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6. Die Geschichte mit den Affen

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Wie du wahrscheinlich an Hand der Überschrift schon ahnst, nähere ich mich nun der Geschichte der Menschen. Am wahrscheinlich frühen Nachmittag des sechsten Schöpfungstages war die Fauna so weit fertig, dass Gott mit der Schöpfung der Krone der Schöpfung (das sind wir) beginnen konnte. Und da Er schon immer und von Anfang an seine Geschöpfe an ihrer eigenen Genese beteiligt hatte (jedenfalls denke ich das und denke es deshalb, weil ich mir anders keinen Gott der Liebe vorstellen kann), gab Er der werdenden Krone der Schöpfung (also uns) zu verstehen, dass zum Kronenträger eine Würde gehören würde, in die er selbst hineinwachsen müsse. Und natürlich gab es Hürden. Ohne Hürden keine Würden.

Marionetten haben keine Würde. Und wenn es einzig und allein Gottes Würde wäre, die durch seine Geschöpfe spricht, dann müsste eine Ratte eine ähnliche Würde ausstrahlen wie ein Löwe oder ein Adler. Und wenn ein Pfau Stolz und ein Eichhörnchen Schönheit bietet, so passt das Wort Würde für nur relativ wenige Geschöpfe unter dem Himmel und auch nicht gerade für alle Menschen, obwohl wir daran festhalten, dass alle Menschen eine grundsätzliche Menschenwürde haben. Von der grundsätzlichen Menschenwürde einmal abgesehen, wurde Würde uns nicht in die Wiege gelegt. Würde zehrt von einem Konto, das von den Entscheidungen aufgebaut wird, die wir auf unserem Weg durch unser Leben treffen. In diesem Sinne beteiligt uns unser Schöpfer auch heute noch an unserer eigenen Genese.

Nun denke ich aber auch, dass das Prinzip der Beteiligung des Geschöpfes an seiner eigenen Genese auch schon vor uns galt. Gott legte auch schon den Geschöpfen, die lange vor uns wurden, Träume ins Herz, denen nachzugehen sie zu denen wurden, die sie wurden. Das Stachelschwein war damit zufrieden, ein Schwein zu sein und in Ruhe gelassen zu werden. Die Urmutter oder -vater aller Katzen wollte sehr viel mehr. Tyrannus Rex aber hatte seinen Traum vergessen und wollte nur noch jeden fressen. Der Spielraum der Selbstbeteiligung, den der Schöpfer den Geschöpfen an ihrer eigenen Genese gab, gab Charles Darwin die Basis für die Evolutionstheorie.

Gott zauberte nie aus dem Hut. Er ließ wachsen. Auch die Genese des Menschen brauchte ihre Zeit. Und wenn im 6. Kapitel des 1. Buches Mose von ein paar Typen die Rede ist, die nicht zu unserer Spezies gehörten, die aber dennoch mit den Frauen unserer Spezies Kinder haben konnten, also Leiber hatten, die mit unseren Leibern kompatibel waren, warum sollten dann diese Typen nicht identisch mit älteren Zweigen des Stammbaums gewesen sein, dessen Krone wir sind? In der Bibel werden diese Typen Söhne Gottes genannt, denn sie stammten aus Zeiten vor dem Sündenfall.

Adam und Eva im Paradies waren die ersten ausgereiften Exemplare am Ende des Werdegangs des Menschen. Adam und Eva erhielten die Krone. Ihnen wurde Autorität über Mutter Erde und ihre Geschöpfe gegeben. Die Krone kam in der Gestalt ihrer ausgereiften Sprachfähigkeit. Dem Wort des Menschen wurde die Autorität delegiert, im Rahmen der Erde über das Leben auf Erden zu regieren. Worte sind die Schiffe des Geistes. Sie sind die Flügel des Geistes. Im Ebenbild Gottes sollten die Flügel des menschlichen Geistes sich über die Schwerkraft der Erde erheben. Und zuerst flog Adam allein. Denn noch die Neandertalfrau hielt Sprache zwar für eine wunderbare Sache, um Beziehungen zu knüpfen, aber dem Wort die Führung in Sachen Beziehung zu geben, nein, das ginge ja dann doch zu weit. Beziehungen wurden körpersprachlich geführt, wofür die weiblichen Wesen immer schon das größere Talent besaßen – bis Adam die Worte fand und Gott ihm half, eine Frau zu überzeugen, dem Wort die Führung im Miteinander der Menschen zu geben. Und das war Eva. Und wenn es nicht so war, dann war es so ähnlich.

