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1.1.5 Modellsynthese

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Welches Kompetenzmodell gilt beziehungsweise stimmt nun? Das Modell der drei Dimensionen «Wissen x Können x Wollen» oder dasjenige der vier Bereiche Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstkompetenz und Sozialkompetenz? Oder doch das Kompetenzen-Ressourcen-Modell von Le Boterf? Wie gut passt die Definition von Weinert? Oder ist vielleicht die weitverbreitete KoRe-Methode mit den Ressourcen Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen am besten geeignet? Die pragmatische Antwort lautet: Alle sind gültig!

Alle Modelle beschreiben Kompetenz. Es ist wie das Messen einer Strecke. Man kann die Distanz zwischen zwei Städten in Meilen oder in Kilometern messen. Die Entfernung bleibt die gleiche. Egal, welche Maßeinheit (oder übertragen welches Modell oder Verständnis) gewählt wird.

Sich auf ein einziges Kompetenzmodell festzulegen, birgt die Gefahr, gute Elemente anderer Modelle zu vernachlässigen. Es ist also Geschmackssache oder von spezifischen und situationsbezogenen Argumenten geleitet, für welches Modell man sich entscheidet.

In der Berufsbildungslandschaft sind die beiden Modelle «Wissen x Können x Wollen» und «Fach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz» verbreitet. Sie werden häufig gleichzeitig und ergänzend verwendet. Die beiden Modelle lassen sich gut zusammenführen (synthetisieren) und bilden zusammen das leitende Kompetenzmodell für dieses Buch (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2:

Vier Kompetenzbereiche

Wie in Abschnitt 1.1.3 beschrieben, kann man sich die Kompetenzausprägung als einen Quader mit den Dimensionen «Wissen x Können x Wollen» vorstellen. Zur Veranschaulichung der Modellsynthese gehen wir von einem würfelförmigen Glasbehälter aus. Alle drei Dimensionen sind gleichermaßen ausgeprägt. In diesen Behälter gießt man nun vier verschiedene zähflüssige Farben (Kompetenzbereiche). Sie vermischen sich teilweise zu neuen Farben, bleiben aber auch rein. Wie sie sich im Innern des Gefäßes und an den Berührungsflächen vermischen, ist von außen durch die Glaswand nicht vollständig erkennbar.

Die Matrix in Tabelle 2 zeigt an einem Beispiel aus der Hörsystemakustik-Branche, wie die drei Dimensionen sowie die vier Bereiche von Kompetenzen in Beziehung gebracht werden können. An diesem Beispiel wird deutlich, wie schwierig in manchen Dimensionen und Bereichen eine eindeutige Differenzierung vorzunehmen ist.

Dimensionen Bereiche Wissen Wollen Können
Fachkompetenz Einer Kundin oder einem Kunden die Einstellungsfunktionen eines Hörsystems vollständig aufzeigen Das optimale Hörsystem für den besonderen Hörbedarf datenbasiert ermitteln und empfehlen Das Hörsystem fachgerecht auf den Hörbedarf einstellen
Sozialkompetenz Grundlagen und Vorgehensweisen im Umgang mit schwerhörigen Personen beschreiben und reflektieren Auf Widerstände und Befürchtungen von Kundinnen und Kunden im Umgang mit Hörsystemen einfühlsam reagieren Schwierige Beratungsgespräche mit Kundinnen und Kunden über Hörsystemanpassungen führen
Selbstkompetenz Hygienemaßnahmen pflicht- und verantwortungsbewusst einhalten Grundhaltung der Verantwortung für die sorgfältige Betreuung von Kundinnen und Kunden entwickeln Neue Behandlungsmethoden und Behandlungstechniken gezielt lernen und beherrschen
Methodenkompetenz Eine Kundin oder einen Kunden über den Ablauf einer Audiotherapie strukturiert und vollständig informieren Audiotherapien auf den besonderen Bedarf der Kundin oder des Kunden abgestimmt entwickeln Audiotherapie mit der Kundin oder dem Kunden planmäßig und vollständig durchführen

Tabelle 2:

Kompetenzdimensionen in Beziehung zu Kompetenzbereichen

Ziel von Ausbildungen und dementsprechend von handlungskompetenzorientierten Prüfungen soll sein, alle Felder dieser Matrix abzudecken. Dies ist in der Konzeption der Ausbildung sowie des Qualifikationsverfahrens (Prüfung) zu berücksichtigen. Demnach werden idealerweise in allen Bereichen und in allen Dimensionen Ausbildungsschwerpunkte gesetzt. Selbstverständlich kann nicht in jeder einzelnen Lernveranstaltung beziehungsweise Lernsituation und an jedem Lernort (z.B. Lehrbetrieb, Berufsfachschule, überbetriebliche Kurse) umfassend und gleichzeitig in allen Bereichen und Dimensionen ausgebildet und die Kompetenzentwicklung gefördert werden. Insgesamt ist dieser Anspruch das Ziel, wenn der Ausbildung die Kompetenzorientierung als Paradigma zugrunde liegt. Dementsprechend sind angepasste Ausbildungssequenzen und Formen der Handlungskompetenzbeurteilung auszuwählen, zu entwickeln und einzusetzen.

Handlungskompetenzen prüfen (E-Book)

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