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Bogdan Romanov blickte missmutig auf das Display seines Mobiltelefons. Zögernd drückte er auf das grüne Symbol des Hörers. „Du sollst doch nicht anrufen. Es verstößt gegen die Verabredung“, knurrte er.

„Du hast es versaut“, hörte er eine wutverzerrte Stimme.

Romanov zögerte mit der Antwort. Misstrauisch sah er sich in dem kleinen Café um, in dem er saß. Niemand war in der Nähe, der zuhören konnte.

„Was meinst Du?“

„Du hast den Falschen erwischt, Herrgott noch mal!“

Romanov setzte die Kaffeetasse, die er gerade zum Mund führen wollte, wieder ab. „Den Falschen?“

„Ja, verdammt noch mal, Du hast den Bruder erwischt.“

„Das kann nicht sein. Ich habe doch das Bild, er sah aus wie auf dem Bild. Er war es.“

„Eben nicht, Du Idiot. Es war der Bruder, er sieht ihm ähnlich.“

„Ich weiß nichts von einem Bruder, warum hast Du das nicht gesagt? Ich habe das Bild, und er sah aus wie auf dem Bild.“

Die Stimme wurde ruhiger. „Hätte ich Dir viel leicht sagen sollen. Jetzt ist es zu spät.“

„Jetzt ist er tot“, bemerkte Romanov sarkastisch. Die Stimme lachte gequält. „Zum Glück nicht, Du hast danebengeschossen.“

„Ich habe….Kann nicht sein.“

„Ist aber so. Er ist verletzt und liegt im Krankenhaus.“

„Und was nun?“

„Was nun, was nun“, äffte die Stimme ihn nach.

„Du wartest auf Anweisungen. Am üblichen Ort.“

„Ok“, murmelte Romanov verwirrt und legte auf. Nicht getroffen? Das kann doch nicht sein, dachte er. Ich treffe immer! Nun gut, das Ziel bewegte sich, aber bisher habe ich immer getroffen. Ich werde alt, seufzte er und rief nach dem Kellner.

„Zahlen!“

In Frankfurt regnete es. Für Mitte Februar war es ungewöhnlich warm. Das ruhig brummende Geräusch des Motors und die auf dem nassen Asphalt singenden Reifen schläferten Michael fast ein. Nilsson, der am Steuer saß, konzentrierte sich auf den Verkehr, der schon jetzt am frühen Nachmittag sehr dicht war.

Michael riss sich zusammen und rief seine Schwägerin an. Als sie hörte, was ihm passiert war, war sie voller Sorge.

„Hier hat sich noch niemand gemeldet“, berichtete sie. „Pass auf dich auf, Michael, kannst Du denn noch fahren, oder bleibst Du heute Nacht in Frankfurt?“

„Du kannst bei uns bleiben“, mischte sich Nilsson ein.

Michael schüttelte den Kopf. „Ich komme auf jeden Fall heute Abend zu Dir“, sagte er ins Telefon.

„Wenn es geht, fahre ich noch bei der Bank vorbei, ich will mit Hess sprechen. Mach`s gut, Brigitte, wir sind gleich da.“

„Hess ist der Bereichsvorstand Technik, Richards Vorgesetzter“, sagte er zu Nilsson, als er dessen fragenden Blick sah.

Sie fanden einen Parkplatz nahe am Haus, das in einer ruhigen, wohlhabenden Gegend stand.

Michael stieg aus und sah an dem aufwändig renovierten Gebäude aus der Jugendstilzeit empor. Alle Fenster an der hellen, freundlichen Fassade schienen geschlossen zu sein, kein Wunder bei dem Nieselregen. Ihm war ein wenig unheimlich zumute, und er war froh, seinen Freund dabei zu haben. Auch Nilsson blickte sich misstrauisch um, sagte aber nichts. Schwungvoll öffnete er die mit buntem Glas verzierte massive Eingangstür und betrat einen freundlichen Gang, der zu den Treppen führte. Die Briefkästen waren geschmackvoll und unauffällig in die Wand eingelassen, ein hübscher Kandelaber spendete helles Licht. Die Treppe war aus Holz, der Handlauf offensichtlich Handarbeit. Alles machte einen gediegenen und teuren Eindruck.

„Die Wohnung ist im ersten Stock, wenn ich mich recht erinnere“, bemerkte Nilsson.

Michael nickte, obwohl Nilsson ihn gar nicht ansah. Er schluckte nervös. Hier also musste sich jemand hinauf geschlichen haben, um ihn mit irgendeinem Gegenstand auf den Kopf zu schlagen. Zögernd folgte er Nilsson, der seinem Freund vorausging.

Vor der Wohnungstür angekommen, sah sich Nilsson forschend um. Er sah einen geräumigen Treppenabsatz mit Eingangstüren rechts und links. Ein Fenster spendete Licht. Die helle Beleuchtung ließ nirgendwo eine dunkle Ecke erkennen.

„Hattest Du schon aufgeschlossen? fragte er über die Schulter, wandte sich aber sogleich der Eingangstür der linken Wohnung zu. Nirgends war eine Beschädigung zu erkennen. Prüfend fuhr er mit der Hand über die Türfüllung. In Kopfhöhe entdeckte er eine Vertiefung, ein kleines Loch, in das er mit dem Finger nicht hinein kam.

„Hast Du ein Taschenmesser dabei?“ fragte er Michael.