Eva war die erste Frau auf Erden, die bereit war, dem Wort – also der gesprochenen Sprache statt ihrer Körpersprache – die größere Bedeutung zu geben. Das war die totale Revolution. Es war eine Umkehrung aller bisher geltenden geschöpflichen Autoritäts- und Verhaltensmuster. Und wieso es in der Tat eine totale Revolution war, belegt die noch ältere Geschichte mit den Affen, denn eine Ur-Affenmutter hatte schon lange zuvor am Anfang aller Sprachentwicklung erkannt, dass die gesprochene Sprache der Körpersprache der weiblichen Wesen auf Erden die Führung in Sachen Beziehung nehmen würde.

Wir stammen nicht vom Affen ab, sondern der Affe von uns. Er scherte aus aus der Linie, die zu uns führte, und das verdankt er einer Ur-Affenmutter, die richtig erkannt hatte, dass der Geist der Primaten auf Grund ihrer Begabung mit Sprache eine Führung erhalten würde, die auf den Kopf stellen würde, was bisher gegolten hatte. Denn bisher hatte gegolten, dass die Körpersprache alle Beziehungen regiere. Schau Dich nur im Tierreich um, dann wirst Du sehen, was ich meine. In Sachen Körpersprache hatte gerade die Affenmutter ein außerordentlich großes Talent.

Bis zu dem Zeitpunkt, als das Wort dem werdenden Menschen anvertraut wurde, hatte gegolten und in der Entwicklung der Säugetiere seinen Höhepunkt erlebt, dass die mütterliche Psyche die konkurrenzlose höchste Instanz von Autorität im Reiche der Fauna innehabe, um das Miteinander innerhalb der eigenen Art zu gestalten und die nächste Generation zu prägen. Die Erfindung/Schöpfung des Uterus führte zum Höhepunkt dieser Entwicklung, denn nun wurde schon das noch ungeborene - sozusagen noch nicht geschlüpfte Kind - in den Gefühlsmustern der Mutter geprägt, was ein ungeheurer Fortschritt über die Wesen bedeutet hatte, die noch aus dem Ei geschlüpft waren. Mittels des Uterus wurden die Grundlagen für Familie gelegt. Und so hatte im Reich der Geschöpfe die Konstellation Psyche über Geist gegolten, bis die gesprochene Sprache diese Konstellation in Frage zu stellen begann.

Eine Affenmutter fürchtete um das Monopol weiblicher Führung. Eine Affenmutter am frühen Nachmittag des Tages, als Gott mit der Schöpfung des Menschen begann, fand die Lösung, wie sie verhindern könne, dass das Wort ihres Mannes oder ihrer Söhne ihr rauben könnte, was sie bisher konkurrenzlos besessen hatte: die Führung der Affen. Und daher verbot sie ihren Kindern den Mund.

Eine Mutter, die die Urmutter aller Affen war, hatte sich entschieden, die Sprachentwicklung nicht mitzumachen oder genauer, sie entschloss sich, die ersten Schritte hominider Sprachentwicklung, an der auch sie beteiligt gewesen war, rückgängig zu machen, indem sie jedes Verbalisieren unterband, wie es heute (wenn auch auf einem sehr anderen Niveau) in Nordkorea und überall dort geschieht, wo die Pressefreiheit unterbunden wird, und wo ein Mann auf der Spitze einer pyramidalen Ordnung sitzt, von der er selbst nicht weiß, dass er ihr Oberaffe ist und lieber köpft als spricht. Nicht als Beleidigung gemeint, aber ‘bullshit’ muss nun einmal ‘bullshit’ genannt werden. Und außerdem, höre dich nur um: Du wirst entdecken müssen, dass auch wir im Westen immer mehr Worte mit einem Tabu belegen, und je mehr wir dies tun, statt auf den Tisch zu legen, was in uns ist – sei es gut, sei es nicht so gut (denn wir sind eine gefallene Spezies) –, stehen auch wir in Gefahr, eine Art von Affen zu werden, die, statt den Dialog zu suchen, nur äffen, was 08/15 ist.

