Читать книгу Der letzte Tag: Teil 2 - Holger Lang - Страница 9

Оглавление

* * *

Ich liege auf meinem Bett. Schmerzen.

"Ihnen wird nichts geschehen", hat der Schiffsführer gesagt. Und jetzt? Jetzt liege ich hier und würde am liebsten tot sein. Es ist nahezu unerträglich und viel mehr Schmerzmittel kann ich nicht bekommen.

Es klopft.

Ein Arzt betritt den Raum. Hoffentlich gibt er mir noch irgendwas, damit die Schmerzen leichter werden.

"Doktor Schmidt", stellt er sich vor.

‚Allerweltsname', denke ich.

Ich versuche, mich aufzusetzen. Vorsichtig drückt er mich in die Kissen zurück.

"Bleiben Sie ruhig liegen. Ich wollte nur kurz nach Ihnen sehen, und eventuell gleich eine Untersuchung bei Ihnen vornehmen. Wir müssen wissen, ob Sie nicht mehr Schäden davongetragen haben, als bisher angenommen."

‚Netter Mann', denke ich. ‚Angenehmes Aussehen, gewinnendes Lächeln, angenehme Stimme. Ein Mann, zu dem man Vertrauen haben muss.'

"Für diese Untersuchung", fährt er fort, "ist eine kurzfristige Betäubung notwendig. Wir wollen ja nicht, dass Sie Schmerzen haben, Herr Hagen."

Mit einem Hinweis, dass er gleich zurück sei, verlässt er den Raum.

Doktor Schmidt schließt leise die Tür hinter sich.

"Ein geeigneter Fall?", fragt ein Regierungsbeamter.

"Ja, würde ich sagen. Wenn das gelingt, wird man uns wenigstens nicht vorwerfen können, wir würden keine humanen Methoden anwenden. Es wird ein interessantes Experiment." Er reibt sich die Hände.

"Bereiten Sie den Patienten vor! Die Lautsprecheranlage ist in Betrieb, sodass wir mit ihm kommunizieren können?"

"Ja, natürlich."

"Beginnen Sie."

Schmidt betritt den Raum.

Ich liege immer noch auf dem Bett.

"So, wir beginnen mit der Untersuchung. Wie gesagt, Sie werden nichts spüren."

Doktor Schmidt hält eine Spritze in der Hand. Meine Hoffnung auf Erleichterung steigt.

"Ich werde das direkt in Ihre Infusion geben, dann müssen wir nicht extra stechen. Tut nicht weh."

‚Ich bin nicht fünf und kann Schmerzen durchaus ertragen!', denke ich. Die Flüssigkeit wird in meinen Körper geleitet.

"Sehen Sie, ist schon vorbei. Aber lassen Sie mich kurz neugierig sein. ... Ich bewundere Sie, Herr Hagen. Vor Ihrer Astronautenausbildung ... was haben Sie da beruflich gemacht?"

"Ich studiere an der Universität München Medizin", sage ich. Dann fällt mir auf, was ich gesagt habe. "Entschuldigung. Vor der Astronautenausbildung ... ich wollte schon immer in den Weltraum. Ich bin immer mit der letzten U-Bahn zurückgefahren. Sie haben die Bahnhöfe abgesperrt. Und ich habe ..."

Ich unterbreche mich.

‚Was rede ich für Unsinn', denke ich. Das Gesicht des Arztes verschwimmt. Er schweigt. Dann ist es verschwunden.

Ich erreiche den Bahnsteig nicht mehr rechtzeitig. Er wird abgesperrt.

"Die letzte Bahn fällt heute aus", weist mich ein Beamter der Verkehrsgesellschaft zurecht. "Sie können da nicht rein."

Wir schreiben das Jahr 2000. Ich studiere Medizin, bin aber in einer anderen Stadt. Erst morgen werde ich zurück nach München fahren.

"Aber wie soll ich jetzt nach Hause kommen?"

"Ihr Problem."

Er wendet sich ab. Reinigungskolonnen reinigen die Bahnsteige. Die nächste Bahn wird erst wieder um 05:00 Uhr fahren.

Wieso sperren die die Bahnsteige immer ab? Da ist doch nichts zu holen. Gut, die Leute können runterfallen. Aber das können sie tagsüber auch.

Unfälle sind ja an der Tagesordnung. Ich bin neugierig.

