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2 Die Herausbildung des Konditionals im Spanischen und im Portugiesischen

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Im Rahmen der Entwicklung vom klassischen Latein zum Vulgärlatein wurde das klassische lateinische Futur (CAN'TĀBŌ) durch eine vulgärlateinische synthetische Form (CAN'TĀRE 'HABEO) ersetzt. Diese entwickelte die sich durch Reanalyse von ‘ich habe zu singen’ zu ‘ich werde singen’ und wurde im Rahmen des durchlaufenen Sprachwandelprozesses zu einer synthetischen Form (*CANTA'RAIO) als Ergebnis der Verbindung von Infinitiv und flektierter Form. Diese Entwicklung war mit einem Betonungswandel verbunden, infolgedessen nur noch HABERE die Betonung trug (Kaiser 2014: 144). Dem entspricht die allgemeine Tendenz der romanischen Sprachen, dass die Betonung in der Regel auf das Hilfsverb fällt (Lausberg 1972: 230-231).

Parallel zur Herausbildung des Futurs bildete sich im Vulgärlatein eine neue Kategorie heraus, die das klassische Latein nicht kannte: der Konditional (vgl. Kaiser 2014: 144). Ähnlich wie das Futur geht auch diese Form auf eine Verknüpfung des Infinitivs mit einer finiten Form von HABERE zurück (Kaiser 2014: 144). Statt auf das Präsens wird allerdings in den iberoromanischen Sprachen auf das Imperfekt zurückgegriffen. Obwohl die Chronologie der Entwicklung der Futur- und der Konditionalformen bis heute unklar ist, steht fest, dass die Konditionalform häufiger attestiert ist. Dies mag jedoch der Konkurrenz zwischen synthetischem und analytischem Futur geschuldet sein, die es im Fall des Konditionals nicht gab (Kaiser 2014: 145). Der Konditional im Spanischen und Portugiesischen ist folglich das Ergebnis einer Ableitung: CAN'TĀRE HA'BĒBA(M) > *CANTA'REA > span. cantaría und port. cantaria (Kaiser 2014: 145 und 211) und ein Ergebnis des Betonungswandels.

Vulgärlatein
Sg. 1. CAN'TĀRE HA'BĒBA(M) > *CANTA'REA
2. CAN'TĀRE HA'BĒBĀS > *CANTA'REAS
3. CAN'TĀRE HA'BĒBAT > *CANTA'REAT
Pl. 1. CAN'TĀRE HABĒ'BĀMUS > *CANTARE'AMUS
2. CAN'TĀRE HABĒ'BĀTIS > *CANTARE'ATES
3. CAN'TĀRE HA'BĒBANT > *CANTA'REANT

Tabelle 2:

Herausbildung des Konditionals im Vulgärlatein (Kaiser 2014: 145)

Im späten gesprochenen Latein tritt der romanische Konditional in der Apodosis auf und man findet erste schriftliche Belege, z.B. in den Prädigten von Sankt Augustinus 253, 4: SANĀRE TE HABĒBAT DEUS, SĪ [...] FATERERIS (span. Dios te curaría, si confesases. port. Deus curar-te-ia, se confessasses und dt. Gott würde dich heilen, wenn du gestehen würdest.) (vgl. Pérez Pascual 2001: 228). Im Altspanischen koexistierten die Schreibweisen auf -ía und -ie sowie die Realisierung als synthetische und als analytische Form (cantar hía vs. cantaría).

Der Konditional ist folglich eine Innovation des Vulgärlateins, die sich in Folge eines Betonungswandels im Vulgärlatein im Spanischen und im Portugiesischen von einer analytischen zu einer synthetischen Form entwickelte.

Kontrastive Pragmatik in Forschung und Vermittlung

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