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Das Wesen von Hypnose

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An diesem Morgen war etwas anders. Er spürte es, als er aufwachte. Aber er wußte zunächst nicht, was sich verändert hatte.

Als er sich entschloß aufzustehen, erkannte er, daß das Jucken an seiner Augenbraue aufgehört hatte.

Im Spiegel sah er dann, daß die Warze genau so groß war wie zuvor, dieses entzündliche Rot jedoch vergangen war. Die Warze hatte jetzt die Farbe seiner übrigen Haut.

Nach der Morgentoilette setzte er die Reihe seiner hypnotischen Übungen fort und brach in das Büro auf.

Frau Herr war schon anwesend und grüßte ihn freundlich.

Er erwiderte ihren Gruß und fragte, ob Frau Zappeck schon da sei.

„Sie wartet schon in Ihrem Zimmer. Ich habe ihr einen Kaffee angeboten.“

Er nickte und trat in sein Zimmer.

Frau Zappeck hatte die Knie angewinkelt und hielt mit beiden Händen ihre Kaffeetasse auf den Knien fest.

„Bleiben Sie bitte sitzen!“, sagt er schnell und gab ihr die Hand.

„Können wir gleich loslegen?“

„Ja, sicher doch, bitte!“ entgegnete sie.

„Ich möchte zusammenfassen, was ich verstanden habe.

Sie haben einen Familienbetrieb, der das Lebenswerk Ihres Vaters und auch Ihres Onkels ist und der sich bisher wirtschaftlich zufriedenstellend entwickelt hatte.

In letzter Zeit und nach der Pensionierung Ihres Geschäftsführers hat Ihr Neffe die Geschäftsführung übernommen.

Dieser macht ihnen Sorge, weil er zu viel Geld ausgibt, siehe gelber Ferrari, und zu wenig Zeit der Firma widmet, siehe Golfspiel.

Sie überlegen, wie Sie die Situation positiv beeinflussen können, ohne das Familiengeschirr zu zerdeppern.

Sie möchten die Firma aus Pietät gegenüber Ihrem Vater und weil sie eine wichtige finanzielle Grundlage für Ihre Familie darstellt, am liebsten erhalten. Oder in einer Weise in einer größeren Firma aufgehen sehen, an der die Familie dann durch Aktien oder in anderer Weise beteiligt wären.

Ist das soweit korrekt?

„Ja, genau so ist das, Sie haben das gut ausgedrückt!“

„Haben Sie diese Sicht der Dinge den anderen Gesellschaftern geschildert?“

„Ja, aber mein Neffe ist dagegen und die Anderen halten sich raus.“

„Und Sie möchten einen offenen Konflikt vermeiden, weil der Ihre Familie, mit der Sie einen guten Kontakt haben, spalten könnte?“

„Ja! Genau! Und ich mag auch meinen Neffen, aber ich zweifele, ob er die zur Führung einer Firma nötigen Voraussetzungen besitzt.“

„Also sah ihre bisherige Problemlösungsstrategie so aus, daß Sie einen sozialen und vielleicht auch familiären Konflikt durch Konfliktlosigkeit versucht haben zu lösen und dabei festgestellt haben, daß das nicht geht. Richtig?“

„Wenn Sie das so ausdrücken, ja!“

„Und Sie haben noch keine Idee, wie Sie das Dilemma lösen können.“

„Genau!“

„Die einfachsten Lösungen in dem geschilderten Fall wären alle aggressiv. Dies möchten Sie aber möglichst ausschließen.

Es gäbe die Möglichkeit, zunächst nichts zu machen und die Firma den Bach hinunter gehen zu lassen, bis eine Änderung unumgänglich wäre. Dabei würde die Firma aber für einen Verkauf immer uninteressanter. Ihre Konkurrenten würden sie dann nicht kaufen, sondern totkonkurrieren wollen.

Ich sehe, Sie sind sehr anspruchsvoll, was eine Lösung angeht!“ lächelte Renansen. „Kein Wunder, daß Sie noch keine Lösung gefunden haben und schlecht schlafen!“

Frau Zappeck lächelte erleichtert: „Schön wie Sie das sagen! So klingt das fast schon gut.“

Dann mußte sie lachen.

„Sie verstehen von der ganzen Sache mehr als ich“, schlug Renansen vor.

„Was halten Sie davon, wenn wir Ihr Unbewusstes fragen, ob es einen Rat hat?“

„Ja, wenn das geht, gerne!“

„Gut, dann stellen Sie doch bitte die Tasse ab und setzen sich bequem hin! So bitte!“

Er hielt seine beiden Hände und die Unterarme abgewinkelt betont locker vor die Brust.

