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Teil I DIE HERAUSFORDERUNG: DER CHANGE-BURNOUT

Wie war doch das Leben schön in der guten alten Zeit. Innovationen kamen gemächlich daher, von Globalisierung war keine Rede, Kunden änderten ihre Meinung bestenfalls sporadisch und Neumodisches wie Digitalisierung, Konnektivität oder New Work stand noch in den Sternen. Was gestern galt, traf auch heute noch zu und bis auf wenige Ausnahmen morgen ebenfalls. Verlässlichkeit und Kontinuität bestimmten das Dasein, persönlich wie unternehmerisch. Ja, zwei Ölkrisen waren schon wegzustecken, Katastrophen wie Tschernobyl und Terroranschläge auch, doch insgesamt ging es betulich voran. So hätte es bleiben können, oder?

Mangelnde Dynamik?

Was wäre uns erspart geblieben an unzähligen Bemühungen um Wandel, Transformation, Veränderungen, die meisten davon ohnehin wenig erfolgreich. Was wäre uns erspart geblieben an Hoffnungen, Ängsten, Versprechungen, emotionalen Verwicklungen, ausbleibenden Erfolgen, kaugummiartigem Sich-Hinziehen, Verwässern und Versanden. Die Wirtschaftsgeschichte ist voll mit solchen Storys. Beispiele? Zuhauf. Zum Einstieg googeln Sie einfach mal nach »verschwundenen Marken«. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Unternehmen kommen und gehen wie Menschen, nur werden sie im Durchschnitt weit weniger alt. Laut einer Studie der Universität Rostock vergehen für deutsche Unternehmen bis zur Insolvenz im Durchschnitt nur acht bis zehn Jahre1. Die lapidare Begründung: Märkte sind dynamisch, Unternehmen sind es nicht2. Zwar ist diese Aussage stark zugespitzt, doch es steckt ein sehr wahrer Kern darin. Von außen und in erster Näherung betrachtet, entwickeln sich die Märkte für alle Wettbewerber gleich. Wenn der eine überlebt, der andere jedoch nicht, kann es nicht am Markt als solchem liegen, sondern an der Aufstellung des einzelnen Unternehmens und dem Bedienen seiner Zielgruppe.

Unternehmen brauchen fokussierten Wandel.

Das ist der springende Punkt. Die einen passen sich besser der Dynamik von Trends und Innovationen an, während die anderen das Nachsehen haben. Dabei würde für den Erfolg eine höhere Entwicklungs- und Veränderungsgeschwindigkeit relativ zum Wettbewerb schon genügen. Oder anders gesagt: Würde sich die Energie, die in Transformation und Wandel fließt, weitaus stärker auszahlen, statt größtenteils nutzlos zu verpuffen, dann würden erheblich mehr Unternehmen länger überleben. Studien zeigen, dass nur ein gutes Fünftel aller Change-Programme erfolgreich ist und dass diese Rate überdies seit Jahren stagniert3. Hingegen nimmt die Anzahl der Unternehmensmutationen so rasant zu, dass auf dem Wunschzettel der überlasteten Führungskräfte und Mitarbeiter eine tiefe Sehnsucht an erster Stelle steht: »Verändert die Veränderung!« Wir brauchen weniger Wandel, diesen aber viel fokussierter. Doch leider rennen Unternehmer und Vorstände zu häufig dem Heilsversprechen von Management-Moden hinterher, weil es alle anderen auch tun, ohne Klarheit darüber, welchen Nutzen sie sich davon erhoffen. So jagt ein Transformationsprogramm das nächste, wird die berühmte Sau wieder und wieder durchs Dorf getrieben. Die Hypes um Lean Management, Agilität und New Work seien als Beispiele genannt. Wenn Menschen wegen des Zuviels an Change nicht mehr mitkommen oder mitwollen, passiert etwas zutiefst Verständliches: Sie verweigern sich. So einfach ist das. Ob sie sich aktiv oder passiv dagegen wehren, ob sie nur so tun, als wären sie dabei, ob sie andere mit- oder sich zurückziehen: Die Verhaltensweisen sind vielfältig und verheißen durch die Bank nichts Gutes für das unternehmerische Vorankommen.

Rigoros streichen

Ein Schluss läge also unmittelbar nahe und wäre auch noch kinderleicht umzusetzen: Alle Veränderungsinitiativen streichen, die nicht vorankommen, weil keiner mitmacht. Alle anderen gleich dazu, deren unternehmerischer Wert unklar ist. Rigoros, sofort, ohne Umschweife und weitere Diskussion. Damit wäre das Problem nur noch halb so groß. Doch leider fehlt denjenigen, die am entsprechenden Hebel sitzen, meist der Mut oder der Überblick dazu. Sie folgen stoisch einem genauso alten wie untauglichen Muster: Viel hilft viel, und was uns nicht umbringt, macht uns härter. Das Ergebnis dieser Devise lässt jedenfalls massiv zu wünschen übrig. Sowohl die Statistik als auch die individuellen Erfahrungen bestätigen die ungeschönte Wahrheit: Scheitern ist der alte und neue Hype beim Wandel, und das weit und breit.

Scheitern ist der alte und neue Hype beim Wandel.

Der erste Teil dieses Buchs beschreibt unter der Überschrift »Change-Burnout«, wie mit Veränderungen in Unternehmen umgegangen wird, warum trotz vielfacher Erfahrungen und am laufenden Band publizierter neuer Erkenntnisse immer noch ein Großteil davon misslingt und was die Hintergründe dessen sind. Entscheidenden Aufschluss gibt der Blick hinter die Kulissen bei Menschen, wofür die Erkenntnisse der Psychologie und der Neurobiologie sehr nützlich sind. Immer wenn es um Change geht, geht es zuerst darum, wie der einzelne Mensch für sich und als Teil einer Organisation reagiert. Schlussendlich braucht es Verhaltensänderungen, sonst bleibt alles beim Alten. Doch Verhaltensänderungen sind unbeliebt. Wir richten es uns gerne bequem in unseren Gewohnheiten ein, wünschen uns Stabilität und verlieren schnell das Vertrauen, wenn Transformationsprozesse schiefgehen. Die folgenden Kapitel beleuchten diese drei Aspekte, die maßgeblich hinter dem Scheitern so vieler Veränderungsinitiativen stehen.

Anmerkungen

1. https://www.wirtschaftskurier.de/artikel/unternehmen-werden-im-schnitt-nur-9-jahre-alt.html

2. https://www.uni-rostock.de/universitaet/kommunikation-und-aktuelles/medieninformationen/detailansicht/n/wie-alt-werden-unternehmen-in-deutschland-4041/

3. https://www.mutaree.com/downloads/Change-Fitness-Studie_2018_Infogramm.pdf

Der Change-Code

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