Das tiefste und älteste Stratum aller schöpfungs-internen Kommunikation ist die Kommunikation zwischen dem geschöpflichen Geist und der geschöpflichen Seele, die ein Dialog zu werden, jedoch erst mit Adam und Eva begann. Als die Kommunikation zwischen Geist und Seele zu einem Dialog wurde, war die Schöpfung von Adam und Eva getan.

Aber die Voraussetzungen für diesen Dialog waren schon am ersten Schöpfungstag eingefädelt worden, als Gottes Geist über die Tiefe kam. Aus dem Nichts schuf Gott die Seele und hielt Zwiesprache mit ihr, woraus alles Leben kam. Der Höhepunkt dieser Beziehung wurde in der Schöpfung der Flora verwirklicht.

Als die Zeit dafür gekommen war, gab Gott Geist von Seinem Geist in Seine Schöpfung hinein, und erst dann begann Gestalt zu finden, was wir die Fauna nennen. Mit dem Beginn der Fauna begann der geschöpfliche Geist, seinen Part in den Schöpfungsprozessen zu spielen, denn der Schöpfer delegierte ihm die Autorität mitzuwirken. Die Liebe Gottes zu seiner Schöpfung manifestierte sich immer schon darin, seinem Geschöpf Anteil an der eigenen Genese zu geben. Gott legte seinen Geschöpfen immer schon Träume ins Herz (wie er es in einem der spätesten Beispiele mit Jakob tat) und wartete auf des Geschöpfes Antwort. Die Fauna ist identisch mit dem Bewusstsein des Geschöpfes von sich selbst, was ohne den geschöpflichen Geist nicht möglich wäre.

Bewusstsein von sich selbst fand zum Beispiel eine wunderschöne Manifestation in meinem Hund/Wolf Blackberries. Aber wie im ganzen Tierreich bis zu Adam und Eva war auch in ihm die Autorität seiner Psyche der Autorität seines Geistes übergeordnet, weil nur das Wort und nur des Wortes Vollendung diese Beziehung umdrehen kann. Der Regierungswechsel von Psyche über Geist zu Geist über Psyche geschah mit Adam und Eva im Paradies. Aber gerade darin lag auch ihre Versuchung, wie Gott zu sein – mit fürchterlichen Konsequenzen für die Zukunft, aber auch mit einem bleibenden Traum von der wahren Destination des Menschen.

Natürlich habe ich damals, als ich durch Mexiko reiste, diese Dinge noch nicht gedacht, denn diese Dinge konnte ich erst nach dem Wendepunkt denken, von dem ich weiter oben sprach. Dennoch war das Erlebnis mit Blackberries und meiner Trauer, ihm nicht erklären zu können, was ich für ihn empfand, der Anstoß, über diese Dinge nachzudenken. Es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis ich würde formulieren können, dass die Urmutter der Affen sich bewusst gewesen sein musste, dass Sprache ihr nehmen würde, was sie besaß: das Monopol der Macht in der Affenbande.

Die Schimpansengesellschaft ist das Beispiel par excellence einer matriarchalen Gesellschaftsform, und es bedurfte einer sprachbegabten Frau (Jane Goodall), um diese Tatsache herauszufinden. Die Affen blieben stehen, wo wir weitergingen, und heimsten sich den Vorteil ein, in einem Quasi-Paradies geblieben zu sein. Denn ohne das Wort lässt sich nicht Widerspruch zu Gottes Wort erheben. Ohne das Wort, also ohne unsere Sprachbegabung hätte es keinen Sündenfall gegeben. Aber ohne das Wort, also ohne unser Vermögen, Gottes Wort zu hören, wird es auch keine Erlösung geben.

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