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Die germanische als einzige moralische Rasse

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„Recht ist, was der arische Mensch für Recht empfindet“, schreibt Reinhard Höhn,201 bei dem sich Ontologie in schöner Logik auf Tautologie reimt. Er steht damit nicht allein. Auch Roland Freisler hält dafür, dass „Achtung vor der Gerechtigkeit […] ein Wesensmerkmal unseres Volkes“202 ist, während Hans Frank verzückt „das ewige wahre deutsche Sittengesetz“203 beschwört.

Von jeglicher Vermischung verschont, kennen die Ur-Germanen weder seelische noch moralische Störungen. Sie bilden die natürliche Rasse schlechthin. Ihre moralische Exzellenz verdanken sie ihrem Blut, aber auch den Klima- und Naturbedingungen, unter denen sie leben. Die eiskalte feindliche Umwelt hat dazu geführt, dass sie körperliche und ethische Eigenschaften entwickeln und bewahren, die eine unerbittliche natürliche Auslese von einer Generation auf die nächste überträgt. Gegenüber dem Tod in Eis und Eiseswind hieß es, die Reihen eng zu schließen und sie mit den Ausdauerndsten, Kräftigsten zu bestücken, die zugleich den stärksten Zusammenhalt bewiesen. Karl Astel unterstreicht, dass in früheren Zeiten nur derjenige seine Erbeigenschaften weitergeben konnte, der eine solide Gesundheit sein eigen nannte. Wer seine Gefährten fallen ließ, sie belog und verriet, wurde seinerseits zu Recht auf- und dem sicheren Tod preisgegeben. Auch konnte er seinen angeborenen Hang zu Ehrlosigkeit, Lüge und Verrat nicht auf seine Nachkommen übertragen.204

Die Ehre, für die die Germanen einen angeborenen Sinn und unmittelbaren Zugang besitzen, wird von der SS für ihre Devise mit der „Treue“ verbunden, denn „Alle Ehre kommt von der Treue“205. Doch worauf bezieht sich diese Treue? Das Schulungsheft gibt folgende Antwort: „Der Dienst für die Gemeinschaft ist immer das entscheidende Merkmal eines ehrenhaften Volksgenossen.“206 Die von den Nationalsozialisten so gerne beschworene Ehre ist also die Anwendung der Treue, die sich konkret im Dienst zeigt, was die unterschiedlichsten Formen annehmen kann, denn im Dritten Reich wird so ziemlich alles zum Dienst: vom Wehrdienst über den Reichsarbeitsdienst bis hin zum Wissensdienst oder Dienst am Geist, zu dem die Hochschullehrer in Antrittsvorlesungen und Rektoratsreden auffordern.207

Die Gemeinschaft, der so gedient wird, ist die der Rasse. Sie übersteigt das Individuum, verleiht ihm Sinn und Dasein, denn sie ist im Unterschied zu diesem unendlich, auch nicht zeitlich begrenzt: „Eine Handlung stimmt dann mit der Ehre überein, wenn man für ihre Folgen vor dem Ewigen einstehen kann“, und das ist die Rasse. A contrario ist „ein ehrloser Mensch, wer die Pflichten hinsichtlich der Bewahrung der ewigen Werte verletzt“208. Rasse, Gemeinschaft, Ewigkeit: die germanische Ehre verlangt also Gehorsam gegenüber der Natur und ihren Gesetzen. Sie ist „Treue gegenüber der Schöpfungsordnung Gottes, gegenüber den Lebensgesetzen, gegenüber der Stimme des Blutes, gegen sich selbst“,209 anders gesagt: „Ehre heißt Treue zur Natürlichkeit, heißt Treue sich selbst und seinem Volk gegenüber.“210

Diese Ehre, die zugleich Treue ist, ist von so grundlegender Bedeutung, dass die alten Germanen laut Anton Holzner die Treulosigkeit härter bestraften als den Diebstahl. Johann von Leers behauptet, dass in der Bibel und im Talmud Beschimpfungen und verbale Beleidigungen nicht geahndet werden,211 weil die Juden keinerlei Sinn für Ehre besitzen. Ganz anders die Germanen mit ihrer „Betonung von Ehre und Treue“, den „Leitsterne[n] des germanischen Rechtsempfindens“212. Hier zeigt sich der „ethische Grundzug des deutschen Rechts“213, seine ethische Überlegenheit. Wenn man diese Prolegomena erst einmal verinnerlicht hat, wundert man sich weniger über Aussagen wie diese:

Recht kann (deshalb) nur von arischen, nordischen Menschen gewußt, gesetzt, verkündet, gesprochen werden. Nur der nordische Mensch ist daher zur Rechtsschöpfung, d.h. zum Schöpfen des Rechts aus dem Urborn der Weisheit bestimmt.214