„Und jetzt schließen Sie bitte die Augen!

Sagen Sie innerlich Ihrem Unbewussten, daß Sie ihm erlauben, sich ungestört über die Hände auszudrücken, indem diese sich von ganz alleine bewegen dürfen!

Und wenn das Unbewusste damit einverstanden ist, wird sich gleich eine Hand von ganz alleine nach unten bewegen und Sie dabei in eine gute Arbeitstrance führen!“

Zunächst passierte nichts, dann, nach etwa fünf Minuten, begann die rechte Hand von alleine mit kleinen ruckartigen Bewegungen in Richtung Oberschenkel zu sinken.

Als die Hand etwas abgesunken war, sagte er: „Und während diese Hand von ganz alleine nach unten geht und sich eine gute

Arbeitstrance aufbaut, können Sie Ihr Unbewusstes innerlich bitten, das nun die linke Hand von ganz alleine nach oben schwebt!

Spätestens, bis sie das Gesicht erreicht und berührt, kann das Unbewusste Ihr Bewusstsein wissen lassen, was es zur Lösung Ihres Problems oder für den ersten Schritt zur Lösung vorschlägt!“

Diesmal dauerte es nur wenige Sekunden, bis die linke Hand begann, zum Gesicht zu wandern.

Als die Hand etwa fünf Zentimeter von ihrer Wange entfernt war, öffnete Frau Zappeck die Augen und meinte: „Ich soll ein Gespräch mit unserem alten Geschäftsführer führen und ihn um Rat fragen. Er sei in Geschäftsdingen doch sehr erfahren.“

„Prima!“ sagte Otto Renansen. „Wir sehen uns dann, wenn Sie dieses Gespräch geführt haben wieder, wenn Sie möchten!“

„Warum bin ich da nicht schon früher draufgekommen?“

„Entweder, weil Sie nicht gut genug auf Ihr Unbewusstes und Ihre Intuition achten. In der drückt sich Ihr Unbewusstes im Alltag aus.

Oder, weil Sie sich zu stark in das Problem hineingebohrt haben und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, weil Sie Ihre Gelassenheit und Zuversicht verloren haben.

Außerdem übernehmen Sie für meinen Geschmack zu viel Verantwortung!

Nicht nur für sich, sondern auch für die Stimmung in der Familie und über den Tod hinaus auch noch für den Lebenserfolg Ihres Vaters.

Ich finde, das reicht für mehrere Leben!“

Sie verabschiedeten sich. Frau Zappeck schien nachdenklich zu sein.

Otto Renansen nahm sich ein Schweizer Kräuterbonbon und schlenderte zu Frau Herr.

„Sie wollten doch etwas über Hypnose und das Unbewusste lernen“, meinte er.

Sie nickte.

„Gerne!“

„Erstens: Hypnose gibt es gar nicht!

,Hypnose’ ist nur ein metaphorischer Begriff für eine spezielle Kommunikationskunst, mittels der ein spezieller geistiger Zustand hergestellt, vertieft und genutzt, sowie wieder aufgelöst wird: ,Trance’.

Der Trancezustand ist wie Wachsein, Schlaf oder Traum real und uns angeboren und kann im Elektrozephalogramm, dem EEG, und mit den modernen Hirnuntersuchungsmethoden nachgewiesen werden.

Er geht mit einer Vielzahl von funktionellen und körperlichen Veränderungen einher.

Im hypnotischen Trancezustand sind wir sowohl körperlich als auch psychisch optimiert.

Hypnose, oder besser gesagt hypnotische Trance, ist einfach gesund und völlig unproblematisch.

In tiefer Hypnose ist nur Wohlbefinden. Die Durchblutung, das Immunsystem, die Hormonsysteme und das Vegetative Nervensystem mit seinen Körpersteuerungen und die Psyche werden optimiert.

Auf der geistigen Ebene ist Hypnose durch ein spezielles Denken gekennzeichnet.

1925 hat der französische Psychologieprofessor Pierre Janet eine geistige Dissoziation als das Wesen der Hypnose definiert.

Es gibt viele Theorien über das Wesen der Hypnose. Die meisten in den letzten zweihundertdreißig Jahren, seitdem Hypnose wissenschaftlich definiert und orientiert eingesetzt wird, waren falsch oder haben nur Teilaspekte richtig definiert.

