Читать книгу Raufen für Erwachsene - Gerhard Schrabal - Страница 14

Jeden anfassen?

Оглавление

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es geht hier ganz gewiss nicht darum, dass Du in jedem Fall und „mit jedem“ Körperkontakt haben solltest. Ich möchte lediglich die Hintergründe und die Folgen der in unserer Gesellschaft weit verbreiteten Berührungsarmut darstellen und mögliche Auswege aufzeigen. Aber natürlich solltest Du Deiner subjektiven Wahrnehmung und Deinen ganz individuellen Impulsen folgen bei der Auswahl der Menschen, mit denen Du in Kontakt gehen möchtest. Das ist unter anderem eine Frage der Sympathie und des Vertrauens, und es gibt durchaus auch gute Gründe, ein Berührungsangebot abzulehnen. Jeder Mensch hat seine Vorlieben und muss darüber niemandem Rechenschaft ablegen. Wie jemand aussieht, sich verhält, sich bewegt, sich anfühlt oder riecht, kann entscheidend sein für Deine Reaktion. Das ist alles nur allzu menschlich, und Schönheit entsteht bekanntlich im Auge des Betrachters. Und wenn es umgekehrt Dich trifft, musst Du eine Ablehnung, die Du vielleicht von einem anderen Menschen erfährst, nicht persönlich nehmen. Sie entspringt der aktuellen subjektiven Realität eines anderen Menschen und hat nur bedingt etwas mit Dir und Deinem „So-Sein“ zu tun. Außerdem ist es durchaus möglich, dass eine anfängliche Ablehnung bei näherem Kennenlernen schwächer wird oder ganz verschwindet. Im Abschnitt „Raufpartner finden“ werde ich auf diese Thematik noch näher eingehen.

Die folgende Situation habe ich in besonderer Erinnerung: Ein Teilnehmer hatte nach vielen Anläufen endlich seine Ehefrau überreden können, ihn einmal zu einem Rauftreff zu begleiten. „Nur zum Anschauen!“, beteuerte sie ausdrücklich. Tatsächlich setzte sie sich erst einmal auf einen Stuhl, der in maximaler Entfernung zu den Matten stand. Ihre ganze Körpersprache deutete an, dass sie nichts mit uns zu tun haben wollte; die Sache war ihr einfach zu suspekt. Wir anderen hatten derweil unseren Spaß und beachteten sie nicht weiter. Und dann passierte etwas Spannendes: Ganz langsam begann die Frau mit ihrem Stuhl näher zu rücken und das Geschehen mit wachsendem Interesse zu beobachten. Als sie schließlich fast am Mattenrand angekommen war, sprach eine der gerade aktiven Teilnehmerinnen sie an und forderte sie auf, es doch auch einmal auszuprobieren. Und tatsächlich ließ sie sich darauf ein. Sie begann erst zaghaft, dann immer wilder, und schließlich kämpfte sie wie eine Göttin. Am Ende hatte sie uns alle durchgerauft und war kaum wieder von der Matte zu kriegen. Eigentlich hörte sie nur auf, weil sie keine weiteren Gegner oder Gegnerinnen mehr hatte …

Zum Raufen gehört, dass Du Dir darüber klar wirst, was Du willst und was Du nicht willst. Beides solltest Du deutlich und unmissverständlich kommunizieren und ganz bewusst umsetzen. Nimm Dir ruhig die Zeit, die du benötigst, um diese Klarheit zu gewinnen. Es ist völlig normal, dass Du mit der Idee, selbst zu raufen, erst warm werden musst – ebenso wie mit einem möglichen Gegenüber. Ich kenne das gut von unseren Rauf-Veranstaltungen, deshalb beginnen wir dort immer mit einfachen angeleiteten Übungen, damit die Teilnehmer Gelegenheit zum „Aufwärmen“ erhalten, und zwar körperlich, systemisch, geistig und emotional.9

Raufen für Erwachsene

Подняться наверх