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2.4 Hoffnungen, Enttäuschungen, Scheitern. Durch Intrigen in die Diktatur

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Zur Jahreswende 1923/24 stabilisierte sich das Geldwesen. Seit 1926 erlebte die deutsche Wirtschaft einen Aufschwung, der sich auch im stetigen Anstieg der Reallöhne und des Lebensstandards äußerte. Die hochtourig produzierende Industrie bekam Geld auf den internationalen Kapitalmärkten.

Auch die Außenpolitik des Reiches gestaltete sich erfolgreich dank geduldigen Verhandeins. 1922 hatte Außenminister Walther Rathenau mit dem Rapallo-Vertrag das Verhältnis zur international isolierten Sowjetunion normalisiert und so den ersten Schritt getan, die eigene internationale Ausgrenzung zu überwinden. Im Locarno-Pakt von 1925 erreichte Gustav Stresemann die Verständigung mit Frankreich, Belgien, Polen und der Tschechoslowakei. Seine Politik zielte in einem ersten Schritt auf eine Revision des Versailler Vertrages und in weiteren behutsamen Schritten darauf, die deutsche Großmachtposition ohne militärisches Drohpotential wieder herzustellen. Die Welt erkannte den Friedenswillen an, indem sie Deutschland im September 1926 in den Völkerbund aufnahm. Deutschland trat zudem am 27. August 1928 dem Kellog-Pakt bei, einem Kriegsächtungsabkommen.

Der frühe Tod Friedrich Eberts im Februar 1925 riss eine für das weitere Gedeihen der Demokratie unersetzbare Lücke. Das Volk wählte als seinen Nachfolger den 78-jährigen Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg.

Es schien gegen Ende dieses Jahrzehnts, dass Deutschland die Heimsuchungen der Vergangenheit überwunden hätte. Die Deutschen lebten in relativem Wohlstand und friedlich mit ihren Nachbarn. Im Herbst 1929 verdüsterte sich die Lage. Am 3. Oktober starb Gustav Stresemann, der Garant für das Vertrauen der Welt. Am 25. Oktober kam der Schwarze Freitag über die New Yorker Börse und brachte den Wohlstand zum Erliegen. Der Zusammenbruch des US-Geldmarktes riss das weltweit vernetzte Finanz- und Wirtschaftssystem mit in den Abgrund. Auch Deutschland wurde 1931 von der Pleitewelle erfasst.

Ergebnisse der Reichtagswahlen 1979-33

Stimmenanteil in Prozent; Zahl der Abgeordneten in Klammern

Darum KPD SPD Zentrum BVP DDP DVP DNVP NSDAP Sonstige
19.1.1919 7,6 37,9 19,7 18,6 4,4 10,3 1,5
(22) (165) (91) (75) (19) (44) (7)
6.6.1920 20,0 21,6 13,6 4,2 8,4 14,0 15,1 3,1
(88) (102) (64) (21) (39) (65) (71) (9)
4.5.1924 12,6 20,5 13,4 3,2 5,7 9,2 19,5 6,6 9,3
(62) (100) (65) (16) (28) (45) (95) (32) (29)
7.11.1924 9,0 26,0 13,7 3,7 6,3 10,1 20,5 3,0 7,8
(45) (131) (69) (19) (32) (51) (103) (14) (29)
20.5.1928 10,6 29,8 12,1 3,1 4,9 8,7 14,2 2,6 14,0
(54) (153) (62) (16) (25) (45) (73) (12) (51)
14.9.1930 13,1 24,5 11,8 3,0 3,8 4,5 7,0 18,3 14,0
(77) (143) (68) (19) (20) (30) (41) (107) (72)
31.7.1932 14,6 21,6 12,5 3,2 1,0 1,2 5,9 374 2,6
(89) (133) (75) (22) (4) (7) (37) (230) (11)
6.11.1932 16,9 20,4 11,9 3,1 1,0 1,9 8,8 33,1 2,9
(100) (121) (70) (20) (2) (11) (52) (196) (12)
5.3.1933 12,3 18,3 11,3 2,7 0,9 1,1 8,0 43,9
(81) (120) (73) (19) (5) (2) (52) (288)

Abb. 2.2 Ergebnisse der Reichtagswahlen 1919-33

Aus Sorge um ihre deponierten Gelder stürmten zahlreiche Menschen die Banken. Vom Abfluss der Auslandskredite ohnehin schon geschwächt, schlossen sie die Schalter. Die Regierung musste mit den Reserven der Reichsbank bürgen. Bald bildete sich ein Heer ruinierter Mittelständler, und die Zahl der Arbeitslosen stieg dramatisch an. Das verhieß eine politisch gefahrvolle Entwicklung. In der Großen Koalition von SPD und Zentrum stritt man um ein halbes Prozent erhöhten Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung. Darüber zerbrach am 30. März 1930 die Große Koalition. Eine neue regierungsfähige Mehrheit kam nicht zustande; und das zu einer Zeit, in der Ruhe und Ordnung nicht mehr gewährleistet waren.

Schon ein Jahr vor der Krise lag die Zahl der Erwerbslosen bei zwei Millionen. Die politische Auseinandersetzung verlagerte sich immer mehr auf die Straße und nahm bürgerkriegsähnliche Züge an. Da eine parlamentarisch legitimierte Regierung nicht zu bilden war, musste der Reichspräsident den Artikel 48 der Verfassung anwenden, der es ihm „bei Störung von Sicherheit und Ordnung“ erlaubte, Maßnahmen per Notverordnungen zu ergreifen. Er bat Heinrich Brüning, den Fraktionsführer des Zentrums, ein Minderheitenkabinett zu bilden und mit Notverordnungen zu regieren.

Es begann eine Zeit, die beherrscht war von Tumulten und Dauerhysterie der Aufmärsche und Großkundgebungen. Im Herbst 1930 wurde ein neuer Reichstag gewählt. Das Ergebnis vom 14. September 1930 wirkte schockartig auf jene, die in Hitler eine tödliche Gefahr für Frieden und Freiheit sahen. Die bisher im Reichstag nur mit zwölf Sitzen vertretene NSDAP zog mit 107 Abgeordneten ins Parlament ein. Im Braunhemd der SA betraten sie den Plenarsaal.

Im Wahlerfolg der Radikalen spiegelte sich nicht bloß Unzufriedenheit; gewählt hatten Verzweifelte, die täglich stundenlang für ihr karges Stempelgeld vor den Arbeitsämtern anstanden. In den Massenversammlungen der NSDAP und der KPD war ihre Wut auf die bürgerliche Demokratie angeheizt und ihrer Hoffnung auf bessere Zeiten neue Nahrung gegeben worden. Hindenburgs Amtszeit endete 1932. Der 85-Jährige kandidierte noch einmal. Hitler war sein chancenreichster Gegner. Als Österreicher aber war ihm die Kandidatur zum höchsten Staatsamt verbaut. Erst musste eine Koalitionsregierung des Landes Braunschweig, wo die NSDAP mitregierte, ihm den Weg zur Staatsbürgerschaft ebnen. Im zweiten Wahlgang wurde Hindenburg dennoch Reichspräsident.

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