Und selbst die Wissenschaft der Gegenwart mit ihren modernen Untersuchungsmethoden des Gehirns steht erst am Anfang, hypnotische Trance und ihre Wirkung wirklich zu verstehen.

Soviel: wenn Sie sich hypnotisieren wollen, um Trance zu erzeugen, müssen Sie Ihre Aufmerksamkeit fokussieren, von der Außenwelt abziehen und in das eigene Denken, Fühlen und den Körper richten und dort halten.

Wenn Sie das tun, gehen Sie automatisch in einen Trancezustand.

Er ist durch ein typisches ,Sowohl-als-auch-Denken’ gekennzeichnet. Sie sind dabei sowohl in Trance, als auch gleichzeitig sich ihrer selbst bewusst.

Je stärker Sie dabei ihre Aufmerksamkeit auf die innere Welt verschieben, desto stärker wird ihre Trance.

Das bedeutet auch, daß in Hypnose das Bewusstsein nicht verloren geht, sondern nur eingeengt wird. Der Fokus der Bewusstheit wird dabei zunehmend röhrenförmig eingeengt.

Alles, was außerhalb dieses Fokus liegt, wird in Hypnose nicht bewusst wahrgenommen und verfällt für das Bewusstsein einer Amnesie, einem Vergessen. Das Unbewusste jedoch behält das Wissen über das unbewusst Ausgeblendete.

Wie man andererseits in dem sich immer mehr einengenden Bewusstseinsfokus deutlich klarer bewusst denken kann.

In tiefster Hypnose ist alles ausgeblendet, nur die Stimme des Hypnotiseurs wird noch wahrgenommen.

Deshalb sind Menschen auch sofort wach und reagieren, wenn sie in Hypnose vom Hypnotiseur angesprochen werden, auch wenn sie zu schlafen scheinen.

Ganz wichtig ist es, zu verstehen, daß der Trancezustand im Hypnotisanden stattfindet, das ist derjenige, der hypnotisiert wird.

Trance ist seine Leistung und wird von ihm auf angeborener Ebene erzeugt. Er ist es auch, der den Trancezustand wieder auflöst.

Mit anderen Worten, es gibt nur Selbsthypnose oder Autohypnose, wie sie auch genannt wird.

Fremdhypnose oder Heterohypnose ist demnach nichts anderes, als eine von außen geleitete Selbsthypnose.

Das ist auch der Grund, warum das so gut funktioniert, was ich den Leuten hier in meinem Büro beibringe.

Um gleich die Frage zu beantworten, die sich meist die Leute stellen, ob man gegen seinen Willen hypnotisiert werden kann;

die Antwort lautet Ja!’. Insofern, als Menschen immer in Hypnose gehen, wenn sie sich geistig dissoziieren.

Wenn ein Fremder Sie veranlasst, sich geistig zu dissoziieren, werden Sie in Hypnose gehen. Deshalb haben Sie bei einem erfahrenen Hypnotiseur nur die Chance, sofort aufzuspringen und zu verschwinden, denn sonst wird er Sie früher oder später hypnotisieren können.

Ihr einziger Schutz ist Ihr Unbewusstes. Wenn das nämlich nicht will, ist der Hypnotiseur ohnmächtig.

Die einfachste Weise zu hypnotisieren besteht darin, eine Be-wusst-Unbewusst-Dissoziation einzuleiten und mit ihr das holistische und einheitliche Alltagsdenken des Gehirns zu dissoziieren.

Zum Beispiel, wenn ich Sie danach fragen würde, was sie wohl bewusst meinen würden, was ihr Unbewusstes gerade unbewusst denkt.

Wenn Sie sich auf diese Frage einlassen würden und ich das weiter treiben würde, gingen sie unfehlbar in eine dissoziative Trance und würden die Kriterien einer Hypnose erfüllen.

Sie brauchen sich aber trotzdem nicht gruseln! Denn so kinderleicht es für einen erfahrenen Hypnotiseur ist, eine Person in eine hypnotische Trance zu führen, so unmöglich ist dies, wenn sich das Unbewusste weigert, eine hypnotische Trance aufzubauen.

Wenn der Hypnotiseur in der Hypnose etwas suggeriert oder fordert, was das Unbewusste nicht akzeptiert, ist das Spiel sofort aus.

Entweder sprengt das Unbewusste in diesem Moment die Hypnose auf oder es entwickelt einen psychischen Widerstand gegen das Geforderte.