Einst machte man keinen Unterschied zwischen Weisheit und Norm, Moral und Recht; alles war eingeschmolzen in das große Ganze des Lebens und seiner Erhaltung: „So bedeutete Rechtswahrung nichts anderes als Lebenserhaltung“, denn: „So war jedes Recht ein Lebensrecht.“215

Alles hängt miteinander zusammen: Ehre, Treue, Moral, Recht und Leben. Die Grundwerte der nordischen Rasse waren Treue und Ehre. Deshalb diente die Moral, also das Recht, dem Leben, jener Instanz, die die Norm diktierte:

So wurde das Recht vom dem Gedanken der Sittlichkeit durchdrungen, in deren Mittelpunkte Treue und Ehre als Grundsteine deutscher Wesensart standen und ihre verpflichtende Kraft aus dem Blute hatten, das in unendlichem Strom den Lebenden mit der Ewigkeit verbindet.216

Die moralischen Werte und das Wissen um sie sind demnach der nordischen Rasse inhärent. Das gehört zu ihren Wesenszügen. Rassische und kulturelle Authentizität sind daher der einzige sichere Weg, um das Gute zu tun. So schreibt in der prophetischen Pose des Barden der nordistische Dichter Gustav Frenssen, ein seit wilhelminischen Zeiten wohlbekannter Sänger des völkischen Anliegens: „Wenn ein germanischer Mensch […] der Lockung und Forderung nach dem Wahrgutschönen folgt [..], ist er gesund und stark, kennt seinen Weg und irrt sich nicht.“217

Es geht hier mehr um Spontaneität und Natürlichkeit als um Reflexion, Skrupel und Gewissen. Es gilt, sich gegenüber dem selbstquälerischen und gedemütigten Gewissen des Talmud-Anhängers und des christlichen Gläubigen zu behaupten, sich gegen die zersetzende Selbstkritik und den ewigen Kampf des vermeintlichen Engels gegen das angebliche Tier zu widersetzen und den Körper und das Herz wieder in ihre Rechte einzusetzen, ein Herz, das blut- und sinnerfüllt im Takt der Welt schlägt. Der Dichter und SS-General Hanns Johst fordert dazu auf: „Dein eigenes Herz! Folge ihm bedingungslos, es ist die Befehlsstelle der göttlichen Natur, und ihr gehorsam stehst du mitten im lebendigen Recht! Lebst du zuchtvoll und sittlich, weil du deinem Volke gerecht lebst und Deiner Rasse.“218 Moral, Recht und Norm sind also reine Instinktsache, eine Angelegenheit des Affekts, also des Körpers, der den Affekt beherbergt.

Die Lebensgesetze sind die elementarste Wirklichkeit, die unmittelbarste Erfahrung unseres eigenen Daseins. Man verspürt sie im unmittelbaren Erleben der körpereigenen Rhythmen, die dem Puls folgen. Es sind „einfache Gesetzmäßigkeiten wie Atmung, Blutumlauf usw. im Körper des Einzelwesens“ sowie „höhere Gesetzmäßigkeiten wie der Kampf ums Dasein und der Entwicklungsgedanke“219. Sie lassen freilich einen großen Interpretationsspielraum: „Die Lebensgesetze selbst sind vielgestaltig und elastisch. Sie erstarren nie zu einem Dogma, das tot ist. Sie sind mannigfaltig wie das Leben selbst.“220

Ein SS-Lehrwerk hält dazu an, diesem Herzen im Einklang mit dem Takt der Welt zu folgen: „Treue ist eine Angelegenheit des Herzens, niemals des Verstandes. Der Verstand mag straucheln. Das ist manchmal schädlich, aber niemals unverbesserlich. Das Herz aber hat immer denselben Pulsschlag zu schlagen, und wenn es aufhört, stirbt der Mensch, genau so wie ein Volk, wenn es die Treue bricht“,221 die „Treue zum Blut, zu unseren Ahnen und Enkeln“222. Verrat, Lüge, Verletzung des Bands der Treue, das uns mit unseren Vorfahren, unseren Nachkommen und unserem Volk verbindet, führen zum Infarkt im Volkskörper, denn die Moral ist eine biologische Funktion, die diesen Körper reguliert und durchblutet. Die Verletzung der Treue zu diesem Körper ist ein Angriff auf die Homöostase im Blut und in der Rasse, sie bewirkt einen Schock, unter dem der Körper biologisch leidet: Verrat, das ist die Mischung des eigenen Bluts mit artfremder Flüssigkeit, Bruch der Solidarität, in welcher Form auch immer, mit dem großen Rassenkörper.

Das Gesetz des Blutes

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