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Der erste Kunde

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Eigentlich trank er nicht bei der Arbeit. Aber zur Feier des Tages hatte er auch Erich Seidel ein Glas Portwein eingeschenkt.

Die beiden Männer hatten auf die Unternehmensgründung des Hypnotisten angestoßen und sprachen über Frau Herr.

„Das scheint eine interessante Frau zu sein!“, sagte Herr Seidel und nickte.

„Passen Sie bloß auf, daß Sie nicht der Angestellte werden!“ lachte er. „Aber vielleicht ist das auch genau die Art von Frau, die Sie als Mitarbeiterin brauchen!“

„Wir werden sehen, was passiert!“ meinte der Hypnotist und war ein wenig verlegen.

„Mein Unbewusstes hat jedenfalls zugestimmt“, schob er nach. „Lassen Sie uns über Ihren Problemfall sprechen!“

„Ich bin der Wirtschaftsfachmann!“ widersprach Seidel, „Ich mag mich nicht mit den persönlichen Problemen meiner Kunden auseinandersetzen. Da bin ich überfordert. Das soll Ihre Aufgabe

sein!

Herr Bergmann hat jedenfalls zugestimmt, Sie kennen zu lernen. Er ist sogar bereit, noch heute Abend mit Ihnen zu sprechen, solange er hier in Frankfurt ist. Morgen wird er wieder nach Hause ins Ruhrgebiet fahren.“

Erich Bergmann war Erfolg gewöhnt.

Von seinem Vater hatte er einen Handwerksbetrieb mit einem Dutzend Arbeitern und Angestellten übernommen und zu einem Zulieferbetrieb für die verarbeitende Industrie mit über 200 Mitarbeitern aufgebaut.

Solide Finanzen und eine gute Auftragslage ließen eigentlich eine gute Zukunft erwarten, erzählte er, dennoch sei er in den letzten Jahren immer unruhiger im Hinblick auf die weitere Entwicklung geworden.

„Ich mache mir Sorgen, Herr Renansen!“ erklärte er, „Es läuft noch ordentlich, aber die Zeiten und die Dinge verändern sich!“

Das Personal sei nicht mehr das, was es mal gewesen sei. Immer mehr leide die Leistungsbereitschaft der Belegschaft und er beobachte mit Sorge, daß das Management die Dinge immer weniger im Griff habe.

Immer stärker habe er eingreifen müssen. Er sei an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen und sei häufig einfach erschöpft. Sein Hausarzt habe bereits den Verdacht geäußert, er stehe vielleicht vor einem beginnenden Burn-out. Aber das sei Quatsch! Er habe keine psychischen Störungen, sondern objektive Probleme.

Seine Probleme habe er stets selbst gelöst. Natürlich habe er auch Fehler gemacht, aber insgesamt sei er doch erfolgreich gewesen.

Er sei sich bewusst, daß er etwas verändern müsse, wisse aber nicht wie und wo er anfangen solle.

Herr Seidel versuche ihn zu beruhigen. Er verweise auf den guten Stand der Dinge, aber der könne sich schnell ändern.

Er sei sich bewusst, dass er selbst eine Lösung finden müsse. Deshalb habe er auch Herrn Seidel zugestimmt, als dieser ihm empfohlen habe mit einem Spezialisten für personales Coaching zusammenzuarbeiten.

Ihm sei auch Hypnose recht, auch wenn er sich darunter wenig vorstellen könne. Wie denn die Konditionen einer Zusammenarbeit seien?

Otto Renansen hatte geantwortet, dass das heutige Informationsgespräch unverbindlich sei. Er arbeite auf einer Stundenbasis oder einer Tagespauschale für sechs Arbeitsstunden. Und zusätzlich der Erstattung aller Spesen, wenn er außerhalb Frankfurts arbeiten solle. Jeder von ihnen habe dabei das Recht, die Zusammenarbeit jederzeit zu beenden.

Erich Bergmann hatte geantwortet, das sei fair. Er wolle jedoch wegen der Diskretion nicht, dass Otto Renansen ihn zu Hause aufsuche. Er habe geschäftlich häufig in Süddeutschland zu tun. So sei es für ihn praktischer, jeweils in Frankfurt vorbeizuschauen. Er werde sich jeweils rechtzeitig anmelden und ein Treffen verabreden.

Sie hatten danach noch ein wenig geplaudert und abgesprochen, daß Frau Herr den Vertrag in einem neutralen Umschlag an die Privatadresse schicken solle.

Wie er denn den Fall Bergmann einschätze, wurde Otto Renan-sen am nächsten Morgen von Susanne Herr gefragt.

Daß irgendetwas nicht stimme, hatte er gemeint. Er aber nicht wisse, was. Er sich aber deshalb keine Gedanken mache, da er ja auch das Problem, was immer es sei, auch nicht lösen müsse.

Das Unbewusste des Kunden wisse schon, was entweder in der Firma oder im Leben von Herrn Bergmann schief laufe und ihn bedrücke. Denn er könne ja nicht bedrückt sein, ohne zumindest unbewusst ein Problem erkannt zu haben.

Seine Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, daß der Kunde Kontakt zu seinem Unbewussten bekomme und dessen Wissen, Können und Problemlösungskreativität konstruktiv nutze.

„Dann verdienen Sie ihr Geld damit, daß Sie andere Leute ins Arbeiten bringen? — Gehen Sie nicht so vor, wie Milton Erickson?“

„Nein, meist nicht!“ hatte er ihr erklärt. „Ich arbeite selbstorganisatorisch und gemäß der Wissenschaft der Synergetik.