Obwohl das in der Showhypnose anders gespielt, wird, denn das ist ein Gesellschaftsspiel, das von Hypnotiseur und Hypno-tisand mit der gemeinsamen Intention eines scheinbaren Kon-trollverlustes gespielt wird.

In Wirklichkeit ist der Showhypnotiseur völlig von der Kooperationsbereitschaft des Unbewussten abhängig. Kooperationswillige aus den Zuschauern herauszufiltern, ist die größte Leistung

des Showhypnotiseurs.

Weil das so ist, wird auch vor Gericht der Vorwand, man habe ein Verbrechen aufgrund fremder Suggestionen in Hypnose begangen, als Ausrede betrachtet.

Niemand ist gezwungen, in Hypnose etwas zu tun, was seinem Wesen nicht entspricht.

Sie haben, Frau Herr, also immer die Kontrolle auf der unbewussten Ebene, aber nur eine ganz, ganz schwache auf der bewussten Ebene.

So können Sie sich perfekt schützen, wenn Sie den Hypnotiseur nicht kennen oder ihm nicht vertrauen: Wenn Sie merken, daß die Hypnose anflutet, bitten Sie einfach ihr Unbewusstes, auf Sie aufzupassen! So mache ich das immer und kann dann ganz entspannt mitmachen oder aussteigen.“

„Es können also alle Menschen in Hypnose gehen?“

„Ja, alle Menschen gehen jeden Tag viele hunderte Male kurz oder länger in Trance. Sie machen das völlig unbewusst.

Mit der bewussten Hypnose ist das komplizierter. Ich kann jeden, dessen Unbewusstes mir vertraut, hypnotisieren. Nicht jedoch diejenigen Menschen, die zu mir unbewusst kein Vertrauen haben. Die werden Widerstände entwickeln.

Die Grundlage der Hypnose ist der sogenannte ,Rapport’, das enge Vertrauensverhältnis zwischen Hypnotiseur und Hypno-tisanden. Deshalb hat es auch einen eigenen Namen.

Eine andere Voraussetzung ist die Fähigkeit, sich überhaupt konzentrieren zu können oder zu wollen.

Je intelligenter und geistig flexibler Menschen sind, desto besser und leichter können sie in Hypnose gehen. Je geistig starrer, verwirrter oder gar schwachsinnig jemand ist, desto schwieriger gestaltet sich das Hypnotisieren.

Es gibt auch Gründe, nicht zu hypnotisieren.

Zwar ist Hypnose, wie ich schon aufgeführt habe, immer gesund. Das gilt aber nur für die so genannte Ruhehypnose, in der man die Hypnose nicht nutzt, sondern sich nur ausruht und genießt.

Wenn Sie Hypnose in der Psychotherapie oder Psychosomatik nutzen oder um Erinnerungen ins Bewusstsein zu holen, können negative psychische Reaktionen entstehen.

Die sind aber nicht durch die Hypnose bedingt, sondern durch die Erkenntnisse und die unbequeme Wahrheiten, die ins Bewusstsein dringen. Zum Beispiel, wenn Sie in Hypnose ein seelisches Trauma oder einen sexuellen Missbrauch usw. erinnern.

Auch große Angst vor Hypnose spricht gegen die Nutzung von hypnotischer Trance.

Die haben Menschen, die sich zu Recht oder Unrecht vor ihren existenziellen Wahrheiten oder vor positiven Veränderungen im Leben fürchten oder davor, sie könnten sozusagen aus Versehen sie selber werden.“

„Können Sie mir Bücher über Hypnose empfehlen, die ich lesen könnte?“ fragte die Sekretärin.

„Sie können sich aus dem Bücherschrank in meinem Zimmer Bücher nehmen und sie lesen. Ich möchte nur nicht, daß die Bücher unser Büro verlassen.

Wenn Sie nichts zu tun haben, und das wird in der nächsten Zeit ja noch häufig sein, können Sie ruhig lesen und sich in Hypnose weiterbilden. Ich habe nichts dagegen. Im Gegenteil ich würde mich freuen!“

Es war Nachmittag geworden, als er sich entschloß, die überprüften Unterlagen in die Ablage zu legen und einen Bummel am Main zu machen.

Mit dem Auto zu fahren, hatte keinen Sinn, denn er würde keinen Parkplatz finden. Also entschied er sich für ein Taxi und ließ sich am Eisernen Steg absetzen.

Auf den Stufen der Fußgängerbrücke über den Main saß ein betrunkener Bettler und in der Brückenmitte spielte ein Mann, den er für einen Osteuropäer hielt, eine traurige Weise auf dem Saxofon.

