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Pyrenäenfriede und Eheschließung

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Die Fronde hatte Spanien im fortdauernden Krieg gegen Frankreich noch einmal eine Atempause gegeben. Seit der schweren Niederlage von Rocroi, 1643, waren militärischer Niedergang und finanzieller Ruin der Monarchie Philipps IV. unübersehbar geworden. Die Frage war, ob dies auch unumkehrbar sein würde. Der Friede mit der Niederländischen Republik, 1648, der die Unabhängigkeit der vormaligen Rebellen anerkannte, brachte Erleichterung, aber keine Wende. Und auch in der Fronde gelang dies nur begrenzt, wiewohl die inneren Unruhen natürlich die auswärtige Kriegführung Frankreichs mehr als nur belasteten. Selbst der Übertritt Condés, des geschlagenen Frondeurs, vormaligen Siegers von Rocroi, änderte wenig. Immerhin konnten im Süden die Rebellion Kataloniens niedergeschlagen und die Franzosen über die Pyrenäen zurückgedrängt werden. Und auch im Norden, in den Spanischen Niederlanden, ließ sich verlorenes Terrain wiedergutmachen: Zahlreiche kleinere Festungsstädte wurden zurückgewonnen, die wichtigste war Dünkirchen. Doch nach 1653 schlug das Pendel wieder zur französischen Seite aus, wenn auch noch nicht sehr heftig. Rethel, Sainte-Menehould, Landrecies fielen, und zwar unter den Augen Ludwigs XIV., der hier seiner ersten militärischen Kampagne beiwohnte. Doch einen entscheidenden Vorteil, der Spanien zum Frieden gezwungen hätte, gewann man nicht. Die Belagerung von Valenciennes etwa misslang, die Hafenstadt Dünkirchen war mangels Seemacht für Frankreich unbezwingbar.29

Hier setzte die Diplomatie Mazarins an. Die Erschöpfung auch der französischen Waffen machte es notwendig, neue Unterstützung zu mobilisieren, d.h. einen neuen Bündnispartner. Nach Lage der Dinge konnte das nur England sein – die englische Republik Oliver Cromwells. Und tatsächlich gelang es Mazarin die Unterstützung Cromwells zu gewinnen. Eine konkurrierende spanische Offerte wurde in London verworfen. Hieran nicht unbeteiligt war die traditionelle Abneigung der englischen Protestanten – und erst recht natürlich der Puritaner – gegen alles Spanische, aber wohl auch, dass Frankreich bereit war, den Exilkönig Karl II., Sohn des 1649 hingerichteten Karl I. und damit natürlich direkter Cousin Ludwigs XIV., auszuweisen. Dies sollte den Royalisten jede Grundlage nehmen. Das, was man in Flandern erobern würde, sollte im Übrigen zum Gutteil bei England bleiben.30

Diese Verbindung mit den Londoner „Königsmördern“ mochte nun für die französische Monarchie nicht gerade ehrenhaft gewesen sein, aber sie war wirksam: Mit englischer Unterstützung gelang es im Juni 1658, ein von Condé befehligtes Entsatzheer zu schlagen und Dünkirchen zur Übergabe zu zwingen. Etliche andere Festungsstädte in Flandern und im Hennegau folgten nun. Dies war eine militärische Kriegsentscheidung. Selbst Brüssel lag in Reichweite der französischen Armeen. – Spanien suchte um Frieden nach.

