden sind. Durch die Einwirkung von Alkalien, wie der in Pflanzenasche enthaltenen Pottasche (Kaliumcarbonat, K2CO3) werden die Ester gespalten. Bei dieser »Verseifung« bilden sich Kalisalze der Fettsäuren und das Glycerin wird freigesetzt. Seife besteht also aus einer Fettsäure, die entweder mit Kalium oder (bei Sodaseifen) mit Natrium zu einem Salz verbunden ist. Ein Seifenmolekül besteht aus einem wasserabweisenden, aber fettfreundlichen (hydrophoben und lipophilen) Teil und dem hydrophilen, aber lipophoben Salzrest (Carboxylgruppe plus Alkali-Ion). Aufgrund ihrer Molekülstruktur setzen Seifen nicht nur die Oberflächenspannung des Wassers herab, sondern ermöglichen auch die Emulgierung von Fetten und die Dispergierung von festen Schmutzteilchen in der Seifenlauge.

Bemerkenswerterweise nutzten die Sumerer die nach obigem Rezept fabrizierte Seifenlösung nicht zur Körperreinigung, sondern zum Waschen von Wolle. Ebensowenig kannten die Ägypter den Gebrauch der Seife zur Körperreinigung. Sie achteten zwar sehr auf gepflegte Erscheinung, reinigten ihre Haut aber nur mit Wasser, Natron und Abreibungen mit Bimsstein. Anstelle von Seife kann man auch die Aufgüsse bestimmter Pflanzen als Reinigungsmittel nutzen. Das Echte Seifenkraut, auch Seifenwurz oder Waschwurz genannt (botanisch Saponaria officinalis), ist so eine Pflanze. Sie enthält »Triterpensaponine«, chemisch sehr kompliziert gebaute Verbindungen von Terpenen mit Zuckern, die wie die viel einfacheren Seifenmoleküle die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzen, Schäume bilden und reinigend wirken. Diese Kräuter wurden von Griechen und Römern zum Waschen der Wäsche benutzt. Seifenlösungen wurden auch mit Harzen und Ölen versetzt zu medizinischen und kosmetischen Zwecken verwendet.


Schminkpalette des Königs Narmer. Die Vorderseite (rechts) besitzt eine kreisförmige Mulde zum Verrreiben der Schminkstoffe. Die von zwei Schlangenwesen umschlossene Mulde stellt vermutlich symbolisch die Sonnenscheibe dar. Die aus Schiefer gefertigte Palette stammt aus der Zeit um 3000 v. Chr. und gehört zu den ältesten bekannten ägyptischen Kunstwerken. Fundort: Hierakonpolis (Kom el-Ahmar).

Erst Galen (um 129 – um 201), der in Rom wirkende griechische Arzt aus Pergamon, machte die Römer darauf aufmerksam, dass man Seifenlösungen auch zur Reinigung der Haut und nicht nur der Wäsche verwenden könne. Er empfahl die germanische Seife, die aus Buchenholzasche, Fett und Kalk hergestellt wurde. Auch Plinius hatte in seiner »Naturgeschichte« bereits auf die Seife der Germanen verwiesen, allerdings ohne sie als Körperpflegemittel zu empfehlen. Er schreibt: »Durch Kochen von Ziegentalg mit Asche, am besten mit Buchenholzasche, bereiten die Gallier und Germanen Seife, wovon es zwei Arten gibt, steife und flüssige.« Die flüssige Seife weist auf die Verwendung von Pottasche hin, die feste auf die Verwendung von Natron oder Soda. Letztere war bei den Galliern eher in Gebrauch, weil sie Zugang zu natron- oder sodahaltigen Aschen von Meeresalgen oder in Strandnähe wachsenden Salzgräsern hatten.

Unser Fachbegriff »Alkali« leitet sich von dem semitischen Wort »kalâti – gebrannt« ab, aus dem das Arabische »al-quali« entstand.


Aufsetzen der Salbkegel; Wandmalerei aus dem Doppelgrab Nr. 181 der kgl. Bildhauer Neb-Amun und Ipuki, Theben-West, 18. Dynastie, um 1400 v. Chr.

Die Ägypter wollten aber nicht nur sauber und gepflegt sein, sie legten auch Wert darauf schön zu erscheinen, sei es durch Kleidung, sei es durch Kosmetika. Unser Wort »Parfüm« kommt aus dem Lateinischen »per fumum«, was »durch den Rauch« bedeutet und darauf hinweist, dass der Ursprung des künstlichen Körperdufts mit wohlriechenden Harzen wie Weihrauch zu tun hat, mit denen den Göttern Rauchopfer dargebracht wurden. Man hat sich also anfangs nicht beduftet, sondern beräuchert. Obwohl auch in Mesopotamien und Palästina Schminken und Duftöle bekannt waren, ist doch auch hier wieder Ägypten das Land mit der reichsten Kultur. Parfums in unserem Sinne gab es nicht, da dafür hochkonzentrierter Ethylalkohol verfügbar hätte sein müssen. Stattdessen verwendete man Duftöle und wohlriechende Salben. Fette Öle und tierische Fette haben die Fähigkeit, Duftstoffe, die meist in Form flüchtiger »ätherischer« Öle vorliegen, zu lösen und vor Oxidation zu schützen – zumindest in gewissem Maß. Man musste dazu diese Fette mit den Duftstoffen imprägnieren, was entweder durch Einlegen, durch vorsichtiges Erwärmen oder durch Zufügen eines wässrigen Extrakts und anschließendes langsames Abdampfen des Wassers geschah. Manchmal wurde auch etwas Salz zugefügt um die Haltbarkeit zu verbessern.

