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Spiel mit

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Ich traf sie in einer nur durch Kerzenlicht beleuchteten Bar in der Altstadt. Ihre Figur war die einer Genießerin. Sie wusste was sie wollte. Ob es Drinks, Zigarettenmarke, Musik oder Männer waren. So sah sie für mich aus. Mittellanges dunkelbraunes Haar, ein rundes blasses Gesicht, braune Augen, die wie mit Ölkreide gemalt glänzten und die Hälfte ihres Gesichts ausfüllten.

Ich weiß nicht wie ich es schaffte, doch wir kamen ins Gespräch.

Es gab nicht viel zu sagen. Eigentlich genügte ihr Blick und ihre Körpersprache um zu wissen, dass sie das dachte, was ich mich nicht zu denken traute.

Wir verließen zusammen die Bar, raus auf die engen, von hohen, dunklen Häusern eingesperrten Straßen. Ich folgte ihr, sie zog mich. Meine Hand fest in ihre eingeschlossen. Dass diese schwitzte schien ihr gerade recht. Wir sprachen nicht miteinander, sie ging und ich folgte, wie ein Junge der von seiner Mutter durch die neue, große Welt des Einkaufens, beschützt geführt wird.

Sie klaute mir, wenn sie selbst vom Bestaunen der Nacht, dass sie, trotzdem sie schon länger hier zu wohnen schien, tat, abließ, ein Funkeln aus meinen weit geöffneten Augen, dass sich sofort in

ein Gefühl von Wärme und ein kurzes Drücken auf meinem Handrücken verwandelte.

Nachdem die Lichter lange hinter uns waren, traten wir in ein schmales Eckhaus. Sie kramte ihren Schlüssel aus der Tasche ohne mich los zu lassen. Drei Schritte durch das dunkel gekachelte Foyer in den Aufzug, der mitten im Gebäude frei nach oben führte. Es war ein Gitteraufzug, man konnte beim Steigen ins Haus schauen und an die Eingangstüren der Wohnungen.

Erst jetzt, im zweiten Stockwerk, fiel mir auf, dass noch sechs weitere Personen im Aufzug standen. Er war nicht zu groß um sie zu übersehen, wir kuschelten sogar fast alle miteinander, aber ich

war so in der Szene des Moments verloren, dass sie mir entgangen waren.

Vierter Stock, ich öffnete das Gitter mit beiden Händen. Alle stiegen aus, wir auch. Es waren drei Mädchen und drei Jungs die mit uns gefahren waren. Jedes Mädchen schnappte sich einen Jungen und sie verschwanden jeweils hinter einer Tür. Ich klopfte an einer Tür die sich vor mich schloss, weil ich meine Göttin verloren hatte und fragen wollte, wo sie ist. Die Tür öffnete nur einen Spalt weit. Aus dem 20-jährigen Mädchengesicht von eben ist ein 40-jähriges Kassiererinnen-Gesicht geworden, dass zu mir, ohne ein Wort von mir gehört zu haben sagte: „Hier ist besetzt, komm in einer Stunde wieder.“

Eskorten? Oh nein, ist meine Göttin eine Eskorte, die die Liebe nur zu gut kennt und weiß wie man sie spielt, damit Jünglinge und Laufburschen der verlorenen Romantik ihr zu Füßen liegen? Bitte nein, das darf nicht wahr sein, sie schien so echt und unverkrampft.

Doch sollen Freudenmädchen nicht genau so sein? Ich wurde reingelegt.

Verloren, enttäuscht und orientierungslos stand ich also im dunklen Flur und mein Mädchen war.. Sie griff mich von hinten an der Hand und zog mich weiter. Ein kurzer Blick von ihr, der in meinem

Kopf klang: „Nanana!“

Wir betreten ein Zimmer. Ihr Zimmer anscheinend. Sehr große Laufflächen zwischen den wenigen Möbelstücken. Ein Bett, ein Schrank, ein Sofa, ein Teppich, ein Tisch. Und ein kleiner Balkon, bei Nacht allerdings uninteressant. Bei solch einem Mädchen sowieso.

Ich stand beim Tisch, forschte nach Hinweisen, zumindest wollte ich so aussehen als ob.

Sie saß mittlerweile auf ihrem Bett und schaute genervt rüber: „Was ist? Fickst du mich jetzt endlich?“, ich musste schlucken und versuchte mir meinen Gleichgewichtsverlust nicht anmerken zu lassen.

Wieder vom Sofa aufgestanden, ging ich einen Schritt auf sie und das Bett zu. Sie hatte sich mittlerweile in Jeans, Jacke und Schuhen in erwartender Haltung, wie ein Hund der seinen eigenen Schwanz jagt, auf das Bett gekniet. „Jetzt mach schon!“ und sie schlug sich auf den viel zu schönen Hintern, „Worauf wartest du denn?!“

Ich war wie in Schockstarre. In meinem Kopf kreisten hunderte Gedanken.

Los, Druck, Wow!, Nein, Ja, Ja, Name, Herzschlag, atmen, Sie doch nicht, viel zu schön, Macht sie Scherze?, Ist das ein Test?, Ironie?, Darf ich lachen?, Will sie's trotzdem?, Ist es unhöflich abzulehnen?...

In mir kam das Gefühl auf zu verschwinden.

Es war mir unangenehm, schon immer, wenn Frauen ganz klar sagten was sie wollten.

Aber wenn sie nichts sagten, war das frustrierend und ich verlor mich in Gedanken.

Meinen Finger auf dem Rufknopf des Aufzugs schaute ich zurück und sie stand in ihrer Tür, lehnte am Rahmen mit überkreuzten Beinen und zuppelte an ihrer Jackentasche herum wie ein Grundschulmädchen, dass dir sagt, dass sie dich liebt. Sie grinste verwegen in ihren Kragen und streckte ihre Hand nach dem Boden aus. Ich schlurfte auf sie zu, nahm ihre Hände in meine, roch an ihren Haaren und wir küssten uns.

Dann setzten wir uns auf ihr Bett und verbrachten den Rest der Nacht und den Vormittag damit, uns Geschichten aus dem Kindergarten, der Einschulung, der großen Pause und dem Abschlussball unserer Kinder zu erzählen.

Das Weg ist das Ziel

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