Ich bringe die Menschen, wie es in der Selbstorganisatorischen Hypnotherapie üblich ist, dazu, sich auf sich selbst und die eigene Kompetenz, die bewusste und die unbewusste, zu besinnen. Und dann diese für die Lösung von Problemen und zum Erreichen der eigenen Ziele zu nutzen.

Ich werde dafür bezahlt, daß ich weiß, wie das geht. Und wie man dabei erfolgreich vorgeht.“

„Und ,Synergetik’, was ist das?“, fragte Frau Herr.

„Die Wissenschaft vom Zusammenwirken. Die Wissenschaft, wie die Dinge von Natur aus zusammenwirken. Eine Wissenschaft, die sich aus der Chaostheorie und der Theorie komplexer Systeme entwickelt hat und mathematisch fundiert ist.

Wenn Sie zum Beispiel mit Ihrem CD-Player Musik hören, nutzen Sie ihre Gesetzmäßigkeit. Denn die Synergetik wurde bei der Entwicklung des Lasers entdeckt und dann in alle Wissenschaftsbereiche hinein weiter entwickelt. Am Schluss dann auch in die Psychologie und Hypnotherapie.

Das Mainzer Zentrum für Angewandte Hypnose zum Beispiel bildet vor dem Hintergrund dieser Theorie in Selbstorganisatorischer Hypnose und Hypnotherapie aus. Dort habe ich die Autosystemhypnose kennengelernt.“

„Und kann auch ich sie lernen?“

„Natürlich! Sie können sie im Rahmen der Selbsthypnose für sich selbst anwenden. Aber auch bei anderen Menschen.

Aber Sie dürfen, da Sie keine Ärztin, Psychotherapeutin oder Heilpraktikerin sind, damit keine psychischen oder körperlichen Krankheiten behandeln!

Ich werde Ihnen die Autosystemhypnose im Laufe der Zeit Schritt für Schritt beibringen.“

„Gibt es dabei irgendwelche Gefahren?“

„Die Fähigkeit zur Hypnose ist angeboren. In tiefer Hypnose ist nur noch Wohlbefinden. Denn in Hypnose wird alles harmonisiert und optimiert — Körper und Geist, das Hormonsystem und das Vegetative Nervensystem. Das Immunsystem wird aktiviert oder beruhigt, je nach Ausgangslage, und die Durchblutung des Körpers wird optimiert.

Insoweit gibt es keine Probleme mit der Hypnose. Wenn jedoch der in der Hypnose erreichte Trancezustand zu psychotherapeutischen Zielen bei psychischen Störungen, psychosomatischen Leiden oder Neurosen und Psychosen eingesetzt wird, können Ängste, Schuldgefühle und aggressive Gefühle ins Bewusstsein aufsteigen.

Oder ein zu schnelles Wissen um Probleme oder frühere seelische Verletzungen und Traumen kann die Menschen emotional und psychisch belasten.

In solchen Fällen kann es zu psychischen Nebenwirkungen kommen.

Nicht eingesetzt werden sollte Hypnose bei akuten psychotischen Erkrankungen, bei geistiger Verwirrung und bei starker Angst vor Hypnose.

Frau Herr schaute ernst vor sich hin.

„Das klingt, als ob man Hypnose in allen Lagen des Lebens nutzen könnte.“

„So ist es auch!“ Otto Renansen lächelte. „Sogar zur Showhypnose kann man sie benutzen.“

„Und sind alle Menschen hypnotisierbar?“

„Natürlich! Hypnose ist doch angeboren!“ nickte er. „Jeder Mensch geht täglich hunderte Mal in einen hypnotischen Zustand und wieder hinaus, nur eben unbewusst und nur kurz. Aber nicht jeder kann jeden hypnotisieren. Das ist eine Vertrauenssache.

Da Hypnose fokussierte, also verstärkte Aufmerksamkeit ist, die nach innen auf das eigene Erleben gerichtet wird, profitieren intelligente und geistig flexible Menschen mehr und gehen schneller und leichter in Hypnose.

Je geistig starrer Menschen sind und je mehr sie unter Kon-trollverlustängsten und Misstrauen leiden, desto schwerer tun sie sich mit Hypnose.

Außerdem kommt es drauf an, ob das Unbewusste positiv oder negativ gesehen wird. Denn die Hypnose öffnet den Weg in das unbewusste Denken und Erleben.

Und wer da Angst vor seiner existenziellen Wahrheit hat, wird bei hypnotischen Prozessen vielleicht sich selbst blockieren oder hemmen.“

Die Sekretärin blickte Renansen geradeaus in das Gesicht.

„Darf ich Sie fragen, warum Sie der „Hypnotist“ genannt werden?“

„Klar!“ beruhigte sie Renansen.

„Als ich als Psychiater und Psychotherapeut meine Ausbildung am Zentrum für Angewandte Hypnose in Mainz mit dem Masterzertifikat der Deutschen Gesellschaft für Autosystemhypnose e.V. abgeschlossen hatte, gab ich alle anderen gelernten psychotherapeutischen Behandlungsverfahren auf.

Ich wandte von da an nur noch Hypnose in der Behandlung der Kinder und Jugendlichen und der Erwachsen an. Und das war extrem erfolgreich.

Und als ich dann auch noch erfolgreich anfing, personales Coaching, persönliche Selbstentwicklung und Erfolgsmanagement mit Hypnose durchzuführen, hatte ich bei meinen Kollegen meinen Spitznamen weg.

Zuerst hat er mich gestört, denn er war auch ein wenig abwertend gemeint und kam mir wie ein Etikett vor.

Heute trage ich ihn in Ehren und habe mich daran gewöhnt.

Jetzt habe ich ihn sogar vom Europäischen Markenamt schützen lassen und zu einer Art Markennamen gemacht, um mich von der Konkurrenz positiv abzusetzen.“

Der Hypnotist  Der Hase im Cafe

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