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8. Kapitel

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Ausgeschlafen und munter schlug Bramme die Augen auf. Ein warmer, heller Sonnenstrahl, der durch die weißen Vorhänge auf sein Bett fiel, hatte ihn geweckt. Seine Kopfschmerzen waren fast verschwunden, nur die Halsmanschette, dieses ungewohnte Monstrum, plagte ihn noch. Mit der linken Hand schlug er die Bettdecke zurück, streckte alle nicht bandagierten Glieder weit von sich und gähnte ausgiebig. Mit zerzausten Haaren wankte er ins Badezimmer hinüber.

Eine halbe Stunde später saß er auf dem Balkon vor einem weitgehend leergeräumten Frühstücksbuffet und genoss die herrliche Aussicht auf das Mittelmeer. Er schüttete sich gerade etwas Kaffee nach, als es an der Tür klopfte.

„Guten Morgen, Monsieur Bramme! Wie ist das werte Befinden?“, Bizon schien mindestens so erholt zu sein, wie er selbst.

„Gut, danke der Nachfrage!“, Bramme lud ihn mit einer Handbewegung ins Zimmer und dann weiter auf den Balkon ein. „Ich habe geschlafen wie ein Murmeltier. Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten?“

Bizon nickte, die Augen auf das azurblaue Meer gerichtet. Er schien Sonne und Wind regelrecht zu inhalieren.

„Gerne!“

Nachdem Bizon eine Tasse Kaffee in Empfang genommen hatte, ließ sich Bramme wieder in seinen Stuhl fallen. Einige Augenblicke ließ er Bizon noch Zeit, Aussicht und Wetter zu genießen, dann konnte er seine Neugier nicht länger bändigen.

„Und, gibt es Neuigkeiten?“

„Und ob!“, in Bizons Gesicht erstrahlte eine Mischung aus Anspannung und Erregtheit, die wichtige Informationen in einem spannenden Fall zwangsläufig mit sich brachten.

„Machen Sie es doch nicht so spannend!“

„Nun, um es kurz zu machen: Sie müssen einen siebten Sinn haben, Monsieur.“ Bizon ließ betont langsam zwei gehäufte Kaffeelöffel Zucker in seine Tasse rieseln und spannte Bramme damit zusätzlich auf die Folter, „Diesen Pocher konnte ich gestern Abend gerade noch vor dem Krematorium retten.“

„Pocher ist also tot?“

„Ja. Er ist angeblich an seinen inneren Verletzungen gestorben.“ Bizon zuckte die Achseln, als wolle er damit sagen wir wissen ja zur Genüge, was das heißen kann. „Na ja, jetzt liegt er in der Gerichtsmedizin. Dort wird man die wahre Todesursache schnell herausfinden.“

„Hm…“ Bramme griff ebenfalls nach seiner Kaffeetasse. Er spürte, wie das Jagdfieber in ihm hochkroch und sein Puls einen Gang zulegte. „Die Sache wird immer mysteriöser. Das gefällt mir ganz und gar nicht!“

„Mir auch nicht!“, Bizon warf seinem deutschen Kollegen einen scheuen Blick zu. Es war einer jener Blicke, die man nur austauschte, wenn man einander nicht gut kannte und einzuschätzen wusste. Bramme kannte diesen Blick nur allzu gut und wusste, dass Bizon etwas auf der Zunge lag, was ihm nicht leicht von den Lippen kam.

„Könnte es nicht sein, dass es sich bei dem Unfall um einen gezielten Anschlag auf Sie gehandelt hat?“, fragte Bizon schließlich.

Bramme winkte mit einem milden Lächeln ab. Für diese Frage hätte ihn Bizon nicht schonen müssen, Anschläge gehörten zu seinem Leben wie die Luft zum Atmen. Für ihn stand fest, dass er auf der Todesliste der Drogenbarone ganz oben zu finden war. Da half nur eins: vorsichtig sein, ohne in Panik zu verfallen.

„Nein, das denke ich nicht. Ich habe keinem Menschen gesagt, wohin ich fahre. Aber ausschließen kann ich das natürlich nicht.“

Einen Augenblick lang trat Schweigen ein, in dem die beiden Kommissare mit gerunzelter Stirn nachdenklich aufs Meer hinausstarrten und den Möwen zusahen.

„Nun, weil das so ist, habe ich ein kleines Attentat auf Sie vor. Bitte entschuldigen Sie die Doppeldeutigkeit meiner Worte.“

Mit einem wissenden Grinsen sah Bizon zu Bramme hinüber, der verwundert die Augenbrauen hob.

„Ich bin ganz Ohr!“

„Für alle Fälle und ausschließlich zu Ihrer eigenen Sicherheit müssen Sie einen Sender mit sich führen, damit man Sie jederzeit über Satellit orten kann.“

Bramme verschlug es die Sprache. Er hatte durchaus schon Erfahrungen mit solchen Sendern gemacht, einem verdankte er in Russland sogar einen Riesenerfolg, einen weiteren hätte er gerne gehabt, als er mit geschundenen und blutigen Füßen in der endlosen Landschaft von Cundinamarca in Kolumbien umherirrte, während sein Freund George Simon dabei nur knapp am Tod vorbeischrappte. Er sah durchaus den Nutzen der modernen Technologien, aber nicht alles was machbar war, musste auch sinnvoll sein. Er war ein Mann der alten Schule und die Vorstellung, volldigitalisiert durch die Welt zu reisen und jederzeit überwacht werden zu können, schreckte ihn ab.

„Wollen Sie mir eine Fußfessel verpassen?“

„Nein, es gibt auch Sender, die man am Arm trägt.“

„Um geortet werden zu können, genügt doch heutzutage ein Handy!“

„Ein Handy kann man Ihnen wegnehmen, die Armfessel nicht!“

„Das bedeutet ja, dass ich keinen Furz mehr lassen kann!“, sagte Bramme aufmüpfig.

Bizon zuckte zusammen, doch bevor er antworten konnte, stellte Bramme bereits die nächste Frage.

„Haben Sie selbst auch so ein Ding?“

„Selbstverständlich!“ Bizon zog den Ärmel seines Hemdes etwas hoch und deutete auf den Sender, der wie eine Armbanduhr aussah.

„Nun gut!“, gab sich Bramme geschlagen. „Aber ich trage das Ding nur unter Protest.“

Bizon rieb sich die Hände und es war schwer zu sagen, ob das an Brammes Zustimmung lag. Vielleicht dachte er auch schon an die bevorstehenden Ereignisse.

„Heute wird es spannend!“

„Schon wieder?“, warf Bramme schelmisch ein, doch Bizon ignorierte diese Bemerkung.

„Heute bekomme ich die Berichte über Pochers Leiche und über sein Fahrzeug. Vorher fahre ich aber noch nach Antibes und schaue mir dort Pochers Wohnung an.“

Bramme leerte seine Kaffeetasse in einem Zug. „Kann ich mitkommen?“

„Oh, mon Dieu!“, Bizon rollte mit seinen Glupschaugen und lächelte Bramme hilflos an. „Sie kämen doch auch mit, wenn ich nein sagen würde!“

Rien ne va plus

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