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Hitlers Mein Kampf Mein Kampf erschien ursprünglich in zwei Bänden. Der erste mit dem Titel „Eine Abrechnung“, den Hitler weitgehend während seiner Haftzeit in Landsberg diktiert hatte, erschien 1925. Der zweite Band mit dem Titel „Die nationalsozialistische Bewegung“ folgte Ende 1926. Eine Volksausgabe, die erstmals 1930 erschien, vereinigte beide Bände. Mein Kampf ist vermutlich von mehreren Bearbeitern im Laufe der Jahre immer wieder durchgesehen und an manchen Stellen stilistisch und orthographisch verbessert worden, ohne allerdings den Inhalt zu verändern, der authentisch Hitlers Gedanken und Weltsicht ausdrückt. Als Hitler zum Kanzler berufen wurde, lag die Auflage bei rund 287.000 Exemplaren, bis Ende 1933 stieg sie um rund eine Million, was Hitler unabhängig von seiner politischen Macht zum wohlhabenden Mann werden ließ. In einem Rundschreiben der Parteikanzlei vom Februar 1939 hieß es, es sei „anzustreben, dass eines Tages jede deutsche Familie, auch die ärmste, des Führers grundlegendes Werk besitzt.” Bis 1945 wurde das Buch in Deutschland rund zehn Millionen Mal gedruckt und außerdem in sechzehn Sprachen übersetzt.

Inhaltlich ist Mein Kampf ein weitschweifiges Buch prahlerischer Halbbildung, dessen bramarbasierend redundanter Stil die Lektüre selbst dann zur Tortur macht, wenn man über den durchweg inhumanen Rassismus und seine totalitären Weiterungen hinwegzusehen vermag. Es galt schon Hitlers Zeitgenossen als schwer erträgliche Lektüre und als Bestseller, den kaum jemand gelesen hatte.

Das Buch ist durchzogen vom Mantra des immerwährenden Vergleichs zwischen menschlichem Körper und Volkskörper. Mensch und Volk seien analoge Entitäten, beide ins Leben gesetzt mit der Notwendigkeit, sich gegen anderes Leben zu behaupten. Der einzelne Mensch gehe zugrunde, wenn er „ungesund“ lebe, sich nicht pflege und Krankheiten in seinem Körper nicht entschieden bekämpfe. So auch der Volkskörper. Wem die ubiquitären Körperanalogien in Mein Kampf simplizistisch erscheinen, der hat Recht. Gleichwohl: Hitler glaubte, was er sagte, und zog aus der kumulierenden Selbstbestätigung seiner politisch-propagandistischen Aktionen eine messianistische Motivation, die Millionen in ihren Bann zu ziehen vermochte.

Rassismus als Lebensgesetz

Die Grundfigur von Hitlers Weltanschauung ist ein manichäistischer Rassismus. Auf der einen Seite stehen die „Arier“, von denen die Deutschen den größten zusammenhängenden Siedlungsblock der Erde bilden – Hitler spricht mal von achtzig, mal von über hundert Millionen Menschen. Diesen „Rassenkern“ gilt es zunächst zusammenzufassen, zugleich militärisch und mental aufzurüsten und für den weiteren Kampf zu präparieren. Alle Geschichte ist für Hitler eine Geschichte von Rassenkämpfen. Während auf der einen Seite „menschliche Kultur und Zivilisation“ stets „gebunden“ sind „an das Vorhandensein des Ariers“, so personifiziert für ihn gleichzeitig „den gewaltigsten Gegensatz zum Arier […] der Jude.“ Dieses Axiom ist in Hitlers Augen ein Naturgesetz, das alles weitere Handeln bestimmen muss.

„Instinkt der Natur“

Entscheidend für Hitlers Weltsicht und Politik ist darüber hinaus die fortgesetzte Dominanz des „Instinkts der Natur“, den es gegen alle ablenkenden Gedanken und Werte, sei es Liberalismus, sei es Sozialismus, sei es Christentum, seien es andere Formen von human-zivilisierter Orientierung menschlichen Zusammenlebens, neu zu wecken und zu erhalten gelte. „Folge dem Instinkt der Natur“ lautet gleichsam Hitlers kategorischer Imperativ. Der entsprechende „Verstand“ muss rassisch „angeboren“ sein, um die Natur instinktiv zu erkennen und angemessen zu verstehen. Mit Blick auf die „arischen“ Deutschen ist es daher die Aufgabe der Politik, diesen Instinkt wieder anzufachen und das deutsche Volk umfassend zu präparieren. Die in diesem Zusammenhang erkennbaren Modernisierungsambitionen sind instrumenteller Natur, kein genuines Ziel allgemeiner Wohlfahrt. Insofern den „arischen“ Deutschen – und nur diesen – moderne Sozialeinrichtungen, gesunde Arbeitsplätze und die Errungenschaften der technischen Moderne verfügbar gemacht werden, verbindet sich damit zwangsläufig die Forderung nach volksgemeinschaftlicher Konformität und entindividualisierter Funktion im Zeichen des globalen Rassenkampfes, den, analog zum Menschenbild, nur ein gesunder „Volkskörper“ zu bestehen vermag. Sobald die „arischen“ Deutschen in ihrem Siedlungsgebiet vereint, „rasserein“ und gerüstet sind, sollen sie, dem wieder entfesselten „Instinkt der Natur“ folgend, die Zukunft ihrer nachfolgenden Generationen sichern, indem sie neuen „Lebensraum“ erobern. Zu keinem Zeitpunkt akzeptierte Hitler daher eine Politik der Wiederherstellung der Grenzen von 1914, denn das seinerzeitige Territorium war in seinen Augen für die Zukunft entschieden zu klein und ein Kolonialreich macht- und siedlungstechnisch zu distanziert. Nach Hitlers Auffassung konnte der zu erobernde Lebensraum nur in Verbindung zum „arischen Kernland“ im Osten Europas liegen.

Die nationalsozialistische Herrschaft 1933-1939

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