Kosmetika und Arzneimittel wurden in Ägypten in den großen Tempelkomplexen verfertigt. Die Priesterschaft nahm im alten Ägypten eine aus heutiger Sicht sehr ungewöhnliche gesellschaftliche Position ein. Sie leitete nicht nur die religiösen Zeremonien und Rituale in den Tempeln und bei den Bestattungen der Herrschermumien, sondern war auch handwerklich, insbesondere chemisch-technisch, tätig. Die Tempelpriester waren zudem auch noch Ärzte und Apotheker. Sie verfügten über das Wissen, um die heiligen Salböle und Essenzen herzustellen, die bei den religiösen Zeremonien verwendet wurden. Sie deckten aber auch den ungleich größeren Bedarf der Bevölkerung an diesen Kosmetika. In den Tempelwerkstätten, die sich abgeschirmt von den sonstigen Handwerksbetrieben innerhalb der Tempelanlagen befanden, wurden nicht allein Salben und Öle hergestellt, sondern auch metallurgische Arbeiten durchgeführt und wertvolle Textilien mit kostbaren Farbstoffen wie Purpur gefärbt. Und die Tempelpriester hüteten ihr Wissen, worauf bald noch zurückzukommen sein wird, wenn es um die Anfänge der Alchemie geht.

Als Trägersubstanz für die Duftstoffe dienten Rinder- oder Hammeltalg und Gänseschmalz oder Pflanzenöle. In Ägypten verwendete man hauptsächlich das Öl der Samen des Rizinusbaums. Diese Samen enthalten das hochgiftige Protein Rizin. Schon zwei bis vier Samenkörner können einen Erwachsenen töten. Allerdings ist das Protein nicht hitzebeständig, weshalb durch Rösten der Samen die Giftwirkung verschwindet. Das Rizinusöl wurde als einfaches Salböl von ärmeren Leuten verwendet, diente aber auch als Grundlage für wertvolle aromatisierte Öle und als Lampenöl. Wegen der bis heute berühmt-berüchtigten abführenden Wirkung des Rizinusöls eignete es sich natürlich nicht zum Verzehr, wohl aber als Medizin.

Duftöle und Salben wurden nicht nur auf der Haut verteilt, sondern auch in die Perücken der Männer (deren Köpfe stets kahlgeschoren waren) und die zu kleinen Zöpfen geflochtenen langen Haare der Damen geträufelt. Ein aus heutiger Sicht sehr ungewöhnlich anmutender Brauch war die Verwendung sog. Salbenkegel. Die meisten Salben schmolzen bei den herrschenden hohen Lufttemperaturen und in der Körperwärme recht leicht. Vornehme Ägypterinnen ließen sich einen kleinen Kegel aus Duftsalbe aufs Haar setzen, der langsam schmolz und das Gesicht der Trägerin beträufelte. Die Duftsalben der Ägypter waren so vollendet, dass ein 1922 im Grab des Pharaos Tutanchamun gefundenes versiegeltes Salbengefäß beim Öffnen – nach 3247 Jahren! – immer noch einen deutlich merkbaren Duft verströmte.

Nicht nur Seifen unterschiedlicher Art, Salben und Duftöle dienten der Pflege und Verschönerung des Körpers, sondern auch verschiedenfarbige feine Pulver, die Schminken. Die Bemalung der Haut mit einfachen Mineral- oder Pflanzenfarben ist mindestens so alt wie die Höhlenmalerei, reicht also bis ins Paläolithikum zurück. Neben der Verschönerung und dem Schmuck des Leibes wollte man sich durch Bemalung oder Maskierung die Kräfte und Fähigkeiten anderer Geschöpfe aneignen. Auch glaubte man, auf diese Weise leichter mit den Mächten des Jenseits und der Götterwelt in Verbindung treten zu können.

Den Ägyptern kamen bei der Bereitung von allerlei Schminkstoffen natürlich ihre weitreichenden chemisch-mineralogischen Kenntnisse sehr zupass. Schwarze Schminken, die vorwiegend für Augenlider, Wimpern und Brauen verwendet wurden, enthielten Blei-II-sulfid (PbS), Magnetit (Eisen-II-III-oxid, Fe3O4), Manganit (MnO(OH)), Kupfer-II-oxid (CuO) oder Ruß. Ob auch Grauspießglanz (Antimon-III-sulfid, Sb2S3) verwendt wurde, ist nicht ganz geklärt. Braune Schminken konnten Braunstein (Mangan-IV-oxid, MnO2) oder eisenhaltige Tone enthalten. Die Palette für grüne Schminken umfasste Kupferverbindungen wie den Malachit (basisches Kupfercarbonat, Cu2(OH)2CO3), blaue Schminken enthielten den wertvollen Lapislazuli, auch Ultramarin genannt, ein Mineral komplexer Zusammensetzung, das aus Afghanistan importiert wurde. Rote und gelbe Farbtöne wurden entweder – wie schon im Neolithikum – durch mehr oder weniger eisenhaltigen Ocker oder durch Extrakte der Hennapflanze gewonnen und weiße Schminke bestand aus Gips oder Alabaster. Die Pigmente wurden zur Verfertigung einer Schminkpaste fein pulverisiert und mit festen oder flüssigen Fetten verrieben. Griechen und Römer übernahmen die Verfertigung von Schminken von den Ägyptern (und Persern), ohne sie wesentlich weiter zu entwickeln.

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