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Gleichheit: Begriffsgeschichte und aktuelle Debatten1 1. Einleitung

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Gleichheit – griech. isotes, lat. aequitas, aequalitas, franz. égalité, engl. equality – kann in zwei Bedeutungen verwendet werden. Erstens im Sinne qualitativer Übereinstimmung, zweitens im Sinn numerischer Identität. In der ersten Bedeutung bezieht man sich mit ‚gleich‘ auf mehrere unterschiedliche Gegenstände, die in mindestens einer, aber nicht allen Hinsichten gleiche Eigenschaften haben. Die zweiten Bedeutung bezieht sich auf ein und denselben mit sich selbst in allen Merkmalen übereinstimmenden Gegenstand, auf den ggf. mittels verschiedener singulärer Termini bzw. Eigennamen oder Beschreibungen Bezug genommen wird.

Dieser Artikel behandelt qualitative Gleichheit als soziale und politische Gleichheit, die gegenwärtig die kontroverseste unten den großen sozialen Idealen ist. ‚Gleichheit‘ kann sowohl deskriptiv als auch präskriptiv benutzt werden. ‚Gleichheit‘ ist in der präskriptiven Verwendungsweise ein aufgeladener Terminus. Wegen seiner normalerweise positiven Konnotation hat er eine rhetorische Kraft2, die den Begriff zum politischen Slogan geeignet sein lässt.

‚Gleichheit‘ bedeutet Übereinstimmung einer Mehrzahl von Gegenständen, Personen oder Sachverhalten in einem bestimmten Merkmal, bei Verschiedenheit in anderen Merkmalen. ‚Gleichheit‘ ist damit sowohl von ‚Identität‘ als auch von ‚Ähnlichkeit‘, dem Begriff für nur annähernde Übereinstimmung zu unterscheiden.3 ‚Gleichheit‘ bzw. ‚gleich‘ ist ein unvollständiges Prädikat und muss immer die Frage nach sich ziehen: gleich in welcher Hinsicht? Gleichheit besteht im wesentlichen in einer dreistelligen Relation zwischen zwei (oder mehreren) Gegenständen oder Personen und einer (oder mehreren) Eigenschaften. „Zwei Gegenstände a und b sind gleich hinsichtlich des Prädikationsspielraums P, wenn sie, was diesen Spielraums betrifft, unter denselben generellen Terminus fallen.“4 ‚Gleichheit‘ bezeichnet das Verhältnis zwischen den verglichenen Objekten. Jeder Vergleich setzt ein tertium comparationis voraus, ein konkretes Merkmal, in dem die Gleichheit gelten soll. Gleichheit bezieht sich auf den gemeinsamen Anteil an dem vergleichsentscheidenden Merkmal. Dieser relevante Vergleichsstandard stellt eine jeweils zu spezifizierende ‚Variable‘, (oder ‚Index‘, ‚Bewertungsspielraum‘ u.ä.) des Gleichheitsbegriffs dar5, die zu verschiedenen Konzeptionen der Gleichheit führt, wenn es sich bei den Standards um unterschiedliche moralische Normen handelt. Der Unterschied zwischen einem allgemeinen Begriff und spezifischen Konzeptionen6 der Gleichheit mag erklären, warum ‚Gleichheit‘ machen Autorinnen und Autoren zufolge keine einheitliche oder gar leere Bedeutung zu haben scheint.7

Im Unterschied zu numerischer Identität setzt ein Gleichheitsurteil die Verschiedenheit des Verglichenen voraus. ‚Völlige‘ oder ‚absolute‘ Gleichheit sind nach dieser Definition in sich widersprüchliche Aussagen. Zwei nicht-identische Objekte gleichen sich nie vollständig; sie unterscheiden sich zumindest in ihrer Raum-Zeit-Stelle. Einige Autorinnen und Autoren hingegen möchten absolute qualitative Gleichheit jedoch nicht definitorisch ausschließen, sondern als Grenzbegriff zulassen.8

Von zentraler Bedeutung es ist, wie der Maßstab des Vergleichs bei deskriptiver wie präskriptiver Gleichheit bestimmt wird. Bei deskriptiver Gleichheit ist der gemeinsame Maßstab selbst ein deskriptiver: Zwei Menschen wiegen z.B. gleich viel. Präskriptive Gleichheit liegt vor, wenn ein präskriptiver Maßstab, d.h. eine Norm oder Regel verwendet wird, z.B. Gleichheit vor dem Gesetz. Die Maßstäbe, die präskriptiven Gleichheitsbehauptungen zugrunde liegen, enthalten zumindest zwei Komponenten: Einerseits eine deskriptive Komponente, da sie deskriptive Kriterien enthalten müssen, um diejenigen Personen zu identifizieren, auf die sich die Regel bezieht; diese deskriptiven Kriterien unterscheiden diejenigen, die unter die Norm fallen, von denen, die außerhalb des Geltungsbereichs der Norm stehen. Außerdem enthalten die Vergleichsstandards etwas Normatives, eine moralische oder rechtliche Regel, die angibt, wie die Menschen, die als unter die Norm fallend identifiziert wurden, behandelt werden sollen. Diese Norm macht die Präskription aus.9 Soziologische und ökonomische Analysen von (Un-)Gleichheit untersuchen deskriptiv, (i) wie (Un-)Gleichheit bestimmt und gemessen werden kann und (ii) was ihre Ursachen und Wirkungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gefüge sind.10 Die Moral-, Sozial- und Politische Philosophie beschäftigt sich hingegen mit (Un-)Gleichheit hauptsächlich in ihrer präskriptiven Verwendung.

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