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1. Alte Sentimentalität und neue Sachlichkeit

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Schon als Kind habe ich immer gern einen Hund haben wollen. So ein Tier, habe ich gedacht, welches mich abgöttisch liebt, sich klaglos von mir streicheln lässt und aufs Wort hört (auf MEIN Wort!), ist etwas sehr Schönes. Allerdings wurde meine Meinung zu Hause nicht geteilt. Meine Mutter war felsenfest davon überzeugt, dass ein Hund sich nicht wohlfühlt, wenn er den ganzen Tag alleine zu Hause verbringen muss, weil seine Familie auf Arbeit und in der Schule ist. Deshalb habe ich keinen Hund bekommen. Gar keinen. Nicht mal einen klitzekleinen Pudel oder wenigstens einen Dackel. Nichts. Stattdessen bekam ich eine Katze. Besser als gar nichts, dachte ich betrübt.

Zwar war eine Katze wirklich besser als gar nichts, aber doch viel weniger als ein Hund. Sogar weniger als ein Dackel, der ja gar kein richtiger Hund ist. Meine erste Katze, Mizzi, jedenfalls liebte nicht mich, sondern den Nachbarkater Peterle. Mizzi ließ sich nicht klaglos streicheln, und aufs Wort hat sie auch nicht gehört. Schon gar nicht auf meins. Allerdings hatte ich auch nicht besonders viel Zeit, Mizzi zu erziehen. Ich hatte die Katze kaum ein halbes Jahr, und schon war das Tier von einem Auto überfahren worden. Damit war das Experiment Katze für meine Mutter gestorben. Das nächste Tier kam bei mir erst ins Haus, als ich schon eine eigene Wohnung hatte. Es war wieder eine Katze, weil ich den Argumenten meiner Mutter inzwischen leider folgen konnte. Meine zweite Katze, Herta, hat sich zwar erfreulicherweise nicht überfahren lassen, aber sie ist nach nur vierzehn Jahren völlig überraschend und viel zu früh an Nierenversagen gestorben. Es war eine schier unbeschreibliche Tragödie!

Deshalb habe ich beschlossen, dass mir nie, nie wieder ein Tier ins Haus kommt. Ich bin zu sensibel für Tiere. Jedenfalls für sterbliche Tiere. Ich habe mir sämtliche Vorzüge eines tierfreien Haushaltes vor Augen geführt: Keine Haare auf der Couchgarnitur. Kein vor sich hin verderbendes Katzenfutter. Keine nächtlichen Weckrufe aus dem Garten. Ich konnte jederzeit in den Urlaub fahren, ohne mich um einen Katzensitter kümmern zu müssen. Ich war endlich wieder frei!

Außerdem war es selbstverständlich ohnehin ganz unmöglich, eine Katze wie Herta zu ersetzen. Herta war einmalig!

Wer je eine Katze in sein Herz geschlossen hat, wer je diese Katze verloren hat, nachdem sie viele Jahre in inniger Vertrautheit jeden Winkel des Hauses für sich beansprucht hat, wer also weiß, wie wenig eine Katze nur eine Katze ist, der wird verstehen, dass man sich über den Verlust eines solchen Tieres nicht durch ein x-beliebiges anderes Tier hinwegtrösten kann. Ein geliebtes Wesen ist nicht durch ein anderes zu ersetzen.

Es war jedenfalls bereits vier Jahre her, dass ich meine Katze mit Namen Ihre Lieblichkeit Gräfin von der Sanftmut, Rufname Herta, bitterlich weinend zwischen Rhododendronbüschen begraben hatte. Inzwischen rief ich nicht mehr Hertas Namen, wenn eine schwarze Katze durch den Garten strich. Ich konnte bereits wieder Türen schließen, ohne die latente Befürchtung, einen schnell noch hindurch huschenden schwarzen Schatten einzuklemmen. Der Schmerz über den Verlust war inzwischen der Erkenntnis gewichen, dass eine Katze eben doch nur eine Katze ist. Außerdem hatte ich inzwischen auch die nächtlichen Weckrufe, die Haare auf der Couchgarnitur und das verdorbene Katzenfutter vergessen. Frohgemut und gänzlich frei von jeder Sentimentalität habe ich deshalb entschieden, dass eine Katze ins Haus gehört. Um etwaigen Vergleichen mit Herta von vornherein aus dem Wege zu gehen, habe ich trotzdem vorsichtshalber beschlossen, dass die neue Katze erstens ein Kater zu sein hatte, der zweitens behäbig sein sollte und drittens mitnichten an das liebliche Äußere der zierlich-zarten, klöppelfeinen Vorgängerin erinnern durfte. Einzig die Farbe sollte doch möglichst dieselbe sein. Mit dem Wunsch nach einem schwarzen, derb-robusten, behäbigen Kater ging ich ins Tierheim.

Mimi Superstar

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