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WENN JEMAND EINE REISE TUT, SO KANN ER WAS VERZÄHLEN.1

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»Das Reisen bildet sehr, es entwöhnt von allen Vorurteilen des Volkes, des Glaubens, der Familie, der Erziehung«, schrieb Immanuel Kant in seiner Physischen Geographie. Der österreichische Schriftsteller Franz Grillparzer sah in einer Reise »ein vortreffliches Heilmittel für verworrene Zustände« (GRILLPARZER, [1853] 2012: 101). Wenn schon das Reisen allein solche positiven Effekte hat, um wie viel mehr könnten wir von forschenden Zeitreisen profitieren? Dazu bedarf es allerdings einer offenen Haltung. Wer seine Vorurteile auf Reisen mitnimmt, findet sie flugs bestätigt. Reisen allein reicht also nicht, man muss auch das Beobachtete und vor allem sich selbst nachdenklich betrachten. Wissenschaftliche Forschung will zum Nachdenken anregen. Dank der interdisziplinären Wissenschaft Umweltgeschichte sind Zeitreisen in vergangene Umwelten inzwischen virtuell möglich. Illustrierte Forschungsreiseberichte von Tibet bis zur Osterinsel, von Grönland bis in den Sahel, von der Jungsteinzeit bis (fast) zur Gegenwart bilden den Kern dieses Buches. Wir verstehen diese Reisen als Zeitreisen nach Utopia – in eine ferne gewünschte Zukunft. Wohin die Reise geht, zeigt die Weltkarte im Vorsatz des Buches, auf der Symbole den Weg zu den sechs großen Forschungsreisethemen weisen.

Diese Forschungsreisen bieten Material zur Beantwortung großer Fragen. Wie ist es dazu gekommen, dass zu Beginn des 21. Jh. über 7 Milliarden Menschen die Erde bevölkern, von denen der überwiegende Teil in Armut lebt? Wie ist es dazu gekommen, dass wir die Vielfalt des Lebens mit einer eigenen Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen schützen müssen – vor uns selbst? Waren menschliche Gesellschaften früher anders? Gab es je die vielbeschworene Harmonie mit der Natur, das »Paradies auf Erden«? Die Hoffnung auf ein dauerhaft harmonisches Miteinander von Natur und Menschen fängt das moderne Schlagwort der »nachhaltigen Entwicklung« ein. Umwelthistorikerinnen und -historiker werden gefragt, ob es jemals eine Zeit gegeben hat, in der die Menschen vorsorgend handelten und nachhaltig wirtschafteten. Am Ende der Reise wird sich zeigen, dass der Blick in die Vergangenheit oft unerwartete Antworten auf diese Fragen ermöglicht.

»Das Reisen bildet sehr, es entwöhnt von allen Vorurteilen des Volkes, des Glaubens, der Familie, der Erziehung. Es gibt den humanen, duldsamen Sinn, den allgemeinen Charakter. Wer dagegen nichts sah, was ihn in der Sphäre, worin er lebt, umgibt, hält leicht alles für notwendig und einzig in der Welt, weil es in seiner Heimat dafür gilt(Immanuel Kants Physische Geographie (1778–1793). Hrsg. von D. Friedrich Theodor Rink. Königsberg, 1802, Bd. 1: 3)

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