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Fleisch

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Als Lenzendorf nach Hause kam, wusste er, dass Mae-Ying die Vorbereitungen für das Essen bereits erledigt hatte. Das war nicht schwer. Er aß nicht exotisch oder ausgefallen und vor allem nicht besonders viel oder üppig. Die Mahlzeiten bestanden durchweg aus Gemüse oder Salat, hier achtete er jedoch auf Abwechslung und das saisonale Angebot, es gab in der Nähe einen Biobauern, der Gemüse-Kisten anbot, deren Inhalt sich nach der Jahreszeit richtete, sowie Kartoffeln, Nudeln oder Reis, Naturreis, darauf legte er großen Wert, nur gelegentlich und zu bestimmtem Gemüse, bevorzugte er „normalen“ Reis, und dann natürlich Fleisch. Hauptbestandteil jeder warmen Mahlzeit. Also mindestens einmal am Tag. Jeden Tag gab es auf jeden Fall ein Stück Fleisch. Gelegentlich verspürte Lenzendorf großen Appetit, ja geradezu Hunger, dann durfte das Stück Fleisch entweder etwas größer sein, er portionierte das Fleisch selber, oder er nahm zwei Stücke Fleisch. Er verwendete viel Zeit und Muße für das Portionieren des Fleisches. Es war wie bereits das Zerlegen ein eigenes wichtiges Ritual.

Zerlegen und portionieren. Ganz wichtig. Er tat es mit Hingabe. Imme rund jedes Mal wieder. Als gebe es nichts anderes auf dieser Welt ...

Hin und wieder aß er abends auch noch etwas Fleisch ... deswegen sorgte er immer für Nachschub. Aber das war ja kein Problem, nicht für Lenzendorf.

Er sorgte selbst dafür, dafür war Mae-Ying nicht zuständig, er sorgte dafür, dass der Gefrierschrank nicht leer wurde ...

An diesem Tag hatte er großen Hunger.

Ob das an Frau Michelbach lag?, fragte er sich.

Zwei bis dreimal im Monat kochte Mae-Ying thailändisch. Für das Fleisch dafür sorgte trotzdem Lenzendorf. Das ließ er sich nicht nehmen. Ja, beim Fleisch war Lenzendorf sehr eigen. Da war er wählerisch. Wie bei so vielen anderen Dingen auch.

Aber er liebte thailändische Küche, die Gewürze und die Zubereitung des Gemüses und die Gerüche, die bei der Zubereitung entstanden. Bei diesen Gerichten bevorzugte Lenzendorf diesen vollkommen gehaltlosen, geschälten weißen und nahezu geschmacksfreien und klebrigen Reis. Der musste einfach sein. Und Mae-Ying war mittlerweile eine sehr gute Köchin. Und nicht nur das. In den vergangenen fünf Jahren, die sie nun bei ihm war und in seinem Haus wohnte, hatte sie viel gelernt. Lenzendorf hatte ihr viel beibringen müssen, sie war in der Regel jedoch sehr gelehrig und folgsam. Er war eigentlich sehr zufrieden. Und Mae-Ying schien auch zufrieden zu sein, sie hatte keinen Grund unzufrieden zu sein oder sich gar zu beschweren, sie hatte alles, was sie brauchte und Lenzendorf war durchaus großzügig. Gelegentlich aufkommende Wünsche erfüllte er durchaus gern. Aber Mae-Ying hatte gelernt genügsam zu sein. Sie hatte nur wenige Wünsche und äußerte die gelegentlich auf ihre sehr unbeholfene Art und Weise. Aber Lenzendorf war aufmerksam und achtsam und kam ihren Wünschen nach ... wenn sie darum bat, kam er den Wünschen nach ... gelegentlich sehr gern.

Aber, und das wusste Lenzendorf nur zu gut, Zufriedenheit war gefährlich. Zufriedenheit war kein guter Nährboden für ein demütiges und respektvolles Leben. Zufriedenheit führt zwangsläufig zu Bequemlichkeit und Bequemlichkeit führt zu Müßigkeit und Trägheit und all das führt eines Tages zum Verlust des Respekts und zum Verlust der Demut. Deswegen mussten manche Wünsche unerfüllt bleiben ...

Respekt und Demut. Beides war unabdingbar für ein anspruchvolles Leben. In der gesellschaftlichen Wirklichkeit war beides jedoch zunehmend seltener anzutreffen.

Die Menschen hatten keine Demut mehr vor dem Geschenk des Lebens einhergehend mit der Respektlosigkeit gegenüber dem eigenen Leben und dem Leben ihrer Mitmenschen.

Die Werte hatten sich verschoben.

Gier und Begehren, Verlangen und kurzfristige Bedürfnisbefriedigung ... das waren die neuen Werte ...

Lenzendorfs Komfortzone

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