„Nein“, antwortete dieser. „Wir können ja drinnen mal nachsehen.“

Er schloss die Tür auf und ging zögernd hinein. Es roch staubig und ungelüftet, und er erwartete nicht, dass sein Bruder in der Wohnung war. Dennoch rief er laut: „Hallo! Richard, bist Du da?“

Als er keine Antwort bekam, ging er weiter und öffnete eine Tür. Ein ordentlich aufgeräumtes Wohnzimmer war dahinter. Michael ging schnell zum Fenster und zog die Gardinen zurück. Ein kleiner Park, der sich hinter dem Haus hinzog, kam zum Vorschein. Regentropfen benetzten das Fenster. Er hörte Nilsson, der von Raum zu Raum ging, alle Türen öffnete und in jedes Zimmer prüfend hineinsah.

„Hier ist er jedenfalls nicht“, bemerkte Nilsson. Er ging in die Küche, die peinlich sauber war, öffnete einige Schubladen, bis er eine mit Besteck fand, und nahm ein kleines Küchenmesser heraus. Damit ging er zur Eingangstür und betrachtete prüfend das Loch im Rahmen. Vorsichtig begann er, das Holz um das Loch herum weg zu schneiden. Nach kurzer Zeit sah er einen dunklen Gegenstand, der im Rahmen steckte.

„Dachte ich mir`s doch“, murmelte er.

Michael, der hinter ihn getreten war, wusste sofort, um was es sich handelte.

„Sag mal, wie hast Du gestanden, als Dich der Schlag traf“, fragte Nilsson.

Michael trat vor die Tür, nahm die Schlüssel in die Hand und tat so, als stecke er den ihn ins Schloss.

„So etwa“, erklärte er. „Ich habe mich etwas zum Schloss hin gebückt, als es passierte.“

Nilsson schlug ihm auf die Schulter. „Das hat Dir das Leben gerettet, alter Junge. Jetzt lass uns mal sehen, ob da drin das ist, was ich denke.“

Er schälte das Holz um das kleine Loch noch großflächiger weg und drückte mit dem Messer vorsichtig auf den dunklen Gegenstand. Eine nur leicht verformte Kugel fiel in seine darunter gehaltene Hand.

„Neun Millimeter“, sagte er mit belegter Stimme.

Michael sah sich betroffen und verwirrt um. „Ich habe keinen Schuss gehört“, flüsterte er.

„Ob da ein Schalldämpfer im Spiel war, lässt sich ja feststellen“, sagte Nilsson. Unschlüssig bewegte er die Kugel in seiner Hand. „Was machen wir jetzt damit?“

Michael sah ihn fragend an.

„Wenn ich die jetzt in die KTU gebe, dann dauert das. Komm mal wieder rein, wir müssen das ja nicht hier im Treppenhaus diskutieren.“

Sie gingen beide ins Wohnzimmer, wo Nilsson sich vor das Fenster stellte und hinaussah.

„Angenommen, Du hättest die Kugel erst morgen oder übermorgen gefunden, was macht das für einen Unterschied?“ sinnierte er.

„Warum das denn?“ entgegnete Michael, doch dann verstand er plötzlich. „Du meinst, wir sollten die Kugel in meinem Labor zuerst untersuchen? Also… ja, na klar, der Polizei kann ich sie immer noch übergeben.“

„Ich habe nichts gehört“, entgegnete Nilsson, wobei er die Kugel auf den Tisch legte. „Die Kugel liegt hier, Du hast sie gefunden. Was Du damit machst, kann ich nicht wissen.“

„Natürlich nicht“, grinste Michael. Er packte die Kugel vorsichtig in ein Papiertaschentuch und steckte sie in seine Jackentasche. „Lass uns noch einmal durch die Wohnung gehen, ob wir irgendetwas finden, dann fahren wir zu Hess.“

Während Nilsson in der Küche mit seiner Suche begann, ging Michael in das an das Wohnzimmer angrenzende Arbeitszimmer. Auch hier war alles aufgeräumt. Auf dem Schreibtisch lag nur ein unbeschriebener Block, neben ihm ein Stift. Er drückte die Wahlwiederholungstaste am Telefon. Brigittes Nummer. Zögernd öffnete er die Schubladen des Schreibtisches. Er fand das übliche Büromaterial, Scheckhefte, Notizen, Briefmarken. Nichts, was irgendwie ungewöhnlich gewesen wäre. Unter dem Schreibtisch, vor den Rollen des Stuhls, lag ein kleiner Zettel. Als er ihn aufhob, sah er, dass es ein Stück eines zerrissenen Computerausdrucks war. Es war eine reine Auflistung von Zahlen, der einzige Text, der noch erkennbar war, war ein durchgerissenes Wort: „…undung“. Wo war der Rest? Er sah im Papierkorb nach, doch der war leer. Es hatte sicher nichts zu bedeuten, aber einer Eingebung folgend, steckte er den Ausriss in seine Jackentasche.

Er sah über die Regale, an denen nichts Auffälliges zu erkennen war und ging dann weiter ins Schlafzimmer. Auch hier war alles sauber. Er muss eine gute Putzfrau haben, dachte er zerstreut. Er hob die Decken des Doppelbettes hoch, doch außer einem gefalteten Schlafanzug war nichts zu sehen. Auf dem Nachttisch lag nichts außer einem Buch mit Lesezeichen. Zögernd ging er in den Flur, wo er auf Nilsson traf.

„Küche, Bad, Toilette, Abstellraum, alles sauber, nichts zu finden“, berichtete dieser.

„Ich habe auch nichts gefunden, unwahrscheinlich, dass er in den letzten Tagen hier war“, entgegnete Michael. „Lass uns zu Hess fahren.“

Mörderische Jagd

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