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Die Folgen der Maßlosigkeit

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Diese Fragen drängen sich auf: Noch nie ist es uns so gut gegangen, aber worauf haben wir uns dafür eingelassen? Das Weltexperiment der Neuzeit, ist es tatsächlich ein globales Gewinnspiel? Haben wir nicht einfach in globaler Einhelligkeit die Maßlosigkeit zum System erhoben? Was bewirkt sie? Der Homo sapiens und sein Bungee-Jump ins Verderben: Hält das Seil oder reißt es? Sind nicht die Explosion des Raumschiffes, der Weltenbrand, das Armageddon die zwangsläufige Folge unseres Handelns und wie konnten wir das bisher einfach ignorieren?

Für die 15- bis 35-Jährigen ist der Klimaschutz das wichtigste ihrer Anliegen.8 Doch da ist noch viel mehr. Invasive Pflanzen- und Tierarten, die unsere Flora und Fauna zerstören. Die maximale Ausbeutung unserer Böden, dank der Milliarden von Menschen nur noch gesundheitsschädliche Lebensmittel bekommen und Zivilisationskrankheiten pandemische Ausmaße annehmen. Das Plastik, das in der Miniversion des Mikroplastiks, dem Nanoplastik, nicht nur in unsere Körper, sondern auch schon in unsere Gehirne vorgedrungen ist. Und das ist noch immer nicht alles.

Der Wissenschaftler Niall Ferguson9 fertigte für die Hoover Institution, einen Think-Tank der Eliteuniversität Stanford, eine Zukunftsperspektive an. Sein Resümee lautet folgendermaßen:

Nach COVID-19 ist wahrscheinlich keine Katastrophe dran, die dem Klimawandel zuzuschreiben wäre, da wir selten die Katastrophe bekommen, die wir erwarten. Vielmehr wird immer irgendeine andere Gefahr schlagend, die den meisten von uns bis dahin entgeht.

Angenommen, das Raumschiff Erde befindet sich auf einem Kollisionskurs, und wir wissen es nicht. Wir haben keine Ahnung. Das Radar zeigt nichts, die Langstreckensensoren geben keine Warnungen ab. Trotzdem ist dort vorne irgendwo ein tonnenschwerer Meteorit.

Um den Kurs zu korrigieren, brauchen wir prognostische Intelligenz. Wir müssen uns einlassen auf das, was geschehen kann, und gleichzeitig vorbeugen, um es zu verhindern. Der Astronaut fährt mit dem Handschuh über das Steuerelement, gibt ein paar Korrekturen ein, und das Raumschiff fliegt auf neuer Bahn. Vorbei an diesem Meteoriten, der durch die seitlichen Fenster des Cockpits zu sehen ist. Das war knapp, denkt er sich und schließt die Augen.

Doch wer ist dieser Astronaut, woher nimmt er seine prognostische Intelligenz und woher weiß er, welche Korrekturen er eingeben muss? Sie ahnen es nach dem bisher Gesagten bereits. Der Astronaut sind Sie. Die Astronauten sind wir alle. Wir alle stehen nach dem scheiternden Weltexperiment der Neuzeit vor dem Weltexperiment des richtigen Maßes.

Bei jenem der Neuzeit haben wir es uns allzu leicht gemacht. Wir haben die Maßlosigkeit einfach als sakrosankt erklärt, sodass wir uns zum Nutzen eines auf Konsum ausgerichteten Wirtschaftssystems gegenseitig darin bestätigen und überbieten konnten. Jetzt müssen wir weg von dieser schrillen Oberfläche zurück in unser Inneres, das gerade wegen des Tohuwabohus der Maßlosigkeit ohnedies zum Sehnsuchtsort vieler Menschen geworden ist. Mit dem, was wir dort als richtiges Maß erkennen, werden wir ganz von selbst und ohne Dogmen und Korsette das Richtige tun und eine neue Gemeinschaft bilden.

Die Kunst des richtigen Maßes

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