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1. Blackberries

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Blackberries war der Name eines Hundes, der zu sieben Achteln Deutscher Schäferhund und zu einem Achtel Mackenzie-River-Wolf war. Ich hatte ihn im Jahre 1971 als Welpen erhalten, und eigentlich hatte ich ihn Strawberries nennen wollen, aber der Name war schon an einen anderen Hund in der Gegend vergeben. Und so nannte ich ihn Blackberries. Ich wohnte in einer alten Scheune, keine drei Meilen ‘up the Mendocino Ridge Road’, drei Counties nördlich von San Francisco. Eine Bekannte hatte mir ihre kleine Farm zur Verfügung gestellt, die andernfalls leer und verlassen gestanden hätte. Sie vertraute mir, obwohl ich nichts besaß außer dem Wenigen, das ein Aussteiger jener Zeit so hatte, und dazu hatte Blackberries gehört.

Ich hatte außerdem eine Katze. Sie hieß Kitty. Kitty hatte drei kleine Kätzchen. Die waren super süß, besonders eines der drei. Kleiner als meine Faust war es, keck und kiebig. Es fauchte gern und ausgiebig. Alle drei waren ganz schön wild. Eines Abends war ich, bevor ich nach Hause kam, beim Schlachter in Mendocino gewesen. Man schrieb mittlerweile das Jahr 1973, noch immer tiefste Hippiezeit, und beim Schlachter bekam ich Knochen und Fleischreste fast umsonst. Ich kam also mit einer großen Tüte Raubtiernahrung nach Hause, und jedes Tier bekam eine gehörige Portion. Für eine Weile war die ländliche Stille mit Schmatzen und Zerren und auch mal mit Lauterem gefüllt, wenn Blackberries den Knochen krachen ließ. Er war ein wunderschöner Rüde, mit einer Halskrause wie ein Löwe und mit dem schwarzen Fleck auf der Schwanzwurzel, wie es sich für einen Ein-Achtel-Mackenzie-River-Wolf gehört. Alle wurden satt. Die Mutterkatze machte Katzenwäsche, zweien der kleinen Kätzchen fielen schon die Augen zu und auch Blackberries war zufrieden. Er streckte sich, hechelte ein wenig – es war ein warmer Abend im September –, schaute sich in der Scheune um und sah, wie das eine Kätzchen immer noch an einem (verglichen zum Kätzchen) großen Knochen nagte.

Blackberries war satt, aber interessiert. Also schlenderte er dorthin, wo das Kätzchen mit dem relativ großen Knochen war. Als er vor ihr stand (sie war eine Miss), fauchte sie ihn an. Und wie sie fauchte! Er blieb ungerührt, und als beim Hecheln ein wenig Speichel tropfte, fuhr er sich mit der Zunge über die Lefzen. Dann drehte er um, ging ohne Hast und so gemütlich, wie er gekommen war, zur Mutterkatze, die sich putzte, nahm sie ins Maul, tat ihr nichts, hob sie einfach hoch, woraufhin sie einen klagenden Laut von sich gab. Die drei Kätzchen verschwanden wie „Rette sich, wer kann“, und natürlich nahm die kleine Miss den relativ großen Knochen nicht mit. Der Knochen blieb liegen. Da setzte Blackberries die Mutterkatze behutsam wieder ab, ging hinüber, wo der Knochen lag, und begann ihn zu verspeisen. Mir aber blieb der Mund offen stehen: was für ein Psychologe, der Wolf in ihm!

Blackberries wusste etwas, das zu lernen wir Menschen viele Jahre auf die Universität gehen. Er wusste, was dem Kätzchen Sicherheit gegeben hatte. Wir studieren die Dinge von außen, er sah die Schöpfung von innen. Wir fügen mit großer Mühe die Teile eines Puzzles zusammen, er sah sofort das ganze Bild und sah es so selbstverständlich, wie die Störche ohne GPS nach Afrika fliegen. Wir rühmen uns der Dinge, die wir wissen, und wissen doch so wenig. Wir nutzen das Fernrohr und das Mikroskop und schauen wie die Voyeure die Schöpfung an. Wir stellen Thesen auf, verwerfen, korrigieren und nähern uns den Dingen auf ähnliche Weise, wie wir das Pi für den Kreisumfang fanden. Der Wolf in meinem Hund wusste das alles schon. Er ruhte wie Mutter Erde in sich selbst. Er sah den Kreis von innen und wusste, dass die Mitte die Mutter war.

Wir aber sind der Klumpen Ton, der auf der Töpferscheibe des Lebens aus der Mitte rutschte und seither auf kafkaeske Weise die Mitte sucht. Wir ruhen nicht in uns selbst. Wir sind die Meister der Gerüste und Methoden. Keine Kuh braucht Yoga, kein Stier die Physik, um zu wissen, dass wir in Größerem geborgen sind.

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