"Entschuldigung, ich muss da nochmal rein. Wir haben da nicht gründlich gereinigt." Wortlos öffnet ein anderer Bahnbediensteter die Absperrung. Schnell schlüpfe ich mit dem Mann vom Reinigungspersonal durch die Absperrung. Schnell rase ich die Treppen zum Bahnsteig hinab.

Hinter mir höre ich, wie wieder abgesperrt wird. ‚Wie komme ich da raus? Ach was', denke ich weiter. ‚Der nächste Zug kommt irgendwann, und dann müssen sie ja oben wieder aufmachen. Dann werde ich unter den Ersten sein.'

Die Müdigkeit, die mich den ganzen Abend geplagt hat, ist verschwunden.

Ich stehe hinter einer Säule auf dem Bahnsteig.

Der Mann vom Reinigungspersonal klettert auf die Schienen.

‚Was macht er da?' Das Jagdfieber packt mich. Ich muss hinterher.

Ich verfolge ihn, er scheint nichts zu bemerken.

Im Tunnel gibt es eine Tür.

‚Wartungsräume', denke ich. Er öffnet sie mit einem Schlüssel. Die Tür geht auf. Er tritt hindurch. Die Tür fällt zu. Gerade schaffe ich es noch, hindurchzuschlüpfen.

Ein langer Gang. Weiße Wände, Fliesenboden. Links und rechts Türen. Viele stehen offen. Der Mann vom Reinigungspersonal verschwindet hinter einer Tür. Umkleideraum, steht an der Tür. Als er zwei Minuten später wieder heraustritt, trägt er einen Arztkittel. "Was geht hier vor?"

Er sieht mich immer noch nicht.

‚Mein Glück!', denke ich.

Er geht weiter den Gang entlang. Sieht sich nicht um. An einer offenen Tür, an der "Versuchsraum 1" steht, bleibt er stehen.

"Gut, dass Du da bist, Erich. Wir haben die Amputation vorgenommen. Morgen werden wir dann die Bakterien in die Wunde einleiten."

Ich riskiere einen Blick in den Raum. Auf einer Untersuchungsliege liegt ein Mann. Nackt, aber bei Bewusstsein.

"Wir haben die Amputation, genau nach Deinen Anweisungen, ohne Narkose vorgenommen. Beide Arme und Beine."

Mir wird übel.

Die Übelkeit verstärkt sich, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legt.

"Was tun Sie hier?", fragt eine barsche Stimme. Ich drehe mich um. Ein weiterer Arzt mit Schnurrbart.

Die anderen sind auf uns aufmerksam geworden.

"Ich habe mich ..."

"Sie sind hier widerrechtlich eingedrungen. Pech für Sie." Ich werde gepackt, in einen leeren Untersuchungsraum gebracht und festgeschnallt. Elektroden werden befestigt.

"Also, Sie beantworten nun meine Fragen. Jede falsche Antwort bedeutet eine höhere Stromstärke. Haben Sie das verstanden?"

"Ja." Meine Stimme zittert vor Angst.

"War das mit der Space-Explorer wirklich ein Triebwerksversager, oder steckt da was anderes dahinter?", ertönt eine weitere Stimme. Ich weiß nicht, woher sie kommt.

Bevor ich antworten kann, verschwimmt das Zimmer. Alles dreht sich. Ich beginne mit der Liege zu fallen. Immer tiefer, immer schneller.

Eine Hand streicht beruhigend über meine Stirn.

"Wir sind fertig, Herr Hagen. Sie waren sehr unruhig."

"Was war das?"

"Was meinen Sie?", fragt Schmidt besorgt.

"Ich hatte ein ... ein Erlebnis", beginne ich.

"Nebenwirkungen der Narkose." Der Arzt zuckt mit den Achseln. "Aber Sie sind wach. Wir haben nichts feststellen können. Ich werde Sie jetzt auch nicht weiter quälen."

Mit dem üblichen Hinweis, wenn ich etwas bräuchte, könne ich jederzeit nach ihm rufen lassen, verlässt er mein Krankenzimmer.

"Nun, Doktor?"

Schmidt und der Regierungsbeamte sitzen im Büro des Arztes.

"Er scheint auf Ihre Frage durchaus zu reagieren. Bewiesen ist damit nichts. Aber es ist ein Anfang. Das Gehirnmuster ist eindeutig."

"Das war also der erste Versuch."

"Ja, aber ich glaube, wir werden da nichts weiter herausholen. Zumindest wissen wir, dass die Methode funktioniert." Zufrieden grinst der Arzt.

Der letzte Tag: Teil 2

Подняться наверх