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Sexualität in der Antike: Griechenland und Rom Allgemeine Einstellungen und Praxis24

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Das antike Griechenland und Rom erkannten die Sexualität als natürlichen Teil des Lebens an. Beide Gesellschaften waren permissiv in Bezug auf das sexuelle Verhalten von Männern. In Athen zum Bei spiel richteten sich die einzigen klaren Vorschriften für männliche Vollbürger gegen Inzest, Bigamie und Ehebruch, weil Letzterer das Eigentumsrecht eines anderen Mannes verletzte. Es gibt jedoch einen bedeutenden Unterschied. Bei den Griechen war die Liebe erwachsener Männer zu heranwachsenden Jünglingen Gegenstand der öffentlichen Aufmerksamkeit, während bei den Römern die hetero sexuelle Ehe als Grundlage des sozialen Lebens galt (obwohl beide Kulturen gleichgeschlechtliche Beziehungen kannten und die heterosexuelle Ehe auch bei den Griechen für den Fortbestand der Familie wichtig war). Allerdings sind im Fall des antiken Griechenlands und auch Roms alle Generalisierungen fragwürdig, bedenkt man die Vielzahl der Kontexte und historischen Perioden, die Teil ihrer getrennten und auch gemeinsamen Geschichte sind.25

Die Ehe war sowohl bei den Griechen als auch bei den Römern monogam, Sex war hier wie dort jedoch nicht auf die Ehe beschränkt. Die männliche Natur wurde generell als bisexuell angesehen und die polyerotischen Bedürfnisse von Männern wurden für selbstverständlich gehalten. Das Konkubinat, männliche und weibliche Prostitution und der sexuelle Gebrauch von Sklaven durch männliche Vollbürger wurden allgemein akzeptiert. In Rom suchten sowohl Männer als auch Frauen der Oberklasse »erotische Befriedigung durch andere Partner als die rechtmäßigen Ehepartner«.26 Dessen ungeachtet wird die römische Kultur heute manchmal als »polygyn« beschrieben, weil bedeutend mehr Männer als Frauen dauerhafte Verbindungen mit anderen Personen als den Ehepartnern eingingen.

Griechenland und Rom waren männlich dominierte Gesellschaften, und es setzte sich eine geschlechtsspezifische Doppelmoral durch. Griechische und römische Bräute – nicht aber die angehenden Ehemänner – sollten jungfräulich sein. Man ging davon aus, dass Frauen Männern intellektuell unterlegen seien. Dazu kamen Unterschiede im Alter (Frauen waren oft wesentlich jünger als ihre Ehemänner) und in der Bildung. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede wurden jedoch zum Teil für einige Mitglieder der Elite relativiert.27 Mit anderen Worten: Auch die Ähnlichkeiten wurden anerkannt. Weibliche Gottheiten waren sowohl in Griechenland als auch in Rom zu kriegerischer Aktivität und Weisheit befähigt. Römische Mädchen aus Patrizierfamilien wurden manchmal gemeinsam mit ihren Brüdern erzogen und übten nach ihrer Heirat einen gewissen politischen Einfluss aus. Frauen aus niedrigeren Klassen konnten eine Erwerbstätigkeit aufnehmen (zum Beispiel als Schneiderinnen). Im Großen und Ganzen kam es jedoch nicht zu einer Gleichstellung der Geschlechter. Was ihren Status in der Gesellschaft betraf, waren Frauen abhängig von Männern und den Beziehungen zu Männern. Eine römische Frau konnte Eigentum erben, aber nur wenn sie einen Rechtsvormund zur Verwaltung des Eigentums hatte.28

Insgesamt überwog die Ungleichheit der Geschlechter. Griechische Ehefrauen nahmen kaum oder gar nicht am öffentlichen Leben teil, obwohl ihnen die Haushaltsführung oblag. In Rom erreichte das Ideal des pater familias (und der patria potestas) seine Vollendung. Frauen unterstanden weitgehend der Kontrolle der Männer. Und obwohl Frauen in Rom im 1. Jahrhundert n. Chr. einige ökonomische und politische Freiheiten erlangt hatten, konnten sie die den Männern traditionell gewährte sexuelle Freiheit nicht übernehmen.

Männliche Homosexualität wurde sowohl in der griechischen als auch in der römischen Antike akzeptiert. Bei den Griechen war der entscheidende Punkt nicht, dass sich einige Männer sexuell nur zu Männern (oder vielmehr Jünglingen) hingezogen fühlten, sondern vielmehr, dass sich Männer generell von schönen Individuen angezogen fühlten, seien sie männlich oder weiblich (obwohl in der maßgebenden Klasse die männlichen in der Regel für schöner gehalten wurden). Man erwartete von Männern, dass sie heirateten, um einen Erben zu zeugen. Aber Liebe und Freundschaft, manchmal auch Sex, zwischen Männern wurden für wichtiger erachtet als alles, was innerhalb der Ehe möglich war – weil Männer trotz möglicher Altersunterschiede gleichrangig waren. Wie jedoch Warnungen vor männlicher Passivität bezeugen, waren gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht unproblematisch.29 Sex zwischen Männern und Knaben (zwischen Vollbürgern) beschränkte sich vorzugsweise auf bestimmte Positionen, die keine völlige Passivität oder Unterwerfung seitens der Knaben erforderten (und für erwachsene Männer galt das Gleiche); außerdem sollten diese Beziehungen aufhören, wenn ein Junge ein bestimmtes Alter erreichte. Sexuelle Aktivitäten zwischen Frauen wurden nicht unterstützt.30 Lesbische Beziehungen wurden oft negativ bewertet, denn sie galten als Ehebruch (weil Frauen ihren Männern gehörten). Zudem hatten die Griechen fast ausschließlich das männliche sexuelle Begehren im Blick, Sex zwischen Frauen galt dementsprechend als unnatürlich.

Sowohl in Griechenland als auch in Rom waren Abtreibung und Kindesmord gebräuchliche Formen der Geburtenkontrolle. Zu verschiedenen Zeiten beeinflusste das Anliegen, die Bevölkerung zu begrenzen, die griechischen Sexualpraktiken, während man sich im römischen Kaiserreich eher um die Erhöhung der Geburtenrate bemühte und rechtliche Anreize zur Förderung von Ehe und Fortpflanzung einführte. Die Scheidung war im antiken Griechenland wie später in Rom einfach zu erlangen, und beide Kulturen versuchten, den daraus folgenden ökonomischen Bedürfnissen geschiedener Frauen gerecht zu werden.

Heute bestreiten Historiker vielfach die Annahme, dass in den letzten Jahren des römischen Imperiums eine Schwächung der Sexualnormen und sexuelle Ausschweifungen einen allgemeinen moralischen und politischen Niedergang ankündigten. Man geht im Gegenteil mittlerweile davon aus, dass sich im späten Rom die normativen Restriktionen der sexuellen Aktivitäten erhöhten. Zumindest zum Teil dürfte dies die Folge philosophischer Theorien gewesen sein, die den Wert der sexuellen Aktivität infrage stellten und die Gefahren und Konsequenzen betonten.

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