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David und Goliath bei Mekka

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April 2014

»Es ist angerichtet, meine Damen und Herren! Das Duell: David gegen Goliath. Noch pilgern die letzten Fans in das kleine Stadion am See, das heute für einmal das Mekka des Fußballs ist.« Der Reporter des Schweizer Fernsehens war offensichtlich ganz besoffen von der Ausgangslage des Cup-Halbfinals und ließ keines der noch so schrägen, falschen oder ausgelutschten Bilder aus. Goliath war der übermächtige FC Basel, Serienmeister und -Cupsieger, David der FC Kreuzlingen, Tabellenzweiter der dritthöchsten Fußball-Liga. Es hatte einiger Fußballwunder bedurft, wie sie nur in einem Cupwettbewerb vorkamen, damit es der kleine FCK bis in den Halbfinal geschafft hatte.

Die Kamera schwenkte auf Robert Winterberg, der mit grün-weißem Vereinsschal auf der Tribüne die Gäste begrüßte. »Das, meine Damen und Herren, ist der Mann, der das alles hier überhaupt möglich gemacht hat. Der Bier-Tycoon aus der Provinz, der mit seinem Geld innerhalb von wenigen Jahren aus einem Amateurklub einen möglichen Finalisten des Schweizer Cups formte. Eine Sensation, wie sie in der Schweizer Fußballwelt leider nur selten vorkommt!« Der Reporter, angesteckt von der ausgelassenen Stimmung im Stadion, schrie die Zuschauer an den TV-Geräten förmlich an. Die Karten für das Spiel waren innerhalb einer Stunde ausverkauft gewesen. So wurden die wenigen Eintritte, die der FCK für seine Sponsoren, Gönner und Freunde zurückgehalten hatte, in den vergangenen Tagen zur begehrten Ware. Reguläre Tickets wurden im Internet für dreistellige Beträge gehandelt. Nie zuvor und nie mehr danach hatte Robert Winterberg so viele gute Freunde gehabt, so viele Hände geschüttelt und so viele Komplimente für sein Sponsoring entgegengenommen wie an diesem milden Sonntagnachmittag. Seine Brauerei stellte, dank einer Ausnahmebewilligung, den Ausschankwagen vor das Stadion und spendierte jedem Fan, der die Vereinsfarben trug, Gratisbier. Euphorisch skandierte darum die grün-weiß gekleidete Fangemeinde des FC Kreuzlingen lautstark »Rooooobert – WIN-TER-BERG« aus der Südkurve.

David hielt die erste halbe Stunde tapfer dagegen und lag nur wegen eines unglücklich abgelenkten Weitschusses 0:1 zurück. Als kurz vor der Halbzeit der junge Hüppi nach einem Corner den Kopf an der richtigen Stelle hatte und zum 1:1 ausglich, wusste der Kommentator keinen schlaueren Satz als: »Ja was ist denn hier los?« In der Pause schien noch alles möglich zu sein. Das Publikum schwelgte in grün-weißer Hoffnung. Das Spiel ging letztlich 1:5 verloren. Der jungen Truppe des FCK schwand nach einer Stunde die Kraft und Goliath zeigte David den Meister. Winterberg aber fühlte sich als Sieger, auf dem Gipfel seiner Macht. Nach dem Schlusspfiff umarmte er den Schweizer Bundespräsidenten zu seiner Linken, danach seine Frau zu seiner Rechten. Später zog er sich mit seinen engsten Mitstreitern, Freunden und Freundinnen ins Restaurant Seehof zurück, wo sie bis in die Morgenstunden feierten.

Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs

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