Dieser, der sogenannte Pyrenäenfriede, wurde Madrid zu relativ günstigen Konditionen gewährt, denn die Gebietsverluste waren mäßig. Zum einen trat Spanien die Grafschaft Roussillon ab, die nördlich der Pyrenäen lag, mit der Hauptstadt Perpignan. Ganz grundsätzlich sollte fortan der Hauptkamm dieses Gebirges die Grenze der beiden Königreiche bilden. Zum ersten Mal überhaupt war damit eine Grenzlinie zwischen zwei Ländern eindeutig fixiert. Allerdings sollte die Schwierigkeit in den folgenden Jahren, Jahrzehnten und letztlich Jahrhunderten dann darin bestehen, herauszufinden, wo denn dieser Hauptkamm tatsächlich lag.31 Die Spanischen Niederlande verloren Arras und den größten Teil der zugehörigen Grafschaft Artois sowie einige weitere, weniger bedeutende feste Plätze an der Grenze, etwa Le Quesnoy, Montmédy oder, schon an der Mosel gelegen, Diedenhofen. Diese relative Mäßigung der französischen Forderungen und Gewinne resultierte zum einen aus dem Willen Mazarins, England und die Niederlande nicht durch einen allzu starken Ausbau der französischen Position zu beunruhigen, zum anderen daraus, dass noch ein anderes, sehr viel wichtigeres Ziel zu erreichen war und auch erreicht wurde, nämlich die Eheschließung Ludwigs XIV. mit der ältesten Tochter Philipps IV. von Spanien, der Infantin Maria Teresa. Denn diese sollte weit mehr sein als nur eine dynastische Besiegelung des politischen Ausgleichs. In Spanien, anders als in Frankreich, waren Thronrechte auch in weiblicher Linie erblich. Und der älteste Sohn Philipps IV., der Infant Baltasar Carlos, war 1646 den Pocken zum Opfer gefallen, der zweite Sohn, aus der zweiten Ehe des Königs, erst 1657 geboren. Die Linie der spanischen Habsburger stand also unsicher da. Zwar sollte dann dem König 1661 sogar noch ein dritter Sohn geboren werden, doch da war der zweite bereits gestorben, im Alter von noch nicht ganz vier Jahren. Die hohe Kindersterblichkeit der Zeit machte weder vor dem Escorial halt, noch sollte sie in der Zukunft Versailles verschonen. Und wiewohl jener letztgeborene Sohn Philipps IV. dann vier Jahre später tatsächlich dessen Nachfolge antreten und das Kindesalter überleben würde, sollte das die Frage der spanischen Sukzession nur aufschieben. Auf ihn, Karl II. von Spanien, und auf sein Erbe wird zurückzukommen sein. Als Sohn und Ehemann jeweils ältester Infantinnen war Ludwig XIV. jedenfalls für eine etwaige spanische Thronfolge gut platziert.32

Dass die spanische bzw. habsburgische Seite auf die Verbindung eingegangen war, ja sie geradezu gesucht hatte, erklärt sich aus der Hoffnung auf das Überleben des männlichen Erben, aber auch aus dem Prestige, das aus der französischen Verbindung resultierte: Madrid hätte es als Kränkung empfunden und empfinden müssen, wenn der Infantin eine andere Kandidatin vorgezogen worden wäre. Zudem war klar, dass die Ehe Frankreich einige Zugeständnisse wert sein würde. Und darüber hinaus legte der Heiratsvertrag einen Erbverzicht Maria Teresas fest, der im Testament Philipps IV. noch einmal bekräftigt wurde. Allerdings war der Verzicht an die Zahlung einer hohen Mitgift geknüpft – wozu die spanische Krone, wie 1659 jeder wusste, schlechterdings nicht in der Lage war. Und in Spanien mochte der Letzte Wille eines Königs unmittelbare Gesetzeskraft besitzen. In Frankreich war das, wie 1643 gesehen, keineswegs der Fall.33

Im Pyrenäenfrieden war die Ehe vereinbart worden, 1660 wurde sie in Saint-Jean-de-Luz an der spanisch-französischen Grenze geschlossen, gefeiert und vollzogen. Binnen Jahresfrist sollte ein Thronfolger geboren werden, von den Lobschreibern des Hofes als Zeichen besonderen göttlichen Segens auf Land und Herrscher verstanden.34 Trotz einigem persönlichen Widerstreben Ludwigs, der seit Mitte der 1650er-Jahre nicht nur verschiedene Geliebte gehabt hatte, sondern auch verschiedentlich verliebt gewesen war, wurde diese dynastische Verbindung also zum unmittelbaren dynastischen Erfolg – anders also als die seiner Eltern. Dabei besaß indes Maria Teresa weder äußerlich noch innerlich die Vorzüge ihrer Tante und Schwiegermutter Anna von Österreich. Eine echte Partnerin sollte die betont fromme, intellektuell aber wenig lebhafte und im Wesen eher introvertierte Königin für den von ihr bewunderten König nicht werden. Doch ist dies ein anderes Thema.

Ludwig XIV.

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