Er kannte die Melodie nicht. Entschied sich jedoch, da der Musiker gut spielte, im zwei Euro in die Schachtel zu legen. Der Mann nickt ihm freundlich zu, während er weiterspielte.

Auf der Sachsenhäuser Mainseite ging er dicht am Ufer entlang und merkte, daß er keine rechte Lust hatte, weit zu gehen. So setzte er sich auf eine leere Bank und ließ den Blick über die Skyline der Hochhäuser schweifen.

In seiner Kindheit hatte es kein einziges Hochhaus gegeben. Eigentlich mochte er sie nur am Abend, wenn die Lichter und Reklamen der Wolkenkratzer schön und geheimnisvoll zu leuchten schienen.

Als er begann, sich zu langweilen, entschloß er sich über die Schweizer Straße zu bummeln.

Hier in Sachsenhausen war Frankfurt lebendig geblieben, ja sogar bunter geworden, auch wenn sich viel verändert hatte und ständig veränderte.

Er überlegte, da er leichten Hunger verspürte, ob er ins Gemalte Haus gehen sollte.

Als er durch den relativ schmalen Eingang der Wirtschaft eintrat, saßen in dem großen Vorraum mehrere Gruppen. Touristen, schätzte er sie ein, die hier Äppelwein probieren wollten, damit sie zu Hause sagen konnten, wir haben in Frankfurt Sachsenhausen Äppelwein getrunken.

Hinten im Lokal befanden sich weniger Gäste. Die aber waren bunt gemischt.

Banker, die nach der Arbeit noch einen kleinen Schoppen trinken wollten. Studenten, die nichts zu tun hatten und nach Mädchen Ausschau hielten. Und auch ältere Touristen, meist Ehepaare.

Früher hatte er das hier auch gemacht, nach Mädchen gesehen und geflirtet. Manchmal war er erfolgreich gewesen.

Er ließ den Blick schweifen.

Ihm fielen die einsamen Rentner auf, die hinter ihrem Apfelweinglas saßen und ihr Rippchen mit Sauerkraut oder ihr gekochtes Rindfleisch mit grüner Soße aßen.

Da er es liebte, ein Schwätzchen zu halten, während er sich eine Fleischwurst zum Äppelwein bestellte, fragte er einen sauber und altmodisch gekleideten Mann, ob er an seinem Tisch Platz nehmen dürfe und rutschte, als das bejaht wurde, auf der Bank an den Nebentisch weiter.

„Hier war ich schon als Jugendlicher“, begann er das Gespräch.

Der alte Herr lächelt.

„Hier hat sich wenig verändert, nur der Äppelwein ist besser geworden, ist nicht mehr so sauer“, ging er auf das Gespräch ein. „Hier ist Frankfurt noch Frankfurt geblieben.“

Otto Renansen nickte.

„Deshalb komme ich auch immer noch gerne hier her“, erwiderte er und prostete dem Gegenüber zu. „Und auch so sauber wie heute war der Äppelwein damals nicht“, nahm er das Gespräch wieder auf.

„Eigentlich schmecke er damals auch erst nach dem dritten Glas.“

„Ja, ja, das stimmt!“ meinte der ältere Herr und lächelte wieder.

„Ich erinnere mich an einen Schulausflug kurz vor dem Abitur zum Fuchstanz im Winter. Mit dem Schlitten.

Mit der Straßenbahn zur Hohe Mark und dann eine endloser Anstieg im Taunus zum Fuchstanz.

Dort ein oder zwei Gläser heißen Äppelwein und dann mit dem Schlitten mit Juhu zurück.

Abends haben wir dann aus Fünfliter-Bembel getrunken. Nicht in diesem Lokal, in einer andern Kneipe.

Am nächsten Morgen hatte ich einen furchtbaren Kater. Mir war schwindelig und was mir regelrechte Angst machte, waren die zackigen, weißen Flecken, die vor meinen Augen tanzten.

Ich hatte Angst, ich könne zu viel Fusel mitbekommen haben und blind werden.“

Wieder sagte der ältere Herr nur „Ja, ja!“ Dann: „Da müssen Sie sich heute aber anstrengen, um das zu erreichen.“

Die Fleischwurst mit Sauerkraut wurde gebracht. Das Gespräch verstummte.

Der Kellner hatte gleich schon unaufgefordert ein zweites Glas Äppelwein für jeden mitgebracht.

„Wohl bekomm's!“ sagte er.

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